Die Reform des EU-Urheberrechts – worum es eigentlich geht

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Bild: © Victoria - Fotolia.com
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Seit Monaten machen Befürworter und Gegner der Copyright-Reform auf EU-Ebene mobil. Am Mittwoch könnte die Reform im Europaparlament die nächste Hürde nehmen.

Das Ende der Meinungsfreiheit im Internet? Oder doch der verdiente Schutz für Kreativschaffende? Die geplante Reform des europäischen Urheberrechts hat in den vergangenen Monaten heftige Lobby-Kämpfe ausgelöst. Eigentlich soll das Urheberrecht nach einem Vorschlag der EU-Kommission ans digitale Zeitalter angepasst werden. Im Juli wies das Europaparlament die Pläne aber mit knapper Mehrheit ab. An diesem Mittwoch wird erneut im Plenum abgestimmt. Fragen und Antworten im Überblick.

Warum ist das Thema so brisant?
 
Zensur, Tod des Internets, das Ende der unabhängigen Presse – die Debatte der vergangenen Monate und Jahre wird bis heute heftig geführt. Lobby-Gruppen versuchen von allen Seiten, Einfluss auf die Gesetzgebung zu nehmen. Im Zentrum der Diskussion stehen vor allem zwei mögliche Neuerungen: das Leistungsschutzrecht für Presseverleger und die sogenannten Upload-Filter. Das sind Artikel 11 und 13 des Gesetzesentwurfs.
 
Der Rechtsausschuss des Europaparlaments hatte sich im Juni nach langer Diskussion eigentlich auf einen Gesetzestext geeinigt. Das Plenum folgte dem allerdings nicht und wies den Vorschlag von Berichterstatter Axel Voss (CDU) zurück. Am Dienstag wurde das Thema deshalb erneut heftig im Parlament diskutiert, ehe nun abermals abgestimmt wird. Unter anderem hat auch Voss einen überarbeiteten Kompromissvorschlag vorgelegt.
 
Upload-Filter, Leistungsschutzrecht – was bedeutet das?
 
Upload-Filter sind eine Software, mit der Internet-Plattformen schon beim Hochladen überprüfen können, ob Bilder, Videos oder Musik urheberrechtlich geschützt sind. Nach dem Vorschlag, über den im Juli abgestimmt wurde, wären bestimmte Dienste wie YouTube in der Pflicht, auch bei von Nutzern hochgeladenen Inhalten die Zustimmung eventueller Rechteinhaber einzuholen. Gibt es die Zustimmung nicht, darf das Material nicht veröffentlicht werden. Bislang müssen Plattformen geschützte Inhalte erst auf Hinweis löschen.
 
Beim Leistungsschutzrecht sollen Portale wie Google News künftig nicht mehr ohne weiteres Überschriften oder kurze Ausschnitte von Pressetexten in ihren Ergebnissen anzeigen dürfen. Vielmehr sollen sie die Verlage um Erlaubnis bitten und gegebenenfalls dafür zahlen.
 
Was soll das bringen?
 
Zeitungsverlage, Autoren, Plattenfirmen und andere Rechteinhaber sollen mehr vom Kuchen der großen Internet-Unternehmen abbekommen. „Ich möchte, dass Journalisten, Verleger und sonstige Urheber eine faire Vergütung für ihre Arbeit erhalten“, sagte EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker vor ziemlich genau zwei Jahren.
 
Berichterstatter Voss argumentiert, das Leistungsschutzrecht fördere Qualitätsjournalismus, ohne Inhalte im Internet zu zensieren. Und der Hauptgeschäftsführer des Verlegerverbands BDZV, Dietmar Wolff, betont: „Wenn die gemeinsame europäische Politik den Anspruch hat, die bewährten Säulen der Demokratie zu schützen, dann kommt sie nicht umhin, das Öko-System des Internets ordnungspolitisch und ausgleichend mitzugestalten.“ Dazu sei nun die Gelegenheit. Verfechter des Leistungsschutzrechts argumentieren, dass Plattformen wie Google News derzeit kein Geld an die Verleger zahlen, obwohl sie große Mengen ihrer Nachrichten nutzten. In Deutschland gibt es schon seit 2013 ein Leistungsschutzrecht – es führte nicht zu nennenswerten Geldzahlungen von Konzernen wie Google an die Verlage.
 
Was sagen die Kritiker von Artikel 11 und Artikel 13? 
 
Sie sehen im Leistungsschutzrecht Nachteile für Verlage. Diese seien darauf angewiesen, von Suchmaschinen gelistet zu werden, und hätten daher eine schwache Verhandlungsposition gegenüber Google & Co. Zudem zeige die Erfahrung aus Deutschland, dass es nicht viel bringt. Die Gegner von Artikel 11 prägten außerdem den Begriff der Link-Steuer und warnten, Privatpersonen müssten zahlen, wenn sie Zeitungstexte in sozialen Netzwerken teilen würden.
 
Außerdem fürchten Kritiker den Tod von Online-Plattformen. Vor allem kleine Seitenbetreiber könnten sich teure Upload-Filter schlicht nicht leisten, hieß es. Zudem wurde immer wieder bemängelt, dass Upload-Filter fehleranfällig seien und somit Inhalte womöglich fälschlicherweise blocken könnten. Letztlich bestehe Zensur-Gefahr, weil Provider und Plattformen künftig entscheiden sollten, was Menschen im Internet sehen und was nicht.
 
Wie hat Berichterstatter Voss auf die Kritik reagiert?
 
Er hat seinen Vorschlag angepasst – aber es dadurch aus Sicht seiner Kritiker nicht besser gemacht. Voss zufolge verzichtet sein aktueller Vorschlag auf die Einführung von Upload-Filtern. Zudem sollten nur Plattformen, die Inhalte sortieren und bewerben – wie etwa YouTube – von Artikel 13 betroffen sein. Für kleine Firmen hat Voss zusätzliche Ausnahmen eingeführt. Voss‘ Vorschlag sieht zudem vor, dass EU-Staaten den Dialog zwischen Rechteinhabern und jenen Plattformen fördern sollten, auf die Nutzer Inhalte hochladen. Gemeinsam solle an Lösungen gearbeitet werden, die auf Upload-Filter verzichten. Gleichzeitig sieht sein Vorschlag jedoch vor, dass die Verantwortung – also die Haftung – für Uploads bei den Plattformen liegt. Kritiker erwarten deshalb, dass die Plattformen alles tun werden, um keine Rechte zu verletzten – und deshalb Upload-Filter einführen werden.
 
Auch beim Vorschlag zum Leistungsschutzrecht hat Voss an einigen Schrauben gedreht. Er sieht nun vor, dass die Veröffentlichung von Hyperlinks zu Presseartikeln inklusive einzelner Wörter künftig weiter ohne Lizenz erlaubt sein soll. Anbieter wie Google News könnten nach diesem Vorschlag also nicht mehr ganze Textausschnitte oder Überschriften veröffentlichen, ohne Vereinbarungen mit den Verlegern zu treffen.
 
Wie kann die Abstimmung ausgehen?
 
„Es liegt alles drin“, sagt Voss. Denn neben seinen Vorschlägen liegen noch rund 200 weitere Änderungsanträge zu den einzelnen Artikeln des Gesetzes vor. Sollte Voss‘ Kompromiss abgelehnt werden, stimmen die Parlamentarier einzeln über die Alternativen zu jedem Artikel ab. Am Ende wird dann nochmals über das gesamte Paket abgestimmt und entschieden, ob Voss das Mandat für die Verhandlungen mit den EU-Staaten bekommt. Dann müssten Parlament und die EU-Staaten sich noch auf eine gemeinsame Haltung einigen. Aber das Ganze kann auch, wie schon vor zwei Monaten, scheitern. Dann würde das Dossier in den Ausschuss zurückverwiesen. Zumindest bis zur Europawahl im Mai würde es dann wohl nichts mehr werden mit der Copyright-Reform.

[Michel Winde und Violetta Kuhn]

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