Böge: „Offene Schnittstellen als Standard implementieren“

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Sehr kontrovers wurde in den letzten Wochen über eine digitale Satellitenplattform für Fernsehdeutschland diskutiert, die unter dem Vorbehalt der Prüfung durch das Bundeskartellamt steht. DIGITAL INSIDER sprach vor Ort persönlich mit Bundeskartellamt-Präsident Dr. Ulf Böge zum aktuellen Stand der Überprüfung der Satellitenplattform „Entavio“.

DF: Herr Böge, die kleineren Sender glauben nach eigenen Angaben, nur noch Pay TV-finanziert starten zu können. So denken Anixe HD und die Universal-Sender über eine Nutzung der Entavio Plattform und damit eine mögliche Erweiterung ihrer Aktivitäten nach. Was wäre, wenn die Entavio-Plattform vom Bundeskartellamt untersagt würde?

Böge: Sie meinen, ob es dann nicht die kleinen Sender eher treffen würde als die beiden großen Senderketten?
 
DF: Die kleinen Sender sind zum Teil im Kabel bereits auf einer grundverschlüsselten Sender-neutralen Plattform zu empfangen und suchen nach Möglichkeiten, auch auf einer ebenso Sender-neutralen Satellitenplattform aufgenommen zu werden.
 
Böge: Ob die Entavio-Plattform den Marktzugang für kleinere Pay-Anbieter erleichtert, kann durchaus ein Aspekt sein, den wir in unserem Verfahren zu prüfen haben. Dabei muss die Plattform natürlich auch so ausgestaltet sein, dass sie das tatsächlich kann. Aber die eventuellen Vorteile für kleinere Sender sind eben nur einer der Aspekte. Vorher müssen wir feststellen, inwieweit mit der Plattform in anderer Hinsicht der Wettbewerb beschränkt oder gar ausgeschlossen wird. Der Vergleich mit anderen Infrastrukturen hilft da nicht weiter.
 
DF: Bis jetzt haben RTL und MTV ihre Bereitschaft zum Beitritt zu einer Entavio-Plattform bekräftigt, die Sender der Universal-Gruppe und Anixe HD wären ebenfalls offen für diese Sat-Plattform. Geht es überhaupt um die beiden großen Senderketten?
 
Böge: Im ersten Schritt geht es darum, ob die großen Sendergruppen mit Bezug auf die Grundverschlüsselung wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen getroffen oder sich abgestimmt haben. Im zweiten Schritt haben wir zu klären, ob die technischen Spezifikationen so gestaltet sind, dass sie Sender und ggf. andere Unternehmen weder wettbewerbswidrig behindern noch diskriminieren.
 
DF: Dann will jeder auf die vorderen Plätze. Allen voran die öffentlich-rechtlichen Sender.
 
Böge: Wer nun auf Platz 1 und Platz 2 liegt, ist für uns hier gar nicht entscheidend. Wichtig ist für die Prüfung, dass Wettbewerb unter den Sendern möglich ist und keine Ausgrenzung erfolgt.
 
DF: Welche technischen Möglichkeiten sehen Sie, den Wettbewerb zu fördern?
 
Böge: Nun, das ist ja bekannt: Es gibt z. B. die Möglichkeit, offene Schnittstellen in den Endgeräten für weitere Verschlüsselungssysteme als Standard zu implementieren.
 
DF: Wird die angekündigte Sat-Infrastrukturgebühr im Prüfungsverfahren eine Rolle spielen?
 
Böge: Es geht in unserem Prüfungsverfahren nicht darum, ob ein Sender für sich selbst entscheidet, dass künftig seine Programme nur noch bei Zahlung einer Gebühr an sich oder einen Plattformbetreiber zu sehen sein sollen. Dagegen ist kartellrechtlich zunächst nichts einzuwenden. Für unser Verfahren ist wichtig, ob es kartellrechtlich bedenkliche Absprachen zwischen verschiedenen Unternehmen dazu gibt.
 
DF: Was ist, wenn die Sat-Plattform Entavio so gestaltet ist, dass Wettbewerb aus Ihrer Sicht unter den Sendern nicht möglich ist?
 
Böge: Ich gehe davon aus, dass eine eventuelle Plattform letztlich so gestaltet sein wird, dass das Bundeskartellamt nichts zu verbieten hat.
 
DF: Letzte Frage: Schauen Sie eigentlich über Kabel oder Satellit privat Ihr Lieblingsprogramm?
 
Böge (lacht): Sie verstehen sicher, wenn ich diese Frage nicht beantworten möchte, zumal ich ohnehin kaum dazu komme, fernzusehen. Stattdessen lese ich sehr viel und gerne.
 
Das komplette Interview erschien im DIGITAL INSIDER. [fp]

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