„Weckruf für gesamte Digitalwirtschaft?“ Netflix muss Geld an Nutzer zurückzahlen

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Netflix

Ein Gericht erklärte es für unzulässig, auf einer Plattform über eine erfolgende Preiserhöhung zu informieren. Ein Klick sei keine rechtlich wirksame Zustimmung zu Preiserhöhungen. Vermutlich werden dies nun auch andere Anbieter beachten.

Schon seit Jahren berichten Medien gerne darüber, wenn Pay-TV-Anbieter oder Streaming-Giganten vor Gericht verlieren und dann einzelnen Kundinnen oder Kunden Geld zurückzahlen müssen. Solche Geschichten sind für den Boulevard gefundenes Fressen, sie bedienen den Mythos, dass David (mal wieder) gegen Goliath gewonnen hätte. Die konkreten Auswirkungen auf die gesamte Kundschaft halten sich in den meisten Fällen im Rahmen – meistens zumindest. Ein ähnlicher Fall wurde jetzt in Köln verhandelt. Und dessen Urteil könnte, so sagt es zumindest der in Fachfragen immer wieder in der Presse auftauchende Prof. Christian Solmecke von der Kölner Kanzlei WBS.LEGAL, ein „Weckruf für die gesamte Digitalwirtschaft“ sein.

Vor Gericht ging es um Peanuts – und um’s Recht

Um das Urteil vorweg zu nehmen: Netflix wurde vom Gericht verpflichtet, Preisaufschläge der vergangenen Jahre an den Kläger zurück zu bezahlen. Netflix hatte seinen Abo-Preis 2017, 2019 und 2022 leicht erhöht. Um konkret zu werden: Der Netflix-Preis stieg von anfangs knapp zwölf auf dann knapp 18 Euro. Er wurde also schrittweise sechs Euro teurer. Und um diese paar Euro ging es dann letztlich.

Netflix hatte innerhalb seiner Plattform auf die Preiserhöhungen hingewiesen. Der Kunde habe per Klick zustimmen müssen – oder ein Downgrade seines Abos hinnehmen müssen. Die Richter folgten der Netflix-Argumentation, dass der bloße Button reiche, um einen wirksamen Vertragsabschluss zu erzielen, aber nicht. „Es geht nicht darum, ob irgendwo ein Button geklickt wurde. Es geht darum, ob dieser Klick eine rechtlich wirksame Zustimmung darstellt und genau das hat das LG nun völlig zu Recht verneint“, komentiert Christian Solmecke. „Wer den Eindruck erweckt, der Preis werde ohnehin erhöht, der kann sich nicht hinter einem Zustimmungs-Button verstecken.“

Die Klausel zur einseitigen Preisanpassung (Ziffer 3.5 der Netflix-AGB) wurde vom LG Köln nun für unwirksam erklärt. Dazu Solmeke: „Die Zeit der stillschweigenden Preisänderungen ist vorbei. Auch Streaminganbieter müssen sich an geltendes Recht halten und können ihre Preise nur mit Zustimmung der Kunden oder bei Neuverträgen erhöhen. Wer einen Streamingvertrag abschließt, darf darauf vertrauen, dass sich die Konditionen von Anbietern wie Netflix nicht einseitig verändert werden.“ Insofern dürfte das Urteil auch auf andere Streamer Einfluss haben – und den ein oder anderen Kunden möglicherwiese animieren, von Netflix ebenfalls einen Betrag irgendwo im dreistelligen Eurobereich zurückzufordern. Die Erfahrung zeigt zugleich aber auch: Nur die allerwenigsten Kunden haben Lust und Zeit diesen Klageweg zu bestreiten. Und: Andere Gerichte haben, darauf weist Netflixam Freitag hin, in vergleichbarer Sache auch schon anders entschieden.

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Bildquelle:

  • Netflix: Photo by John-Mark Smith
3 Kommentare im Forum
  1. Tja, da sollte sich doch ein anwalt finden, der eine Sammelklage vertritt. Das geht doch mittlerweile auch in D.
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