Berlinale revisited: Die Preisträger auf Blu-ray

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Nader und Simin – Eine Trennung

Wie in jedem Jahr befindet sich auch in diesem Februar der Nabel der Filmwelt wieder für knappe zwei Wochen in Berlin. Pünktlich zur 2012er-Auflage des bedeutendsten deutschen Filmfestivals erscheinen zwei der wichtigsten im Vorjahr prämierten Filme endlich auf dem Heimkinomarkt.

Vom 9. bis zum 19. Februar 2012 drehte sich bei den 62. Internationalen Filmfestspielen in Berlin alles um die große und vielfältige Welt der aktuellen Kinolandschaft.
 
 
Mit Meryl Streep als internationalem Ehrengast und Preisträgerin für das Lebenswerk, dem Regiedebüt von Angelina Jolie, einem Besuch von Bollywood-Megastar Shah Rukh Khan sowie einer illustren Jury für den eigentlichen Wettbewerb (u. a. Mike Leigh, Anton Corbijn, Charlotte Gainsbourg und Jake Gyllenhaal) ist für den Glamour-Faktor schon einmal reichlich gesorgt.
 
 
Fehlen nur noch die passenden hochkarätigen Filme, um das Festival auch von der filmischen Seite her zum vollen Erfolg werden zu lassen. Doch bevor wir uns voller Neugier auf die diesjährigen Highlights stürzen, bleibt noch Zeit, um den großen Abräumer des vergangenen Jahres noch einmal gebührend vorzustellen.

Nader und Simin – Eine Trennung

Selten zuvor waren sich Publikum, Festivaljury und Kritiker so einig wie 2011: Schon nach den ersten Vorführungen machte das Gerücht die Runde, dass dem iranischen Filmemacher Asghar Farhadi mit seinem ambitionierten Familiendrama ein ganz großer Wurf gelungen sei. „Nader und Simin – Eine Trennung“ wurde als heißer Anwärter auf den Goldenen Bären für den besten Film des Wettbewerbs ge handelt – eine Auszeichnung, die er dann auch völlig zu Recht erhielt.
 
 
Die Entscheidung der Jury, obendrein dem weiblichen und männlichen Cast von „Nader und Simin“ die Silbernen Bären für den besten Hauptdarsteller beziehungsweise die beste Hauptdarstellerin zuzusprechen, ist sicherlich auch als eindeutiges politisches Statement und als Zeichen an das iranische Volk zu verstehen. In einem Land, in dem Regisseure und Schauspieler weiterhin reihenweise verhaftet, angeklagt und mit schärfsten Repressalien von der freien Ausübung ihres Berufes abgehalten werden, wird jedes Leuchtfeuer, das ein internatio nal erfolgreicher Film wie „Nader und Simin“ sein und bedeuten kann, dringend gebraucht. Zudem hat solch ein Steifen jegliche Unterstützung, die er bekommen kann, mehr als verdient.
 
 
Asghar Farhadi kehrt in diesem Jahr übrigens an die Stätte seines bisher größten beruflichen Triumphes zurück, ist er doch Mitglied der insgesamt siebenköpfigen Fachjury der Berlinale. Sein Film ist inzwischen auch als offi zieller Oscar®-Kandidat für die beste ausländische Produktion des Jahres nominiert – und es wäre alles andere als eine Überraschung, wenn er die begehrte Auszeichnung am 26. Februar tatsächlich zum allerersten Mal in den Iran holen würde.

Die Summe der einzelnen Teile

Keine Frage, „Nader und Simin“ ist ein starker Film, der sich lohnt und der die – obwohl nicht gerade neue – immer noch interessante Grundproblematik der Scheidung zweier Eheleute auf kontroverse Weise vorstellt. Aber die sich förmlich überschlagenden Lobeshymnen müssen doch einen bestimmten Grund haben, nicht wahr? Was macht die Geschichte und ihre Umsetzung so besonders? Der Schlüssel zu diesen Fragen liegt sicher auch in der Tatsache, dass die eigentliche Trennung von Nader (Peyman Moadi) und Simin (Leila Hatami) mit einer ganzen Reihe von weiteren brisanten Themen kontrastiert und durch hochinteressante Nebenfiguren ergänzt wird.
 
 
Da klingt die politisch brisante Situation im Iran an: ein gesellschaftliches Klima, in dem Simin keinen gesunden Nährboden für eine freie und erfüllte Zukunft ihrer geliebten Tochter sehen kann. Die Problematik, wenn die eigenen Eltern zum Pflegefall werden, wird in einem weiteren zentralen Grundkonfl ikt auf intensive und mitreißende Weise behandelt. In einem dritten Schwerpunkt wächst sich die Geschichte dann zum spannenden Justizdrama aus, als sich die Hauptfi guren in einem immer komplizierter werdenden Gespinst aus Missverständnissen, Lügen und religiösen Zwängen verstricken und die Grenzen von Wahrheit, Ehre, Moral und Schuld in all ihrer Komplexität ausgelotet werden.
 
 
Sie merken schon: Die ganze Fülle der Facetten des Streifens in wenigen Worten zusammenzufassen, fällt schwer – und so bleibt nur die dringende Empfehlung, diesem eindrücklichen Beispiel eines vielschichtigen Dramas eine Chance zu geben und einen der lohnenswertesten Filme der vergangenen Berlinale- Jahrgänge zu entdecken.

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