Leipzig – DIGITAL FERNSEHEN sprach mit Stefan Liebig, Director Network Developement MTV Networks Germany, über Entavio, die Pläne in Sachen und welchen Stellenwert IPTV einnehmen wird.
DF: MTV Networks ist mit drei Programmen bei Premiere Star vertreten. Warum haben Sie sich für Entavio entschieden?
Liebig: Wir werden MTV Music, MTV Entertainment und Nick Premium durch das Premiere Star-Paket verbreiten. Die Entscheidung für die Nutzung der technischen Plattform Entavio wurde durch den Plattform-Betreiber Premiere getroffen. Wir sind hier nur der Inhaltelieferant.
DF: Werden weitere Programme aus dem Hause MTV Networks folgen?
Liebig: Der Schwerpunkt von MTV Networks liegt auf Kinder-, Musik- und Unterhaltungsprogrammen. Schon heute bieten wir in Deutschland insgesamt 13 TV-Sender an. MTV, Viva, Nick und Comedy Central sind unsere vier Free-TV-Sender. Darüber hinaus haben wir weitere neun Pay-TV-Sender im Angebot: MTV Entertainment, MTV Hits, MTV Base, MTV Music, MTV2, MTV Dance, VH1, VH1 Classic und Nick Premium. In anderen Märkten sind wir mit einem noch vielfältigeren Portfolio an Sendern vertreten. Unser Ziel ist natürlich, dass wir mit möglichst vielen von diesen Sendern auf möglichst vielen Plattformen vertreten sind und nach Möglichkeit von allen Haushalten genutzt werden können.
DF: Zum Viacom-Konzern zählt auch Paramount. Bietet eine Plattform wie Entavio nicht auch die Möglichkeit, eigene Inhalte selbst anzubieten anstatt sie an Dritte wie z. B. Pay-TV-Sender zu verkaufen?
Liebig: Für die Programmgestaltung unserer Sender bedienen wir uns nicht nur der Inhalte aus dem MTV-Netzwerk, sondern kaufen natürlich auch zahlreiche Inhalte von Dritten zu. Genauso wird im Viacom-Konzern in jedem Einzelfall geprüft, ob ein Inhalt über eine eigenen Sender verbreitet wird oder einem anderen Sender verkauft wird. Mit Entavio hat das letztlich nichts zu tun.
DF: Die über Satellit empfangbaren MTV Networks-Sender sind mit drei, teilweise fünf verschiedenen Systemen verschlüsselt. Wäre es nicht einfacher, die Entavio-Version von Nagra hinzuzufügen und somit alle bestehenden MTV-Sender 1:1 auf Entavio für ein separates MTV-Paket umzusetzen?
Liebig: Grundsätzlich nutzen wir unsere Satellitenbandbreiten möglichst effizient und verbreiten die verschlüsselten Sender im sogenannten Simulcrypt-Verfahren. Simulcrypt bedeutet dabei die Verschlüsselung eines Programms mit mehreren unabhängig voneinander funktionierenden Verschlüsselungssystemen. Die Verschlüsselungsinformationen selbst benötigen allerdings auch knappe, bzw. teure Bandbreiten auf dem Satelliten. Hinzu kommt, dass mit jedem weiteren integrierten Verschlüsselungssystem die Komplexität des Systems steigt und damit auch die Fehleranfälligkeit. Damit wird das Gesamtsystem unsicherer. Insoweit müssen wir in jedem Einzelfall prüfen, ob eine weitere Integration sinnvoll ist.
DF: Welche Business-Modelle bietet Entavio für MTV Networks und welches Modell verfolgen Sie?
Liebig: Entavio kann man direkt oder indirekt nutzen. Indirekt funktioniert das so wie jetzt bei Premiere Star: Ein Sender schließt eine Vertriebsvereinbarung mit einer Vertriebsplattform z.B. mit Premiere Star und Premiere wiederum entscheidet sich für die Nutzung der technischen Plattform Entavio. Neu an Entavio ist, dass nicht nur reine technische Verschlüsselungsdienstleistungen angeboten werden, sondern darüber hinaus auch die übrigen für den Vertrieb von Pay-TV erforderlichen Leistungen wie z.B. SMS und CRM. Damit könnten wir beispielsweise ein eigenes Pay-TV-Paket in eigenem Namen anbieten.
DF: Gab es mit RTL Gespräche über den Entavio-Start? Ist z.B. nicht ein gemeinsames Pay-TV-Angebot denkbar?
Liebig: Gespräche mit RTL zum Einstieg bei Entavio fanden nicht statt. Verhandlungen wurden und werden immer mit dem Plattform-Anbieter direkt stattfinden, wenn wir eine solche Zusammenarbeit prüfen, nicht mit Wettbewerbern. Ein gemeinsames Pay TV-Angebot mit RTL oder anderen Partnern ist nicht geplant und zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr als ein interessantes Gedankenspiel.
DF: Wie stellt sich MTV Networks zum Thema HDTV? Sehen Sie HDTV eher im Pay- oder Free-TV-Bereich? Was produziert MTV Networks bereits in HDTV und wann werden solche HD-Inhalte auch gesendet?
Liebig: Weltweit ist HDTV ein wichtiges Thema. Mit MHD bietet MTV Networks in den USA bereits einen HDTV-Sender an und auch in Europa prüfen wir, wann und in welcher Form der Markt bereit ist. Engpass ist auf der einen Seite die Verbreitung von HD-fähigen Receivern und auf der anderen Seite die für HD erforderliche Verbreitungsbandbreite. HD ist dabei aus unserer Sicht ein klares Premium-Thema für den Pay-TV-Bereich. Inhaltlich haben wir bereits zahlreiche Produktionen in HD-Qualität vorliegen. So werden beispielsweise seit längerem zahlreiche MTV Awardshows oder Konzert-Mitschnitte in HD produziert.
DF: Wie schätzen Sie die Entwicklung des IPTV ein? Welche neuen
Geschäftsmöglichkeiten bieten sich hier für MTV Networks?
Liebig: IPTV ist ein interessantes Thema, bei dem wir bereits über T-Home. Alice und Telekom Austria am Markt beteiligt sind. Hier sehen wir noch großes Potential. Dafür muss sich aber auf der technischen Seite qualitativ noch einiges tun. Mit Video-on-Demand und zeitversetztem Fernsehen ermöglicht IPTV zusätzliche Angebotsformen. Das sind spannende Themen vor allem für die jungen Zielgruppen, die wir mit unseren Programmen ansprechen. [mg]
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