Ist HDTV bereits das technische Ende der Fahnenstange? Wird Blu-ray am Ende die Nase vorn haben? DIGITAL FERNSEHEN im Interview mit Gisbert Hochgürtel, dem Produktmanager von Broadcast Kameras und Recorder der Sony Deutschland GmbH.
DIGITAL FERNSEHEN: Herr Hochgürtel, wird mit HDTV der Trend zum häuslichen Kino zunehmen?
Gisbert Hochgürtel: In den nächsten ein bis zwei Jahren hat ein sehr hoher Prozentsatz an Konsumenten HD-fähige Fernsehgeräte zu Hause zur Verfügung. Die wenigsten allerdings mit voller HD-Auflösung von 1920 x 1080 Pixeln. Da bisher nur wenige HD-Programme empfangbar sind, ist in den nächsten Jahren eher das Betrachten von SDTV-Signalen auf HD-fähigen Displays die Regel – nicht gerade ein HDTV Seherlebnis.
Sobald sich HDTV auf breiter Basis durchgesetzt hat, kann der Konsument dann 1920 x 1080 Signale zuhause auf seinem Flachbildschirm auch nativ sehen. Mit einem entsprechend großen TV-Gerät ist dann ein Sehgenuss möglich, der dem des Kinos recht nahe kommt.
In den USA (und auch weiten Teilen der Welt, hier besonders in Asien) ist HDTV bereits ein etablierter Sendestandard und der Zuschauer ist von seinem Sofa aus bereits einen hohen HD-Qualitätsstandard gewohnt. Dem hat die DCI (Digital Cinema Initiative) in ihrem soeben verabschiedeten Standard für das digitale Kino nun Rechnung getragen: für das D-Cinema kommen nur Signale mit einer Mindest-Auflösung von mindestens 2048 x 1080 Pixeln in Frage, besser noch mit „4K-Auflösung“ (4096 x 2160) und damit mit einer mehr als vierfachen Auflösung gegenüber dem heutigen HDTV-Standard.
DF: Reicht 1080i und 720p für die Fernsehüberragung aus?
Hochgürtel: Bei der Bildaufnahmetechnik kann man heute digital schon 1920 x 1080 Bildpunkte mit Bildraten von bis zu 60 Vollbildern nativ aufzeichnen (übrigens ein wesentlicher Fortschritt zu Film, der immer noch mit 24 B/s belichtet wird). Es wird zukünftig sogar Kameras geben, die 4K (4096 x 2160 Pixel) beherrschen. Bei digitaler Kinotechnik – für die 4K ja bereits als Signalformat vorgesehen ist – wird der qualitative Vorsprung gegenüber den Consumer Electronics rasch sichtbar. Für die Übertragung von TV-Bildern hoffen wir nun auf das schnellstmögliche Bekenntnis aller deutschen Sendeanstalten zu HDTV.
DF: Können Sie eine Kaufzurückhaltung seitens der Kundschaft verstehen, wenn diese abwartet bis sich ein Standard etabliert?
Hochgürtel: Eine Kaufzurückhaltung ist derzeit nicht feststellbar: Der Verkauf von LCD-Fernsehern boomt und ist einer der Treiber des zunehmenden Konsums in Deutschland. Und dabei sind bereits drei Viertel aller verkauften flachen Fernseher HD-ready. Der Kunde hat diese Klassifizierung der führenden Consumer Electronics Hersteller also sehr wohl angenommen. Hinderlich ist lediglich die nach wie vor fehlende Versorgung mit HD-Signalen, denn ein PAL-Bild sieht auf einem großformatigen LCD-TV nun einmal nicht so brillant aus wie ein hoch aufgelöstes Bildsignal.
DF: Wird im Moment die Auflösung als Werbezweck zu sehr in den Mittelpunkt gerückt?
Hochgürtel: Sicherlich sind neben der reinen Auflösung auch Aspekte wie Kontrastumfang und Farbwiedergabe qualitätsbestimmend. Doch der Konsument hat oftmals keinen direkten Vergleich. Zumindest die Qualität der A-Marken ist aber in der Regel sehr gut. Bei der Darstellung schneller Bewegungen gibt es allerdings nach wie vor erhebliche Qualitätsunterschiede. Hier ist der Handel gefragt, mit viel Beratung und Kompetenz den Kunden zu überzeugen. Flach-TV ist eben nicht gleich Flach-TV.
DF: Sonys neue SXRD-Technologie wird in immer mehr Produkten eingesetzt. Was sind die Vorteile im Gegensatz zu LCD und DLP?
Hochgürtel: Die SXRD-Technologie beruht im Prinzip auf der LCD-Technologie (Liquid Crystal on Silicon). Allerdings wird bei SXRD nicht das Prinzip der Licht-Transmission (wie bei LCD), sondern der Reflektion angewandt. Hieraus resultieren einige wesentliche Vorteile:
Die Reaktionszeit des Panels ist drastisch verkürzt worden – mit deutlichen Vorteilen bei der Bewegtbild-Darstellung.
Die Abstände der einzelnen Pixel zueinander sind wesentlich kleiner als bei heutigen DLP- oder LCD-Panels, somit ist dem Screen-Door Effekt effektiv vorgebeugt. SXRD-Panel gibt es mit einer Auflösung von bis zu 4096 x 2160 Bildpunkten, der derzeit höchsten Bildpunktzahl überhaupt.
Bei der DLP-Technologie werden Micro-Mirror verwendet. Hier ist mit der 2K Technologie (1920 x 1080) bislang die Grenze des technisch machbaren erreicht. DLP-Panel bedingen auch Nachteile bezüglich der Bewegtbild-Darstellung, da die Micro-Mirror ein mechanisches System darstellen.
DF: Mit Sony verbindet man unweigerlich den Walkman. Fehlt im Moment ein Zugpferd des Konzerns, welches im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses steht?
Hochgürtel: Die Playstation ist ein gutes Beispiel für Sonys Commitment zu HDTV. Die Playstation 3 verfügt über volle HD-Auflösung und bietet bereits heute die Bildwechselfrequenz der Zukunft (sprich 50 bzw. 60 Vollbilder). Damit ist sie natürlich ein Zugpferd gerade im Hinblick auf Sonys High Definition Kompetenz im Zusammenhang mit Blu-ray als neuem, technologisch führenden Standard für Speichermedien der neuen Generation. Sonys gesamte High Definition Kette von der Produktion über die Verarbeitung bis hin zur Darstellung beispielsweise auf unseren BRAVIA Full-HD Fernsehern ist für die Unterhaltungselektronik-Branche einzigartig.
Und auch im Professional Solutions Segment gibt es viele Highlights. So zum Beispiel den weltweit einzigen 4K-Projektor mit einer Auflösung von 4096 x 2160 Bildpunkten, das HDCAM-SR Tape-Format (mit der zur Zeit geringsten Datenreduktion, mit bis zu 880 Mbps Datentransferrate und Aufzeichnungen sowohl in 4:2:2 wie auch 4:4:4 (RGB) unterstützt bei Bildwechselfrequenzen bis zu 60 Vollbildern). Dies sind nur zwei Beispiele richtungweisender Sony Innovationen im Bereich von HDTV.
DF: Welche Verantwortung trägt Sony gegenüber den Kunden als Lieferant von Fernsehern, Projektoren und Blu-ray-Playern sowie als Förderer des neuen Bildformates HDTV?
Hochgürtel: Sony steht für Innovation, Design und für technisch hochwertige Produkte der Consumer Electronics. Dieser eigene Anspruch ist für Sony Verpflichtung genug, ständig hoch qualitative, Begehrlichkeiten weckende emotionale Produkte zu entwickeln und auf den Markt zu bringen. HDTV in seiner gesamten Verwertungskette ist hier natürlich an erster Stelle zu nennen.
Ob bei Handycams, bei VAIO Notebooks, BRAVIA Fernsehern oder unseren Full-HD Projektoren, überall steht HDTV und der neue Standard Blu-ray im Focus der Entwicklung und der Kommunikation. Nicht zuletzt haben wir mit unserem neuen Highlight, dem Entertainment Center VAIO VGX-XL202 die erste all-in-on-Lösung mit Blu-ray Player und Recorder im Markt.
DF: Anstatt eines DVD-Nachfolgers haben wir mit Blu-ray und HD-DVD zwei Standards. Kann sich Sony eine Zukunft ohne Blu-ray vorstellen?
Hochgürtel: Im professionellen Segment arbeiten wir schon seit zwei Jahren mit der Blu-ray Technologie: Unsere XDCAM und XDCAM-HD Kameras und Peripherie-Produkte nutzen den blauen Laser zur Aufzeichnung von SDTV bzw. HDTV-Signalen und läuten die Ära der bandlosen TV-Produktion ein. Ohne hier auf die technischen Details dieser Technologie einzugehen, sei darauf hingewiesen, dass seit dem Start der XDCAM-Produktreihe bereits über 15 000 Geräte weltweit verkauft worden sind und hier in Deutschland der WDR, der BR, der SR, die ProSieben-Sat1 Gruppe und weitere namhafte Broadcaster zum festen Anwenderstamm gehören.
Fakt ist, dass die DVD mit hochauflösenden Content an ihre Grenzen kommt. Ein Nachfolgeformat ist notwendig. Wir – zusammen mit fast allen wichtigen CE-Marken, Computerhardware-Produzenten und Content-Lieferanten sehen die Blu-ray Technologie dabei klar vorn.
DF: In den vergangenen 16 Jahren hat Sony mehrfach versucht, eigene Standards am Markt zu etablieren. Hat der Konzern mit der Blu-ray aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt?
Hochgürtel: In Bezug auf den Blu-ray-Standard war es für Sony bereits im frühen Stadium sehr wichtig, als Gründungsmitglied der Blu-ray Disc Association (BDA) zusammen mit vielen starken Mitstreitern die für den Kunden beste technologische Lösung nach vorn zu treiben. Sony öffnet sich in Formatfragen zunehmend dem Markt, um dem Konsumenten so viel Sicherheit wie möglich zu geben.
DF: Die wichtigste Frage zum Schluss: Wenn Sie einen guten Film genießen, geschieht dies daheim oder im richtigen Kino?
Hochgürtel: Um einen guten Film zu genießen, gehe ich persönlich immer noch gerne ins Kino. Dies hat viele Gründe; ich glaube der Hauptgrund liegt aber darin, dass man nur dort auch wirklich „großes Kino“ erleben kann! Nicht nur die Leinwandgröße ist hierzu ein Indiz, sondern auch die gesamte Atmosphäre. Die technische Qualität ist in der Regel auch recht gut (von der jeweiligen technischen Ausstattung des Kinos abhängig), 35 mm Film kann eben nicht von SDTV zu Hause ersetzt werden (und das ist für die überaus meiste Zahl der Haushalte in Deutschland der aktuelle Qualitätsstandard).
Auch in Zukunft wird der Abstand erhalten bleiben, dafür wird die Film- und Projektionsindustrie sorgen (Stichwort: 4K-Auflösung im zukünftigen D-Cinema). Doch das Heimkino holt auf. Große Bildschirmdiagonalen, moderne Technologien für die Bilddarstellung, Surround-Sound und neue Medien für hochaufgelöste Bildinhalte machen das Film-Erlebnis zuhause immer attraktiver. [lf]
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