Medientage München: Die Zukunft von Pay-TV

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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München – Aufbruchstimmung auf dem Pay-TV-Markt: Durch die Digitalisierung steigen die Kapazitäten, das Ende der Frequenzknappheit ist in Sicht, neue Anbieter tummeln sich auf dem Markt.

Entsprechend optimistisch waren auch die Prognosen, die Thomas Künstner, Partner/Global Media & Consumer bei Booz Allen Hamilton, in seiner Einführung zum BLM-Panel bei den Medientagen München machte. Fernsehen werde in Zukunft nicht mehr als einzelnes Angebot konsumiert, sondern zunehmend im Bündel mit Internet und Telefonie – dem so genannten Triple Play: Ein Drittel aller deutschen Haushalte werde 2011 laut Künstner Medien auf diese Weise konsumieren. „TV wird Teil des Telekommunikationsmarktes“, kündigte er an und prognostizierte ein Umsatzwachstum von derzeit etwa 15 Milliarden Euro auf 20,1 Milliarden für 2012. Dabei werde der Konsument der Wachstumstreiber sein, nicht mehr allein die Werbung. Obwohl das frei empfangbare Fernsehen an Bedeutung nicht verlieren werde, sahen alle Diskussionsteilnehmer die größten Wachstumsraten beim Pay-TV. „Deshalb werden früher oder später alle Player auf alle Verwertungsformen setzen, denn Werbung wird keine zweistelligen Wachstumsraten mehr bieten“, glaubte auch Wolfram Winter, Geschäftsführer NBC Universal Global Networks Deutschland. Weiterhin gutes Programm machen, aber auf alle Plattformen distribuieren, ist die Devise von Dr. Marcus Englert, Vorstand Diversifikation ProSiebenSat.1 Media AG und Geschäftsführer SevenOne Intermedia. Das Ziel: Der Kunde kann konsumieren, wann und wo er will, ob am Handy, am PC oder per Video on Demand. „Und für diesen Service ist er auch bereit zu zahlen“, ist Englert überzeugt.
 
Auf Triple Play setzt auch das gerade gestartete IP-TV der Deutschen Telekom. Burkhard Graßmann, Vorstand Marketing, Deutsche Telekom/T-Com verkündete: „Wir bieten mehr und neue Möglichkeiten wie beispielsweise das Kabel.“ Mit 153 Sendern, zeitversetztem Fernsehen zum Mitmachen und zusätzlichen Anreizen wie kostenloser Telefonie und „affenartig“ schnellem surfen im Internet sei die Telekom mit ihren Paketen, die zwischen 30 und 80 Euro kosten, billiger und flexibler als das Kabel. „Das Kabel greift uns in unseren etablierten Bereichen Internet und Telefonie an, jetzt greifen wir im TV-Geschäft an“, sagte er. Konkurrent Dr. Manuel Cubero, Geschäftsführer Cable TV & Content Kabel Deutschland, nahm die Ankündigung gelassen: „Es wird Kämpfe geben, aber zum Wohle des Endkonsumenten.“ Seiner Ansicht nach sei das Wachstum beim PayTV geradezu gigantisch: „Über den Daumen gepeilt gab es in Deutschland vor drei Jahren drei, heute fünf Millionen Pay-TV-Abonnenten“, schätzte er. Das entspräche einem Wachstum von 60 Prozent. Er prophezeite, die Grenze zwischen Pay- und Free-TV werde verschwimmen.
 
Aktuelles Beispiel für diese Entwicklung ist die neue technische Dienstleistung von Astra, mit der Kunden ihr Programm verschlüsselt über den digitalen Satellitenanschluss ausstrahlen können. Was unter anderem auch der Free-TV-Sender RTL plant, der dann voraussichtlich 3,50 Euro im Monat kosten wird. „Damit bieten wir das günstigste Angebot aller Player“, betonte Wolfgang Elsässer, Geschäftsführer Astra Deutschland. Er erklärte die Entwicklung auch mit dem Rechteerwerb für Programm: „Frei empfangbare Sender haben zunehmend Probleme beim Rechteeinkauf, weil die Inhaber ihre Rechte nur noch territorial begrenzt verkaufen wollen.“ Letzteres sei mit adressierbaren Plattformen nun möglich.
 
Georg Kofler, als Vorstandsvorsitzender des bislang größten Pay-TV-Anbieters Premiere sozusagen der „Platzhirsch“ in der Diskussionsrunde, zeigte sich erstaunt, „dass ich, obwohl ich bisher immer als der Chefoptimist der Branche galt, ein bisschen Wasser in den Wein gießen muss.“ Die Prognosen, die er gehört habe, habe es auch schon in der Vergangenheit für Premiere gegeben. Fakt sei aber, dass man zwar weit über drei Millionen Abonnenten habe, aber eben nicht mehr. In Deutschland gebe es nach wie vor ein riesiges Angebot an frei empfangbarem Fernsehen und immer noch seien viele Leute nicht bereit, zusätzlich zu zahlen. Er warnte davor, durch die vielen verschiedenen Plattformen, die teilweise die gleichen Sender und Programme zeigen, an Exklusivität zu verlieren. „Die Bäume wachsen nicht in den Himmel“, so Kofler. Bei Billigaktionen, die jetzt vielleicht bei Neuanbietern viele Abonnenten generiert hätten, gebe es erfahrungsgemäß Kündigungsquoten von 50 bis 80 Prozent.
 
Dennoch bestritt er nicht, dass gerade durch neue Angebote wirtschaftlicher Mehrwert geschaffen werde. Gaming und Video on Demand sind die Themen, auf die die Panelmitglieder große Hoffnung setzen. „Außerdem profitiert der Markt davon, wenn große Player wie jetzt die Telekom einsteigen. Der Markt wird insgesamt wachsen“, war Winter überzeugt. Englerts Resümee: „Das gute alte, lineare Fernsehen, bei dem der Konsument einfach davor sitzt, wird weiter bestehen, aber ergänzend werden sich auch die neuen Angebote durchsetzen.“[fp]

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  • Medien_Maerkte_Artikelbild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com

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