
Wie wird ein Abendessen mit Drohungen zu einem klassischen Kriminalfall?
Als sie vom Alleinsein die Schnauze voll hat, wagt Violet (Meghann Fahy) den entscheidenden Schritt in eine neue Beziehung. Leider verläuft ihr erstes Date in dem ausgewählten Restaurant nicht wirklich nach den Regeln einer erfolgreichen Verführung. Während des Dinners mit ihrem Wahlpartner Henry (Brendon Sklenar) bekommt Violet per Handy Drohungen von einem Unbekannten. Was folgt ist der Beginn eines klassischen Whodunit (Werhatsgetan). Wer als Täter in Frage kommt, ist Dreh- und Angelpunkt in der nun ablaufenden Geschichte.

Show, don’t tell!
Einst hat ein gewisser Alfred Hitchcock die Regeln für einen effektiven Kino-Reißer festgelegt. Das Ergebnis seiner jahrelangen empirischen Forschung nannte der Meister am Ende ‚Suspense‘ – die Spannung des Ungewissen. Hitchcock hatte sie in seinem Schaffen bis zur Perfektion gebracht. Dabei hat er nach dem Prinzip ‚Show, don‘t tell’ agiert – also, etwas zu zeigen und nicht nur davon zu erzählen. Eine Weisheit, welche Autorin Jillian Jacobs mehr hätte beherzigen können. Letzten Endes wünscht man sich sogar, die Figuren würden endlich ihre Klappe halten. „Big Brother“-Produzentin Jacobs schrieb bereits an den beiden wenig beliebten Horrorfilmen „Wahrheit oder Pflicht“ (2018) und „Fantasy Island“ (2020) mit. Kein einziger Dialog in „Drop“ fühlt sich in irgendeiner Weise natürlich an. Die Misere ist so schlimm, dass die Aussicht auf K.I.-generierte Drehbücher einem dabei das Herz aufgehen lässt.
Dass der Erpresser mittels Social Media seine drohenden Botschaften vermittelt ist zwar zeitgemäß; in Form von Memes übertragen, allerdings unfreiwillig komisch. Da braucht wohl jemand Nachhilfe in der hohen Schule des Psychoterrors. Die Nachrichten werden über sogenannte ‚Digi-Drops‘ an das Handy von Violet gesendet – was der Geschichte zwar den Titel verleiht, aber eigentlich nur der Film-interne Begriff für Netzwerkaktivitäten umschreibt.

Thriller mit Symbolgehalt
Zum Glück hat Drop auch noch einen Co-Autor. Chris Roach heißt der Mann und ist u.a. bekannt für die Mitarbeit am Drehbuch des unterhaltsamen Liam Neeson-Thrillers „Non-Stop“ (2014). Roach ist wohl derjenige, der die Idee von „Non-Stop“ übernimmt, Display-Messages in die Bildästhetik zu integrieren, gut sichtbar für das Publikum. Ein dauerhaftes Hin-und-Her-Schneiden bleibt dem Publikum somit erspart – der Schnitt in diesem Film ist übrigens auch nicht das Gelbe vom Ei. Das ‚Show, don‘t tell’-Prinzip wird durch die Inserts aber größtenteils erfüllt.
Jenseits der Textnachrichten wird eine gewisse visuelle Narrative ebenso gefüttert. Kameramann Marc Spicer und Produktionsdesignerin Susie Cullen lassen den zentralen Handlungsort – das schicke Edelrestaurant – in einem erinnerungswürdigen Licht erstrahlen. Die Intention, viele Elemente am verspielt-geriffelten Wand-Dekor unruhig und beängstigend wirken zu lassen, geht am Ende auf und der Ort bekommt einen eigenen Charakter. Ähnlich wie in „Non-Stop“ und den nicht-offiziellem Nachfolger „The Commuter“, geht auch bei „Drop“ in den letzten 10 Minuten nicht weniger die Post ab – nur eben weder in einem Flugzeug, noch in einem Zug; schließlich ist es kein erfolgreiches erstes Date, wenn der Ort des Dîner zum Abschluss nicht in Schutt und Asche liegt.

Die Erlösung am Ende
Violett ist eine der Figuren, die in ihrer Geschichte zum Schlussakkord Erlösung erfahren. Als Opfer häuslicher Gewalt teilt sie sich das Schicksal mit anderen Figuren, wie etwa Rachel MacAdams’ Lisa Reisert aus Wes Cravens 2005er „Red Eye“. Und gleich wie Sidney Prescott (Neve Campbell) aus „Scream 3“ (nochmal Wes Craven) gibt Violet zu Beginn der Handlung psychologische Betreuung an Frauen, die Ähnliches durchgemacht haben. Durch die Erlebnisse erfährt die Figur Stärke für die Beseitigung des Konflikts und somit am Ende selbst Erlösung. Selbst der Name Violet kann hier auf einer Bedeutungsebene gesehen werden. Violett ist die Farbe der Schwermut, wie auch der Unsicherheit, aber ebenso der Transformation. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde sie als Symbolfarbe der Frauenbewegung benutzt.
Text & Redaktion: Lars Zschoke

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Bildquelle:
- 553689817_1602800514307891_4580678108455160700_n: Auerbach Verlag | CC BY 2.0