Öffentlich-Rechtliche: Werden freie Mitarbeiter ausgebeutet?

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Hektor Haarkötter rechnet mit dem öffentlichen Rundfunk ab. Der Umgang mit freien Mitarbeitern gleiche einer Ausbeute, sagt er und nennt den WDR einen „ganovenhaften Arbeitgeber“.

Hektor Haarkötter ist Professor für Kommunikationswissenschaft an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Früher arbeitete er als freier Mitarbeiter für den WDR. Diesen nimmt er für seine Rolle als Arbeitgeber jetzt kräftig in die Mangel. Für die Fachpublikation Medienkorrespondenz hat er seine Erfahrungen aufgeschrieben, berichtet „Meedia“.

Sein Urteil: vernichtend. Demnach spiele für eine Karriere im öffentlichen Rundfunk journalistische Kompetenz keine Rolle. Besonders freie Mitarbeiter würden systematisch ausgebeutet, schildert Haarkötter. In seinem Beitrag für die Medienkorrespondenz schreibt er von einem Beschäftigungssystem, das die Medienbranche über Jahre etabliert habe. 
 
Dieses setze auf die freie Mitarbeit williger Journalisten. Diese seien jedoch ganz und gar nicht „frei“. Der Medienprofessor schildert, dass freie Mitarbeiter in ihrer Position nicht die gleichen Schutzrechte wie ihre fest angestellten Kollegen besitzen und in „deutlich höherer Abhängigkeit vom Auftraggeber bzw. Arbeitgeber“ stehen. So müssen sich freie Mitarbeiter meist selbst versichern, haben keinen Anspruch auf Urlaubstage, keine geregelten Arbeitszeiten und kosten bei Krankheit dem Arbeitgeber nichts. Die Beschäftigung von freien Mitarbeitern statt Festangestellten scheint für den Arbeitgeber also durchaus verlockend. 
 
In vielen Programmbereichen des WDR würden über 90 Prozent des Programms von freien Mitarbeitern erstellt, so der Medienprofessor. Erst wenn Prestige oder Vergnügen locken, werden laut Haarkötter festangestellte Redakteure journalistisch tätig. Er nennt als Beispiel Auslandsreisen, Korrespondententätigkeiten oder Aufsager für die „Tagesschau“. 
 
Hektor Haarkötter fordert in seiner Ausführung, dass „das System flächendeckender scheinselbstständiger freier Mitarbeiterschaft der eigenen programmprägenden Journalisten“ beendet und freie Mitarbeiter in feste Anstellungsverhältnisse überführt werden müssten. 
 
Zusammenfassend nennt der Professor den WDR einen „ganovenhaften Arbeitgeber, der seine wichtigsten Mitarbeiter in einem perfiden Zwangssystem beschäftigt, das grundlegende Arbeitnehmerrechte verwehrt“. [PMa]

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19 Kommentare im Forum

  1. wenn dem so sein sollte, könnte das das Recherchenetzwerk von SZ, NDR usw. dazu mal was machen. Oder die eigenen Journalisten machen mal ne Themenwoche zu den inneren Strukturen und FInanzen der ARD. Das interessiert die Beitragszahler bestimmt.
  2. Das Wort Freiheit wird bei uns doch genauso wie in „unserem Mutterland“, den USA als Synonym für „ kümmere Dich um dein eigenen Dreck“ und „der priviligierte gewinnt“ verstanden. Dafür stehen die „Freien“ Demokraten. Sender wie wdr und hr machen das doch nur, weil die „Freheitlichen“ und die „Alternativen“ stetig am solidarischen und öffentlich-rechtlichen System sägen.
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