30 Jahre „ran“: Pikante Enthüllungen aus der Anfangszeit und ein völlig unerwarteter Auftritt

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© Seven.One Entertainment Group

Update 13:31 Uhr: Bei diesen drei Buchstaben geraten viele 90er-Jahre-TV-Nostalgiker ins Schwärmen: „ran“. So auch die vielen Gäste der Jubiläumssendung nach der Free-TV-Übertragung des Bundesliga-Spiels Borussia Mönchengladbach – Borussia Dortmund (4:2) am Freitag, die auch einen vollkommen unvorhergesehenen Überraschungsauftritt bot.

Zuerst gaben sich aber die drei Granden der Anfangszeit, Reinhold Beckmann, Johannes B. Kerner und Jörg Wontorra die Ehre. Kerner lobte dabei die damalige „verbotsfreie Zone“ die Beckmann bei „ran“ geschaffen habe: „Was Reinhold mit ‚ran‘ gemacht hat, war perfekt.“. Wenn damit gemeint war, dass Produkt Fußball zu entstauben. Muss man dem Kollegen unbedingt Recht geben. Kinder der 90er fühlten sich auf jeden Fall bei der Sat.1-Samstags-Fußballshow genauso zu Hause wie bei Viva und Bravo TV. Ob das auch für die ältere Generation galt, steht auf einem anderen Blatt.

Den Humor, der Einzug hielt ins Fußball-TV-Geschäft, mochten aber auch die Väter. Für die vorherigen öffentlich-rechtliche Verhältnisse revolutionär anmutende Einfälle, wie zum Beispiel einen Art Director und eine Grafik-Chefin für ein Fußball-Format anzuheuern, sollten sich als genauso gelungene Ansätze herauskristallisieren, wie die Idee, Studiopublikum einzuladen (Zitat Beckmann: „Das Stadion ins Studio transportieren“), was es das zugegebenermaßen auch beim ZDF-„Late-Night“-Klassiker „Sportstudio“ schon lange gab. Aber eben nicht bei der Erstverwertung um 18 Uhr in der „Sportschau“.

Beckmann, der zuvor schon zwei Jahre lang bei Premiere die Sportredaktion aufbaute, ließ es sich nicht nehmen, zu betonen, dass „ran“ nicht ohne seinen kongenialen Partner hinter den Kulissen, Michael Lion, so realisierbar gewesen wäre. Man hätte die Sendung nicht machen können, wie es alle in guter Erinnerung behalten haben, so der Gründungsvater. Dessen Kompagnon Lion erlag 2011 im Alter von 67 Jahren einem Herzversagen und leitete zuletzt die redaktionellen Geschicke bei sportdigital.tv.

Bunte Gästeliste bis hin zum Kanzler und Enthüllungen von Wontorra

Es folgten Anekdoten wie zum Beispiel vom Gastspiel des damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl, der in den Sendepause laut Kerner ständig Hunger verspürte, aber nur eingeladen wurde, da auch der SPD-Gegenkandidat Rudolf Scharping im Bundestagswahlkampf 1994 einwilligte zwei Wochen später bei „ran“ aufzutreten. Von der Fußball-Prominenz namens Lattek, Rehagel, Hoeneß, Daum und Co. braucht man an dieser Stelle gar nicht erst anfangen zu versuchen, sie alle zu aufzuzählen.

Update: Die Show steht mittlerweile auch bei ran.de auf Abruf bereit.

Eine pikante Enthüllung hatte hingegen Jörg Wontorra noch parat, als er angesprochen darauf, wie er denn zu „ran“ gekommen sei, erwiderte, dass Beckmann eigentlich Kommentatoren-Legende Gerd Rubenbauer von der ARD loseisen wollte. Er war demnach also nur die B-Lösung, mutmaßte „Wonti“. Worauf Beckmann elegant entgegnete, dass er tatsächlich Rubenbauer haben wollte, aber nur als Kommentator. Als Moderator wäre Wontorra der Top-Kandidat gewesen. Ebenjener Wontorra kam jedoch erst drei Wochen nach Saisonbeginn zu „ran“, weil er 20 Jahre bei der ARD „gedient“ haben musste, um später volle Rentenbezüge genießen zu können. Dies gewährte man ihm und ist wahrscheinlich heutzutage der Fall.

Die Rolle als „alter Hase“ am Spielfeldrand und in der Kommentatorenkabine bekam dann bekanntermaßen Werner Hansch anstatt des sich wohl vor dem Privatfernsehen zierenden Rubenbauer, der bis zu seinem Karriereende 2008 beim Bayerischen Rundfunk blieb. Hansch hingegen erlangte (spätestens) bei „ran“ Kultstatus. Dort konnte er sich mit seinem losen Mundwerk noch mehr austoben, als zuvor bei den Öffentlich-Rechtlichen. Dass er einmal ein Tor als „geil“ bezeichnete, löste in den 90ern tatsächlich eine ernst geführte gesellschaftliche Diskussion aus.

Monica Lierhaus mit Überraschungsauftritt

Den größten Applaus von allen bekam derweil Monica Lierhaus, die überraschend auch live zugegen war. Die Vorzeige-Sportjournalistin gehörte neben Gaby Papenburg zum weiblichen Teil der Moderationscrew. Sie kam 1999 vom Boulevard-Magazin „Blitz“ zu „ran“ und erzählte, dass erwähnter Michael Lion erst einmal Überzeugungsarbeit bei ihr leisten musste. Trotzdem lehnte Lierhaus zunächst ab. Erst als eine Probe-Sendung mit Paul Breitner reibungslos über die Bühne ging, sagte sie dann kurzentschlossen doch zu. Die versierte Sportmoderatorin kämpft seit 2009 mit den Folgen von Komplikationen bei der Entfernung eines Hirnaneurysmas. Der gestrige Auftritt war einer von wenigen in den letzten Jahren, den sie sichtlich genoss, mit Bravour meisterte und der das Publikum rührte.

2009 bis 2012 Champions League mit Kerner, Beckenbauer und Fuss

Die internationalen Jahre von 2009 bis 2012 markierten den zweiten Teil der Show: Hierzu nahm Wolff-Christoph neben Kerner anstelle von Beckmann und Wontorra Platz. Das Duo führte gemeinsam mit „Kaiser“ Franz Beckenbauer durch die dreijährige Ära. Unvergessene Fuss-Zitate wurden dabei eingespielt, wie „Asta la Vista, Champions League Finalista“ Richtung Real Madrid 2012, oder „Robbääään, ein unfassbares Tor“ bei der direkten Volley-Abnahme des beschrieenen Holländers nach einer Ecke im CL-Halbfinale 2010 bei Manchester United, die voll im linken unteren Eck des Tors der Gastgeber einschlug.

Was manch einer vielleicht noch nicht wusste, aber durch die mehrmalige Betonung in der Sendung wieder hervorgerufen wurde, ist, dass das Champions-Finale „dahoam“ die längste Live-Strecke von „ran“ war (knapp 14 Stunden) und der erfolgreichste Sendetag von Sat.1 überhaupt. 20 Millionen Zuschauer guckten in der Spitze zu, was seiner Zeit 80 Prozent Marktanteil bedeutete. Ein weiteres Highlight dieser Epoche war sicherlich noch der 5:2-Sieg von Schalke 04 bei Inter Mailand 2011.

Schließlich in der Gegenwart angekommen, durfte der aktuelle Moderator Matthias Opdenhövel noch eine Wette eingehen, dass er am 20. Januar 2023, wenn die Bundesliga bei Sat.1 (und DAZN) mit dem Spiel Bayern München – RB Leipzig aus der Winterpause zurückkommt, die rote „ran“-Jeansjacke eines Kollegen aus den 90ern tragen wird, deren Pendant Beckmann auch in der ersten „ran“-Sendung überhaupt trug.

Heute ist „ran“ Fußball und Football (aber nicht mehr lange)

Als es dann um American Football und das erste NFL-Spiel auf deutschem Boden an diesem Sonntag ging, schaltete der Fußball-Traditionalist so langsam ab, bekam aber noch mit, dass „ran“ morgen nah an seine Rekord-Übertragungsdauer vom Champions-League-Finale 2021 herankommen wird, wenn man insgesamt 12 Stunden live auf Sendung gehen wird, ehe die NFL nach dem Super Bowl 2023 dann zu RTL abwandert.

Danach schweiften die Gedanken ab, an das wohl legendärste Bundesliga-Tor der „ran“-Ära von Jay-Jay Okocha im Trikot von Eintracht Frankfurt anno 1993 gegen Oliver Kahn, damals noch im Tor des Karlsruher SC. Es kommentiert Jörg Dahlmann:

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Und nun, wie Kommentatoren-Legende Werner Hansch einmal bei „ran“ sagte: „Zurück in die angeschlossenen Pissoirs“.

Bildquelle:

  • hs2021: obs/ZDF/Sascha Baumann
  • df-ran-bundesliga-wolff-fuss: Sat.1
  • JohannesBKerner: © ZDF und Tobias Schult
  • df-wontorra: obs/Sky Deutschland/Sky / Jörg Koch
  • df-beckmann-trifft: ARD-Foto
  • df-ran-bundesliga: © Seven.One Entertainment Group

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