Kirch-Prozess – der letzte Akt einer unendlichen Geschichte?

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Der Deutschen Bank droht zehn Jahre nach der Pleite des Kirch-Imperiums eine teure Niederlage vor Gericht. Am Freitag (16. November) soll es zu einem entscheidenden Schlagabtausch der Anwälte im schon gefühlte Ewigkeiten andauernden Streit zwischen Bank und Kirch-Erben kommen. Auch der Chef der Deutschen Bank muss an diesem Tag erscheinen.

Wie es im milliardenschweren Schadenersatzprozess der Erben und Insolvenzverwalter von Leo Kirch gegen die Deutsche Bank steht, dafür genügt schon ein Blick in den Gerichtssaal: Die Kirch-Anwälte strahlen und scherzen, die Bank-Anwälte beraten sich kopfschüttelnd mit finsterer Miene. Am kommenden Freitag kommt es zum großen Duell: Das Oberlandesgericht München hat „die umfassende Erörterung aller in diesem Verfahren aufgetretenen Fragen“ angeordnet und das persönliche Erscheinung von Deutsche-Bank-Chef Jürgen Fitschen angeordnet.
 
„Erst nach dieser Erörterung wird der Senat entscheiden, ob und gegebenenfalls wie weiter zu verhandeln ist“, teilte das Gericht mit. Dass ein Urteil nach jetzigem Stand für die Deutsche Bank teuer werden könnte, haben die Richter schon deutlich gemacht.

Seit der Insolvenz des KirchMedia-Konzerns vor gut zehn Jahren, im April 2002, hat Leo Kirch die Deutsche Bank und ihren damaligen Vorstandschef Rolf Breuer mit Klagen überzogen. Breuer habe die Pleite verschuldet mit seinem Interview im Februar 2002, in dem er – „nach allem, was man hören und lesen kann“ – bezweifelte, dass der mit gut sechs Milliarden Euro verschuldete Kirch noch frische Bankkredite bekommen werde. „Der Rolf hat mich erschossen“, hatte Kirch geklagt.
 
Der Bundesgerichtshof bestätigte 2006 Kirchs Anspruch auf Schadenersatz im Prinzip. Denn Kirch hatte seine Beteiligung am Verlag Axel Springer für einen Kredit bei der Deutschen Bank verpfändet, und über einen Kreditkunden hätte Breuer nicht so sprechen dürfen. Aber ob überhaupt ein Schaden entstand und in welcher Höhe, das sollten die Gerichte im nächsten Schritt klären. Das Münchner Landgericht lehnte die Klage von Kirchs KGL-Pool über gut 2 Milliarden Euro ebenso ab wie die Klage der Kirch-Printbeteiligung GmbH über 1,3 Milliarden.
 
Aber im Februar 2011 eröffnete der OLG-Senat von Richter Guido Kotschy den Berufungsprozess der KGL-Pool – und plötzlich wehte ein ganz anderer Wind. Der ehemalige Staatsanwalt Kotschy begnügte sich nicht damit, was die beiden Streitparteien ihm vortrugen, sondern er bohrte selbst nach. Und schlug einen Vergleich vor: 775 Millionen Euro sollte die Bank an Kirch zahlen, und damit sollten alle Forderungen beglichen sein. Im Februar 2012 wäre der damalige Bank-Chef Josef Ackermann fast darauf eingegangen – der Deal scheiterte aber im letzten Moment.
 
Jetzt könnte es teurer werden. Denn Kotschy hält es für „sehr wahrscheinlich“, dass die Bank Kirch damals unter Druck gesetzt hat, um bei der Sanierung des Medienkonzerns Geld zu verdienen. Auf Einladung des damaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder hatte Breuer im Januar 2002 mit Verlegern über Kirch gesprochen. Die Bank wurde gebeten, als Vermittler tätig zu werden. Wenige Tage später bezweifelte Breuer Kirchs Kreditwürdigkeit. Und dann bot er Kirch Hilfe an. Die Bank habe zumindest billigend in Kauf genommen, dass Kirchs Bewegungsfreiheit weiter eingeengt wurde, vermutet das Gericht.
 
Mit 6,5 Milliarden Euro Schulden, bedrängt von Gläubigern und ausstiegswilligen Gesellschaftern kämpfte Kirch damals um den Erhalt seines Konzerns. In letzter Minute versuchte er noch, den Fernsehkonzern ProSiebenSat.1 an Disney zu verkaufen – vergeblich.
 
Für eine mögliche Zahlung hat die Deutsche Bank bisher keine Rückstellung gebildet – bisher waren ja alle Klagen abgewiesen worden. Der 75-jährige Rolf Breuer müsste damit rechnen, von der Deutschen Bank in Regress genommen zu werden. Eine Anklage der Staatsanwaltschaft München gegen Breuer und Ackermann wegen versuchten Prozessbetrugs könnte näher rücken. Von einem Geldregen profitieren würden auf der einen Seite Kirch-Geschäftsführer Dieter Hahn und die Familie des verstorbenen Leo Kirch, auf der anderen Seite die Gläubiger des Kirch-Konzerns. Vor allem die BayernLB, die HypoVereinsbank und die Commerzbank haben noch hohe Forderungen an die Insolvenzverwalter. Insgesamt sind aus der Kirch-Pleite noch mehrere Milliarden Euro offen.
 
Allerdings wäre ein Urteil des Oberlandesgerichts juristisch nicht das letzte Wort. Die unterlegene Seite würde in dem Streit um Milliarden den Bundesgerichtshof anrufen. Um endlich einen Schlussstrich zu ziehen, dürfte Kotschy am Freitag deshalb erneut für einen Vergleich werben. Vielleicht findet er bei Ackermanns Nachfolger Fitschen offene Ohren. [dpa/hjv]

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8 Kommentare im Forum

  1. AW: Kirch-Prozess - der letzte Akt einer unendlichen Geschichte? Die Deutsche Bank zieht doch sicher zum BGH, wenns eine Milliardenforderung hagelt. Sowas wird doch auch bei Aussichtslosigkeit bis zum Letzten ausgesessen.
  2. AW: Kirch-Prozess - der letzte Akt einer unendlichen Geschichte? Hoffentlich wird die Dt. Bank voll verknackt.
  3. AW: Kirch-Prozess - der letzte Akt einer unendlichen Geschichte? Na ja, die bösen Banken. Kirch ist nun auch nicht gerade mit einem frommen Nonnenkloster zu vergleichen gewesen.
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