MDR-Intendant Reiter hört vorzeitig auf

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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MDR-Intendant Udo Reiter hat am Donnerstagabend bekanntgegeben, dass er sein Amt vorzeitig abgeben werde. Er mache Gebrauch von einer Klausel in seinem Vertrag, die einen früheren Rücktritt ermöglicht.

Wenige Tage vor dem 20-jährigen Jubiläum des Mitteldeutschen Rundfunks am 30. Mai hat Intendant Udo Reiter (67) nach 20 Jahren genug. In einer Mitteilung des MDR vom Donnerstagabend sagte der MDR-Chef, es sei an der Zeit den Staffelstab an die nächste Generation zu übergeben. Seine derzeitige Amtszeit laufe eigentlich bis 2015, doch Reiter mache nach gründlichem Nachdenken von einer Ausstiegsklausel in seinem Vertrag Gebrauch.
 
Dreimal wurde Reiter seit seinem Amtsantritt 1991 als erster Intendanten des neu gegründeten MDR in seiner Position bestätigt und half so die Länderanstalt für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen aufzubauen. Dabei hatte der Intendant jedoch eine Riesen-Portion Glück. Als er gemerkt habe, dass er doppelt so viel Geld brauche, wie zur Verfügung steht, musste er andere Möglichkeiten finden, Mittel zu beschaffen. Der MDR investierte daraufhin kräftig in Moskauer Stadt- und argentinische Staatsanleihen. Im Ergebnis wurde die Anschubfinanzierung von 560 Millionen Mark mehr als verdoppelt.Damit habe er sich am Rande der Legalität bewegt, räumte Reiter ein. „Es hätte auch schiefgehen können, das wäre mein Ende gewesen“, sagte er einmal. „Aber es ging gut und der MDR musste keine Schulden aufnehmen.“
 
Das sei seine größte Leistung gewesen. Danach baute er die Dreiländeranstalt MDR zu einer „Stimme des Ostens“ aus. Prägend sind die „Tatort“-Krimis zunächst mit Kommissar Ehrlicher (Peter Sodann) und den Nachfolgern Simone Thomalla und Martin Wuttke sowie der „Polizeiruf 110“ mit Hauptkommissar Schmücke (Jaecki Schwarz). Erfolgreich sind Serien wie „In aller Freundschaft“ und „Tierärztin Dr. Mertens“ und das Politikmagazin „Fakt“.

Seit einem Autounfall vor 45 Jahren sitzt der MDR-Intendant im Rollstuhl und das habe gesundheitliche Spuren hinterlassen. 1966 kam er kurz nachdem er die Aufnahme zur Pilotenausbildung bei der Lufthansa bestanden hatte mit dem Auto auf Glatteis ins Rutschen und wurde aus dem Wagen geschleudert. „An den Unfall selbst kann ich mich nicht erinnern, aber angeschnallt war man damals ja nicht“. Reiter ist seither gelähmt – sein Mitfahrer hatte nur ein paar blaue Flecken.
 
Als damals 22-Jähriger sei er danach in ein Tief gestürzt und ohne große Begeisterung zum Bayerischen Rundfunk gegangen. Der dienstälteste ARD-Intendant arbeitete zuerst in der Wissenschaftsredaktion, leitete dann den Familienfunk und wurde Hörfunk-Chefredakteur. Bei vielen galt er als Statthalter der CSU, Reiter betont aber: „Das war ich nicht. Ich bin in keiner Partei und schätze meine Unabhängigkeit“.
 
Seine „beste Tat“ ist nach Reiters eigener Ansicht die Einführung des bundesweit ersten Nachrichtensenders „B5 aktuell“ Ende der 80er Jahre gewesen. „Das habe ich bei France Info abgeschaut“, sagte er einmal völlig uneitel. Nebenbei entdeckte er Thomas Gottschalk für die ARD. Als er einmal im Auto lustige Verkehrsnachrichten auf Bayern 3 hörte, erkundigte sich Reiter nach dem Sprecher. Es war der damalige Student Gottschalk, der sich damals mit Absicht eine 20-Uhr-Sendung im Radio geholt, damit ihn keiner beaufsichtigte, weil alle „Tagesschau“ geschaut haben (DIGITAL FERNSEHEN berichtete). Nachdem Reiter seine Verkehrsmeldung gehört hatte, durfte er mehr als nur Staumeldungen vorlesen.
 
Reiter hatte zuletzt mit dem Kika-Betrugsskandal zu tun, bei dem ein Schaden von mehr als 8,2 Millionen Euro entstanden ist. „Das passt jetzt nicht in die Landschaft“, hatte der MDR-Intendant in der vergangenen Woche gesagt. Reiter ist jedoch nicht nach großem Feiern zumute: „Ich war mit dem Kika immer besonders verbunden. Der Betrug hat mich persönlich getroffen“.
 
Ursprünglich wollte der Sender, der beim Kika federführend ist, mit einer großen Gala an die Unterzeichnung des Staatsvertrags für die Dreiländeranstalt vom 30. Mai 1991 erinnern. Im Rahmen des 20. Jubiläums finden über das Jahr verteilt weitere Veranstaltungen im Sendegebiet statt, unter anderem verschiedene „Tage der Offenen Tür“ in den Rundfunkhäusern in Halle, Erfurt und Magdeburg sowie in der Media City Leipzig anstehen. Den Abschluss soll das Neujahrskonzert des MDR Sinfonieorchesters am 1. Januar 2012 bilden (DIGITAL FERNSEHEN berichtete).
 
Wie bekannt wurde, hat Reiter am Donnerstag den MDR-Verwaltungsratsvorsitzenden über seine Absicht informiert. In diesem Gremium wird nun über das Verfahren der Nachfolge entschieden. Deshalb steht laut MDR der Zeitpunkt von Reiters Ausscheiden noch nicht genau fest.
 
Die ARD-Vorsitzende und WDR-Intendantin Monika Piel hat die Rücktrittsankündigung von MDR-Intendant Udo Reiter mit Respekt und Bedauern aufgenommen. Mit Udo Reiter verliere sie einen langjährigen Mitstreiter für die Belange des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. „Als dienstältester Intendant hat er mit seinen kreativen Ideen und seiner Durchsetzungsfähigkeit entscheidend zum programmlichen Erfolg von ARD und MDR beigetragen“, lobte sie den MDR-Intendanten.
 
Update 8.51 Uhr: Zusätzliche Informationen hinzugefügt[dpa/js]

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7 Kommentare im Forum

  1. AW: MDR-Intendant Reiter hört vorzeitig auf Hoffentlich weht dann endlich mal ein frischer Wind durch den MDR und "Produktionen" wie JUMP werden eingestampft...
  2. AW: MDR-Intendant Reiter hört vorzeitig auf Die Meldung von Digital Fernsehen, dass über 8 Milliarden Euro hinterzogen wurden, war sicher der Auslöser für den Rücktritt. Grüße dinner
  3. AW: MDR-Intendant Reiter hört vorzeitig auf * ich glaube nicht das Digitalfernsehen das aufgedeckt hat * es waren 8 Millionen, nicht 8 Milliarden...
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