Bericht von der High End in München

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Bild: © lassedesignen - Fotolia.com
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Die High End in München ist für Fachleute und angehende Profis der wichtigste Zufluchtsort im Jahr. Im krassen Gegensatz zur IFA tingeln hier nicht die unbedarften Einsteiger zur Messe, sondern das Who is Who der Fachbranche samt ihrer edelsten Ausstellungsstücke. Unser Redakteur Chrisitan Trozinski war vor Ort.

Auch das Mekka der hochwertigen Stereowiedergabe ist vom diesjährigen Trend nicht verschont geblieben: HDTV. Soviel sei aber schon einmal zu Beginn verraten: Großartige Neuigkeiten suchten wir auf der Messe vergebens, kein Wunder, schließlich bereiten sich alle Hersteller auf den großen Auftritt zur IFA vor. Dennoch gab es die eine oder andere Überraschung, die wir Ihnen natürlich nicht vorenthalten wollen. Unsere Standtour begannen wir beim Kieler Boxenbauer Elac, wo uns zunächst nicht die charmante Geschäftsführerin Dorothee Thomanek, sondern eine uns bislang gänzlich unbekannte Sängerin empfang. Diese führte die Besucher durch ein kleines musikalisches Programm samt einem interessanten Vergleich. Die Sopranisten und Musikwissenschaftlerin Antje Decker (Bild) gab ein Stück zum Besten, welches daraufhin ebenfalls per CD durch die Lautsprecher ausgegeben wurde. Der Unterschied zwischen Original und Reproduktion war marginal. Um diesen hohen Standard zu erreichen, nutzte Elac die Elektronik vom Edel-Hersteller Burmester. Die komplette Anlage hatte somit den Wert eines luxuriös ausgestatten Familienwagens. Für Preisbewusste hat Elac die neue Linie 120 in Petto, die trotz des günstigen Einstiegspreises einen optisch ganz hervorragenden Eindruck machte.

Dänische Baukunst
Ebenfalls viel zu sehen (und zu hören) gab es beim dänischen Hersteller Dali. Das unschlagbare Duo – Werner Kempf von Dali Deutschland und sein Flaggschiff Euphonia MS5 bewiesen, dass High-End auch Spaß machen darf (siehe Bild). Die Helicon-Serie markiert bereits in ihrer Fertigung einen kaum für möglich gekannten Standard. So kommt es auch nicht von ungefähr, dass ein gerade mal 1,20 Meter hoher Lautsprecher in Echtholzfurnier schlappe 70 Kilogramm wiegt. Im Gespräch mit dem Hersteller ist es jedoch nicht die Höhe des Preises, die ein Produkt erst attraktiv mache, sondern schlichtweg ihr Bekanntheitsgrad. So gibt es in Deutschland eine überhaus hohe Zielgruppe, die auch bereit wären mehrere 10000 Euro in Technik zu investieren, doch gerade diese Gruppe wisse meist überhaupt nichts von dem Vorhandensein solch edler Technik. Nach der Präsentation wissen wir jedenfalls, dass die Euphonia-Serie eine für uns zwar unerschwingliche Investition darstellt aber unbestreitbar ihre Berechtigung am Markt besitzt. Wer bislang glaubte, es gäbe nur noch geringe Unterschiede zwischen Lautsprechern der 1000 Euro und 5000 Euro Gattung, wohl gemerkt pro Stück, der hat die Euphonia-Serie noch nicht live erleben dürfen.
 
Sehr interessant ebenfalls die Ausstellungspartner von Lyngdorf. Diese stellten ihren Vorverstärker im Verbund mit den Dali-Lautsprechern aus und hatten im Heimkinoraum einen alten Bekannten im Gepäck, den Heimkinoverstärker Denon AVC-A11XV. Dieser krankte bisher an einer mangelhaften automatischen Einmessung (wie übrigens auch alle anderen konkurrierenden Produkte), wie unsere Tests auch in unseren eigenen Räumen bewiesen. Lyngdorf ist es jedoch gelungen, zumindest im Stereobereich eine perfekt funktionierende Einmessung auf die Beine zu stellen, denn die in 15 Jahren entwickelte Technologie funktionierte wie durch Zauberhand perfekt. Ein Direktvergleich zwischen der Audessey-Einmessung des Denon und die des Lyngdorf Vorverstärkers war wie ein Unterschied zwischen Spielerei und glaubhafter akustischer Meisterleistung. Von derlei Technik profitierte am Ende auch der Denon, der als Endverstärker weiter seine Dienste verrichtete. Lyngdorf plant im Januar nächsten Jahres auch eine Multikanalversion auf den Markt zu bringen, was aber nicht ganz billig werden dürfte. Die Zweikanalversion kostet rund 2000 Euro, die 5.1-Version wohl über 3000 Euro – für die High End ein Schnäppchen, für den Massenmarkt eine nicht ganz unwesentliche Summe.
 
Neue DVD-Player von Denon
Seit Monaten kursieren Gerüchte über die Einführung weiterer (und vorerst auch letzter) DVD-Player von Denon und auf der Messe gab es die frohe Botschaft endlich aus erster Hand. Im August startet Denon die größte Player Offensive aller Zeiten, indem die Nachfolger des DVD-3910, DVD-2910 und DVD-1910 fast zeitgleich auf den Markt gebracht werden. Der wahre Clou ist der dezidierte Nachfolger des DVD-3910. HQV ist hier das Stichwort und falls Sie mit den Buchstaben noch nichts anzufangen wissen, folgt hier die Auflösung. Die drei Buchstaben stehen für Hollywood Quality Video und umschreibt den bislang teuersten und besten Videoprozessor der Welt. Im Denon Flaggschiff DVD-A1XV ist dieser bereits verbaut (Test in der kommenden HD+TV) und zeigt sehr gute Qualitäten bei Rauschminderung, Detailtreue, Farbwiedergabe und Vollbildkonvertierung. Mit 3500 Euro ist der DVD-A1XV aber bislang nur etwas für die Heimkinoelite. Mit dem Nachfolger des Denon DVD-3910 bringt Denon jedoch den Superchip in Massenmarkt-taugliche-Sphären, auch wenn die UVP des Nachfolgers etwas höher ausfallen wird, als die 1299 Euro des 3910. Aber auch die Nachfolger der kleineren Brüder DVD-2910 und DVD-1910 geizen nicht mit Superlativen – trotz der nahenden HD-DVD und Blu-ray ist die DVD lebendiger als je zuvor. Wer demnach seine eigene Sammlung in bester Qualität erleben möchte, kommt um Denons neue Player Generation nicht herum.
 
Warten auf Blu-ray
Nein, es gibt keine weitere Verschiebung aber dennoch viele Fragezeichen. Denn im Schlepptau mit der besseren Bildqualität sollten eigentlich die neuen Tonformate Dolby TrueHD und DTS-HD ihr Stelldichein feiern, doch stattdessen werden auch die ersten Blu-ray Player diese Formate nicht per HDMI ausgeben können. Die hierfür notwendige Schnittstelle HDMI-1.3. wird erst im Sommer dieses Jahres finalisiert weshalb selbst die Produkteinführung in Deutschland wohl noch im alten HDMI-1.1.-Format bevorsteht. Auch die neuen Audio-Receiver für die Next-Gen-Tonformate sind noch nicht in Sicht, auch wenn wir zur IFA mit dem einen oder anderen Prototypen rechnen. Damit ereilt Blu-ray das gleiche Schicksal, wie Toshibas HD-DVD-Player – die neuen Tonformate können nicht in ihrer Ursprungsform übertragen werden, sondern nur analog oder per PCM-Wandlung digital. Immerhin gab es am Pioneer Stand Blu-ray Bilder in 1080p bei 24 Bildern zu bestaunen, wenn auch nur im herkömmlichen Dolby 5.1. Dank Pioneers Edelanlage klang aber auch dieses Material bereits außerordentlich gut. Der neue Plasma konnte die höchste HDTV-Norm fehlerfrei verarbeiten aber ist mit 8500 Euro doppelt so teuer wie seine niedriger aufgelösten Brüder. Für alle Fans der kostspieligen Elektronik gibt es noch ein weiteres Schmankerl am Ende des Jahres: Der Pioneer AX10Ai geht in Rente und erwartet seinen runderneuerten Nachfolger – zur IFA wissen wir mehr.

Vernetztes Heim
Über Stromkabel kommunizieren seit Neuestem die Marantz-Receiver mit den neuen Empfangseinheiten ZC4001. Diese besitzen den Charme antiker Radios und ermöglichen den Musikempfang im ganzen Haus. Ebenfalls in Mode sind die Docking Stationen für Apples iPod. Das Marantz Pendant gibt sich hier ungewöhnlich flexibel. Mit eigener Fernbedienung und wahlweise hängender oder stehender Ladeschale können Sie das Utensil an allen auch Nicht-Marantz-Geräten betreiben. Auf dem Bild zeigt Marantz Produktmanager Sven Schlicher uns nicht nur Lautsprecher und AV-Receiver, sondern auch die neue iPod-Docking-Station sowie die wohl beste Fernbedienung der ganzen Messe. Für Fans der großen Bilder schmückte die High-End Kombi bestehend aus Audio-Receiver und DVD-Player SR9600 und DV9600 das Regal, beide Komponenten sind in der nächsten Ausgabe der HD+TV übrigens im Test. Die Krönung war jedoch zweifelsohne der neue DLP-Projektor mit voller HDTV-Auflösung. Der VPL-11S1 schraubt das technisch Machbare weiter nach oben, kostet mit 15000 Euro aber ein kleines Vermögen. Als Komplette Heimkinoanlage präsentierte Marantz seine Geräte zusammen mit dem britischen Lautsprecherhersteller Mordaunt Short. Deren Standboxen Performa 6 bekamen nun den passenden Center-Lautsprecher samt Subwoofer spendiert.
 
Zwischen Sein und Schein
Weshalb bekommen die gleichen Geräte von der internationalen Presse immer unterschiedliche Bewertungen (meist mit den besseren Ergebnissen im Heimatland)? Weshalb gibt es Lautsprecherkabel für 1000 Euro pro Meter? Was ist Voodoo und was an der Grenze zur Glaubwürdigkeit? Ein Blick hinter die Kulissen brachte erstaunlich offene Worte der Hersteller zum Vorschein. So bewegen sich viele alteingesessene Hersteller auch Abseits der bekannten elitären Kreise und fahren gut damit. Doch es gibt sie immer noch, die unantastbare Elite, deren Ansprüche noch vor der Zeit der Aufklärung zu stammen scheinen. So sind objektive Vergleichstests bei manchen nicht gern gesehen, schließlich ließen sich sündhaft teure Lautsprecher gar nicht vergleichen, geschweige denn bewerten. Zudem müsse man in den Testberichten ausführlich auf die Unternehmensgeschichte, die Produktphilosophie und den technischen Aufbau eingehen, sonst habe ein Test gar keinen Sinn. Die Frage nach dem Hörspaß stellte sich bei einigen jedenfalls erst gar nicht.
 
Es war jedoch erfrischend zu sehen, wie selbst Hifi-Puristen neue Marktsegmente erschließen und mit der Zeit gehen. So standen vielerorts Schallplattenspieler, CD-Player und I-Pod in trauter Gemeinsamkeit – vor ein paar Jahren wäre dieser Anblick noch als Ketzerei der High-Fidelity gebranntmarkt worden.

Gute Laune
Ob bei Lautsprecher-Herstellern wie Dali, Elac und Monitor Audio oder den Elektronikspezialisten um Marantz, Denon, Pioneer und Co., überall war eine positive Stimmung spürbar, die ansteckte. Kult-Star der Messe war der Europa Chef von Marantz. Ken Ishiwata (Bild) ließ es sich nicht nehmen, Platten und CDs selbst aufzulegen. Ein wenig sorgenvoller hingegen der Blick ins kommende Jahr, wenn die Mehrwertsteuererhöhung die Vorfreude ein wenig dämpft. Selbst wir werden Ende des Jahres noch einmal unsere Heimkinoräume optimieren aber hoffen auch, dass die Preiserhöhung auf unser Hobby nicht ganz so dramatisch ausfällt, schließlich wurde der Prozentsatz nur an den europäischen Standard angeglichen.
 
Am Ende des Tages verließen wir die Messe mit gemischten, aber durchaus hoffnungsvollen Gefühlen. Viele Hersteller haben die Zeichen der Zeit erkannt und produzieren ihre hochwertigen Produkte auch für Normalsterbliche – schließlich sollte Musikgenuss keine Frage des Preises, sondern des eigenen Anspruches sein. Dass die Höhe der Investition dabei auch mehreren Jahreseinkommen eines Otto-Normal-Verbrauchers entsprechen kann, ist dabei keine Kritik, sondern beweist den gleichberechtigten Stellenwert moderner Elektronik, die neben der Automobil- und Wohnungsbranche immer noch ein Nischendasein führt.
 
Um aus eben jenen Kreis der wenigen Auserwählten auszubrechen bedarf es jedoch mehr, als hoffnungslose Selbstüberschätzung und Arroganz gegenüber den Konsumenten. Fachgerechte Gespräche standen deshalb bei den meisten ebenso auf dem Tagesplan, wie Technik zum Anfassen. Dass selbst eine 100000 Euro Anlage Spaß machen darf, vermittelten die allerorts installierten Stereo- und Heimkinoräume. Besonders positiv sind auch die interessierten und gut informierten Besucher hervorzuheben – ein klares Plus zur hoffnungslos überlaufenen Show-Veranstaltung IFA, von welcher wir auch in diesem Jahr live im September berichten, denn wenn ein Anliegen der Hersteller besonders deutlich wurde, so war es der Ruf nach Aufklärung, ohne Voodoo aber dafür mit nachvollziehbaren Argumenten. [fp]

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