„Der Herr der Ringe“: Die neuen Kinofilme können nur enttäuschen

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Ring aus Herr der Ringe © veraverunchik via stock.adobe.com
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Warner will neue Filme rund um „Der Herr der Ringe“ drehen: Eine Herkules-Aufgabe, die allein an den hohen Erwartungen scheitern muss.

Warner Bros. und New Line Cinema haben kürzlich angekündigt, dass neue Kinofilme im „Der Herr der Ringe“-Universum geplant sind – so berichtete auch DIGITAL FERNSEHEN. Gerade nach der umstrittenen Amazon-Serie „Die Ringe der Macht“ öffnet diese jüngste Verlautbarung Tür und Tor für vielseitige Spekulationen. Was ist von Warner und New Line Cinema zu erwarten? Und vor allem: Können sich Liebhaber der Filme von Peter Jackson und der Bücher von J.R.R. Tolkien auf eine inhaltlich hochwertige Umsetzung freuen?

„Der Herr der Ringe“ ist bei Warner zuhause

Amazons extrem hoch budgetierte Serie „Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht“ hat für viele Kontroversen und Empörungen gesorgt. Klammert man die aufgepeitschten Diskussionen um dunklehäutige Elben und Hobbits einmal aus, so war für Tolkien-Kenner vor allem die Umsetzung der Story das größte Problem. Zu nichtsagend und inhaltsleer waren die phrasenhaften Dialoge, zu zäh und ausgehöhlt der Handlungsverlauf, zu vorhersehbar die vermeintlich überraschenden Wendungen.

Galadriel
©Amazon Studios – Die Amazon-Serie „Die Ringe der Macht“ ist eine der teuersten Serien der jüngeren Zeit

Daher ist es zunächst einmal eine gute Nachricht, dass die Ankündigung zu den neuen Filmen von Warner und New Line Cinema kommt, denn die haben mit den „Der Herr der Ringe“-Kinowerken von Peter Jackson (2001-2003) bereits bewiesen, dass sie auf das richtige Pferd setzen können und neben dem finanziellen Erfolg und der technischen Wertigkeit auch die inhaltliche Qualität im Blick haben.

Ambivalenter sieht es da schon bei der „Hobbit“-Reihe (2012-2014) aus. Auch wenn diese Jackson-Filme ebenfalls ästhetisch hochwertig inszeniert, gut besetzt und unterhaltsam sind, zeigen sich für Kenner des ursprünglichen Tolkien-Romans „Der Hobbit“ hier einige, teils eklatante Schwächen auf.

Neue „Der Herr der Ringe“-Filme treten ein riesiges Erbe an

Mussten in der „Der Herr der Ringe“-Trilogie die vielen Erzählstränge der drei Bücher für die Filme noch stark eingekürzt werden (sogar noch im Extended Cut), wurde für die „Hobbit“-Verfilmungen die Handlung eines einzigen Romans auf gleich drei Filme ausgedehnt. In Folge haben die Drehbuchschreiber viele neue Story-Elemente und Figuren hinzugefügt, die in Tolkiens Roman gar nicht auftauchen – so zum Beispiel Legolas und die Elbenfrau Tauriel oder auch der Ork-Kommandeur Azog, der als Gegenspieler des Zwergenkönigs Thorin Eichenschild auftritt.

Leider ist den drei „Hobbit“-Filmen dieser Bruch zwischen Tolkiens originärem Roman-Inhalt und den vielen Zusätzen der Drehbuch-Autoren qualitativ anzumerken. Ein Bruch, der in den älteren „Der Herr der Ringe“-Filmen so kaum zu Tage tritt, da die Buchtrilogie größtenteils recht inhaltsgetreu umgesetzt wurde, auch wenn natürlich Einiges aufgrund der begrenzten Filmlaufzeit ausgelassen werden musste.

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Gibt es einen neuen Gandalf- oder Aragorn-Film?

Was bedeuten diese Umstände also nun für die Ankündigung neuer Filme, zu denen in Sachen Inhalt oder Produktion quasi noch gar nichts bekannt ist? Wichtig ist hier erstmal zu wissen, das Warner und New Line Cinema vor allem die Inhaltsrechte am sogenannten dritten Zeitalter besitzen. Das betrifft jene Ära, in der die Ereignisse von „Der Hobbit“ und „Der Herr der Ringe“ stattfinden. Im Gegenzug hat Amazon „Die Ringe der Macht“ tausende Jahre zuvor im zweiten Zeitalter angesiedelt.

Zudem kann Warner auf etablierte Leinwandcharaktere wie Gandalf, Aragorn, Bilbo oder Gimli und Legolas zurückgreifen. Dementsprechend erzählen die geplanten Kinofilme vielleicht die Hintergrundgeschichten zu besagten Figuren. Des Weiteren werden in den Büchern öfters Schlachten im Norden oder auch Ereignisse im fernen Süden und Osten Mittelerdes erwähnt, die abseits der Handlung um Frodo und der Feldzüge in Rohan und Gondor spielen – das wäre eine weitere mögliche Richtung für einen Kinofilm.

Bei den neuen „Der Herr der Ringe“-Filmen kann vieles schief gehen

Es bleibt dabei aber noch viel Raum für nachhaltige Skepsis. Da die Hauptromane des dritten Zeitalters filmisch nahezu auserzählt sind, müssen die Drehbuchautoren der kommenden Kinowerke höchstwahrscheinlich viele eigene Inhalte entwerfen und in das Tolkien-Universum einweben – vor allem, wenn es um Dialoge und die Beziehungen zwischen den Figuren sowie Plot-Details geht. Für das zweite oder sogar das erste Zeitalter, wie es im „Silmarillion“ nachzulesen ist, würde das noch umso mehr gelten, konnte Tolkien diese Geschichten doch zu Lebzeiten nie zu einem Abschluss bringen, der den äußerst detaillierten „Der Herr der Ringe“-Bänden gleich käme.

Die „Hobbit“-Trilogie und noch viel mehr Amazons „Die Ringe der Macht“ haben bereits ausführlich gezeigt, welche Fallgruben den Autoren auflauern, sollten sie Tolkiens Vision zu sehr mit unausgegorenen eigenen Ideen verwässern. Schade wäre es auch, würde man die neuen Filme auf irgendeine Origin-Story zu Gandalf, Aragorn, Legolas oder Gimli beschränken, wie es in den letzten Jahren so oft im Marvel-, DC- oder auch im „Star Wars“-Universum geschehen ist.

„Der Herr der Ringe“ braucht einen Kino-Neustart

Hier ist es also extrem entscheidend, welche kreativen Köpfe hinter den neuen Filmprojekten stehen und ob diese auch genug Zeit und Freiraum bekommen, ihre eigene Vision stimmig und stilvoll in Tolkiens Mittelerde zu verankern. Und eben diese Macher stehen aufgrund der hohen Erwartungen vor einer Herkules-Aufgabe, die viel Hingabe, Fantasie und Originalität erfordert.

Enttäuschungen und Shitstorms sind also schon vorprogrammiert. Ein völlig unbefangener Blick wie damals 2001, als „Der Herr der Ringe: Die Gefährten“ für viele Kinogänger wie aus dem Nichts kam, ist in der heutigen Zeit kaum noch denkbar. Und die Macher werden für die neuen Projekte viele Lücken stopfen müssen, die von Tolkien nie zu Ende erzählt wurden. Am Ende aller Bemühungen könnte also ein millionenschweres Bombastwerk stehen, das mit frischen Ideen geizt und den Effekt vor den Inhalt stellt. Trotzdem wäre es bedauerlich, wenn dieser reichhaltige Fantasy-Schatz für das Kino zukünftig vegraben bliebe.

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