DDR-Filmpionier Kurt Maetzig ist tot

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Er gehörte zu den großen Regisseuren der DDR und hat das Filmgeschäft der Zeit maßgeblich geprägt. Vor allem für seine Propagandafilme war Kurt Maetzig bekannt. Der Gründer der Filmgesellschaft DEFA starb am Mittwoch im Alter von 101 Jahren.

Erst DDR-Vorzeigeregisseur, dann von der SED abgestraft. Kurt Maetzig, der am Mittwoch im Alter von 101 Jahren gestorben ist, hat deutsche Filmgeschichte geschrieben – im Guten wie im Schlechten. Maetzig drehte die monumentalen Thälmann-Propagandafilme. Zu seinen Werken zählen aber auch das von der DDR-Führung verbotene Drama „Das Kaninchen bin ich“ und der bis heute bewegende, wohl zu den besten DEFA-Produktionen zählende Film „Ehe im Schatten“. Er habe sich mit seinem Schaffen immer der Wahrheit nähern wollen, sagte der DEFA-Mitbegründer einmal.

Obwohl er schon lange keine eigenen Filme mehr drehte, verfolgte Maetzig bis zuletzt, was die heutige Regisseur-Generation so auf die Leinwand bringt. Daheim in seinem Haus in Wildkuhl in Mecklenburg-Vorpommern sah er sich die Filme zusammen mit seiner vierten Frau Bärbel auf DVD an. Er genoss die Natur, doch das Laufen fiel ihm schwer. Zu seinem 100. Geburtstag war er noch zu einer großen Feier zu seinen Ehren nach Berlin gereist. Um seinen 101. am 25. Januar dieses Jahres machte er kein großes Aufheben.

Maetzigs erster Spielfilm „Ehe im Schatten“ (1947) erzählt die wahre Geschichte des Schauspielers Joachim Gottschalk und dessen jüdischer Ehefrau während der Nazi-Zeit. Die Tragödie war für Maetzig auch ein Stück Aufarbeitung eigener Geschichte. Die Nazis erteilten dem jungen Berliner Regie-Assistenten wegen seiner jüdischen Mutter Berufsverbot. Seine Deportation als „Halbjude“ verhinderten einflussreiche Freunde. Maetzigs Mutter beging aus Angst vor der Gestapo Selbstmord. „Fast alles, was ich im Film ‚Ehe im Schatten‘ erzähle, erlebte ich im Umkreis meiner Familie und meiner Freunde“, so Maetzig. „Ich wollte den Opfern jener Epoche ein Denkmal setzen.“

Maetzig trat 1944 in die illegale Kommunistische Partei ein. Nach Kriegsende zog er in den sowjetischen Sektor Berlins. Dort war er einer der Gründer der Filmgesellschaft DEFA. Im Glauben an „die sozialistische Sache“ stellte sich Maetzig mit seinen linientreuen Filmen über den Kommunistenführer Ernst Thälmann (1954/55) oder mit „Schlösser und Katen“ (1956) über die Zwangskollektivierung der Landwirtschaft in den Dienst des DDR-Regimes. „Septemberliebe“ (1960) erzählt von einem Mädchen, das seinen Verlobten an die Volkspolizei verrät, als dieser nach West-Berlin fliehen will.

Maetzig galt als Paraderegisseur der DDR. Doch dann wurde auch er von der SED abgestraft. Sein Liebesdrama „Das Kaninchen bin ich“ wurde 1965 auf dem berüchtigten 11. ZK-Plenum zusammen mit fast einem ganzen Jahrgang von DEFA-Filmen verboten. Maetzig und andere Regisseure wie Frank Beyer wurden als „konterrevolutionär“ und „staatsfeindlich“ beschimpft.

„Das Kaninchen bin ich“ erzählt von Maria, die nicht studieren darf, weil ihr Bruder Dieter wegen „staatsgefährdender Hetze“ zu drei Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Zufällig lernt Maria den Richter Paul Deister (Alfred Müller) kennen, der Dieter aus Profilierungssucht zu der harten Strafe verurteilt hat. Maria und Paul verlieben sich ineinander. Maria zieht die Konsequenzen, als sie merkt, dass Deister ein feiger Opportunist ist. Nach dem Filmverbot übte Maetzig heftige „Selbstkritik“, die er später bedauerte. „Das Kaninchen bin ich“ kam erst 25 Jahre später in die Kinos.

Maetzig leitete zehn Jahre die Babelsberger Filmhochschule. Als Regisseur probierte er viele Genres aus: Er drehte die Komödie „Vergesst mir meine Traudel nicht“ (1957) und die erste DEFA-Science-Fiction-Produktion „Der schweigende Stern“ (1960). Genau 23 Filme hatte der Vater dreier Kinder gedreht, als er sich – im SED-Staat eine eher unübliche Entscheidung – exakt mit dem Erreichen des Rentenalters in den Ruhestand schicken ließ.

Nach der Wende stellte sich Maetzig den Debatten zum DDR-Film. Ihm gehe es nicht darum, „Vergangenheit nachträglich zu retuschieren“, wie er damals sagte. „Die Dinge sind, wie sie gewesen sind. Dazu stehe ich.“[Elke Vogel/fm]

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