
Gestartet als anarchischer Spaß in den 70ern ist die US-Sketch-Show längst eine der größten Comedy-Erfolge der Welt. „SNL“ ist ein Sprungbrett für Weltstars und wird jetzt ein halbes Jahrhundert alt.
US-Präsident Donald Trump widmet sich nicht nur der Politik, er verschärft auch den Kampf gegen das Lachen darüber. Zuletzt hatte die Kritik des Republikaners an Late-Night-Moderator Jimmy Kimmel beinahe zu dessen Absetzung geführt und eine bange Frage hervorgebracht: Haben Satire und Comedy gegen die US-Regierung bald ein Ende?
Zumindest am Samstagabend hat das berühmteste Komiker-Ensemble der USA eine klare Antwort gefunden – „Saturday Night Live“ (SNL) wird dem Land weiter mit Anarchie und viel Albernheit ins Gewissen reden. Im Auftakt-Sketch der 51. Staffel spielte James Austin Johnson den Präsidenten und scherzte zum Missbrauchsfall um Jeffrey Epstein. Es war ein ausgewogener Start in düsteren Humor-Zeiten, denn gerade jetzt blicken viele auf SNL.
Die vielleicht berühmteste Sketch-Show des Planeten feiert am 11. Oktober ihr 50-jähriges Jubiläum. Hier sind sieben besonders wichtige Fakten zum Comedy-Welterfolg:
Die Show war immer schon politisch
Am 11. Oktober 1975 lief die erste Folge einer anarchischen neuen Sketch-Comedy, damals noch unter dem Titel «NBC’s Saturday Night». Den heutigen Titel bekam die Show erst nach einigen Jahren, zuvor gab es unter dem aktuellen Namen eine Konkurrenzshow bei ABC. Gleich blieb aber über ein halbes Jahrhundert hinweg der Aufnahmeort, Studio 8H am 30 Rockefeller Plaza mitten in New York City und der Spruch zu Beginn jeder Show: „Live from New York! It’s Saturday Night!“
Der Trump-Sketch an diesem Samstag ist längst kein Einzelfall. Über Jahrzehnte hinweg hat sich die Sendung über US-Politik lustig gemacht. Dan Aykroyd spielte einst Richard Nixon, Will Ferrell verkörperte George Walker Bush und im aufkommenden YouTube-Zeitalter haben es Tina Fey und Amy Poehler im Wahlkampf 2008 zu weltweiter Berühmtheit geschafft, weil ihre Persiflage von Sarah Palin und Hillary Clinton einen Nerv getroffen hatte.
SNL ist Fließbandarbeit…
Die Show schnurrt wie eine gut geölte Maschine durch die US-Unterhaltungslandschaft. Ihrem Namen treu wird sie samstags live ausgestrahlt, doch die Produktion startet bereits montags mit einem sogenannten „Pitch Meeting“. Dabei diskutieren Comedians, Produzenten, der Gast-Moderator und der seit fünf Jahrzehnten für die Show verantwortliche Produzent Lorne Michaels mögliche Sketche für den kommenden Samstag. Über die Woche hinweg werden aus mehr als 40 ausformulierten Drehbüchern die acht bis zwölf Sketches, die es in die Show schaffen.
Samstag um 20 Uhr gibt es eine Generalprobe vor Publikum, erst danach verkündet Michaels den tatsächlichen Ablauf der 90-minütigen Livesendung ab 23.30 Uhr New Yorker Ostküstenzeit.
… und hochdekoriert
„Saturday Night Live“ hält den Emmy-Rekord: 338 Nominierungen und 93 Auszeichnungen führt die Webseite des wichtigsten Fernsehpreises der Welt für die Show auf. Allein Produzent Lorne Michaels war für 102 Emmys nominiert und gewann 21 von ihnen – mehr als jeder andere Person im US-Showbusiness. Zum Vergleich: «Game of Thrones» kam «nur» auf 159 Nominierungen und 59 Emmys.
SNL hat Weltkarrieren gestartet
Die Liste weltweit bekannter Comedy-Stars, die einst zum Ensemble von „Saturday Night Live“ gehörten, ist lang. Schon aus der Original-Besetzung 1975 feierten später Dan Aykroyd („Ghostbusters“) und Chevy Chase („Caddyshack“, „Hilfe die Amis kommen“) auch in Deutschland Erfolge. In den fünf Jahrzehnten seit dem Start gehörten dann unter anderem Eddie Murphy, Billy Crystal und Ben Stiller zur Besetzung – selbst der heute eher als ernster Schauspieler bekannte Robert Downey Jr. war einst Teil der Truppe.
Auch einige Sketche wurden zu weltweit bekannten Erfolgen. Sowohl die „Blues Brothers“, als auch „Wayne’s World“ oder „Die Coneheads“ hatten ihre Anfänge bei SNL.
Internationale Ableger hatten oft nur wenig Erfolg
In gut einem Dutzend Ländern gab es nationale Ableger der Show, selten aber waren sie so langlebig wie „RTL Samstag Nacht“ in Deutschland. Nach der Premiere am 6. November 1993 lief die Sketch-Comedy fast fünf Jahre lang und wurde zum Sprungbrett für Wigald Boning, Olli Dittrich und Esther Schweins. Sprüche wie „Kentucky schreit ficken“ und „Karl Ranseier ist tot“ sorgen noch heute bei vielen Fans für wissendes Lachen. Weitere Ableger gab es unter anderem in Kanada und Brasilien, aber auch in Ägypten, Südkorea und Russland.
Musik-Stars gehören dazu
Neben den Sketchen schreiben auch die Gast-Moderatoren und Musik-Gäste regelmäßig Schlagzeilen. Niemand war dabei häufiger im Studio als Dave Grohl. Der einstige Drummer von Nirvana trat später auch mit den Foo Fighters immer wieder auf und kommt laut NBC auf 15 Auftritte.
Kurz nach dem Start der Show wäre es 1976 bei SNL sogar beinahe zu einer Beatles-Reunion gekommen. In einem Sketch versprach damals Lorne Michaels der Band 3.000 Dollar, sollten sie in der Show auftreten. „Paul und ich waren zusammen und haben die Show geschaut“, erzählte später John Lennon der ‚New York Times‘. „Wir haben es geschaut und sind beinahe runter ins Fernsehstudio gefahren, nur als Gag. Wir hätten uns beinahe ein Taxi genommen, aber wir waren offen gesagt zu müde.“
Skandale, Skandale
Man kann die Menschen nicht ein halbes Jahrhundert zum Lachen bringen, ohne auch einige Skandale auszulösen. Keiner war so bedeutend wie ein Auftritt der Irin Sinéad O’Connor im Jahr 1992. Sie sang eine A-Capella-Version von Bob Marleys „War“, aber veränderte eine Songzeile. Mit den Worten „Bekämpft sexuellen Missbrauch!“ zerriss sie aus Protest gegen sexuellen Missbrauch in der Kirche ein Foto von Papst Johannes Paul II. Ihre Karriere nahm dadurch lange Schaden, aber die Aktion galt zum Tod von O’Connor 2023 als Beispiel für die vorbildliche Integrität der Sängerin.
Von Christian Fahrenbach, dpa / Redaktion DF: mw
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