„Tatort“ in Dortmund heute ermittelt im Frauenhaus

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Tatort: Feuer
Foto: WDR / Pandora Film / Martin Rottenkolber

Im neuen „Tatort“ aus Dortmund brennt ein Wohnhaus – doch das wahre Drama liegt in dem, was dem Feuer vorausging. Faber und Herzog ermitteln in einem düsteren Krimi über häusliche Gewalt.

Sie wirkt wie eine Erscheinung: Barfuß, rußverschmiert und sichtlich verstört läuft ein kleines Mädchen in der Dämmerung durch eine Siedlung – beinahe wird sie von einem Auto erfasst. Es ist die erste von mehreren verletzten Seelen im neuen Dortmunder „Tatort“-Fall am Pfingstmontag (9. Juni, 20.15 Uhr, Das Erste). Kommissarin Rosa Herzog (Stefanie Reinsperger) und ihr Kollege Peter Faber (Jörg Hartmann) sehen sich darin mit dem Thema häusliche Gewalt konfrontiert – und mit großer Ohnmacht. 

Ausgangspunkt des düsteren Falls mit dem Episodentitel „Feuer“ ist ein Brand in einem Einfamilienhaus. Eine Frau, Meike Gebken (Nadja Becker), stirbt an einer Rauchvergiftung. Sie ist die Mutter der kleinen Zoe (Tesla Tekin) aus der Anfangsszene. Der ältere Sohn Finn (Caspar Hoffmann), ein Teenager, bleibt zunächst verschwunden. Das größte Rätsel für die Ermittler ist das Motiv. Wer hatte einen Grund, das Haus anzuzünden?

Gewalttäter mit Alibi

Als Faber dem Vater von Zoe, Jens Hielscher (Sebastian Zimmler), vom Tod seiner Partnerin berichtet, scheint dieser jedenfalls weder überrascht noch tief getroffen. Für die Tatzeit hat er ein Alibi – ein Täter, soviel wird schnell klar, ist er dennoch. Immer wieder hat er seine Frau geschlagen, gedemütigt, vergewaltigt. 

Die Misshandlungen, das rekonstruieren die Ermittler rasch, hinterließen schon lange zuvor Spuren. Nachbarn sahen weg, andere schauten nur halb hin. Vier Wochen vor dem Feuer flüchtete Meike Gebken dann mit ihrer Tochter ins Frauenhaus.

Verdeckte Ermittlungen im Frauenhaus

Warum kehrten sie ausgerechnet in der Nacht des Feuers dorthin zurück? Um mehr über die Frau zu erfahren, deren Leben bis zuletzt von Schweigen geprägt war, ermittelt Rosa Herzog verdeckt im Frauenhaus – widerstrebend auf Anweisung von Chefin Ira Klasnić (Alessija Lause).

Durch Herzogs einfühlsamen Kontakt zu den Bewohnerinnen berührt der Film verschiedene Frauenschicksale – die zwar allesamt Klischees des wehrlosen weiblichen Opfers Lügen strafen, aber doch das Gegenteil von Hoffnungsgeschichten sind. 

Ausweg aus dem Teufelskreis aufzeigen

Es sei ihm wichtig gewesen, zu erzählen, warum es so schwierig ist, aus den Gewaltspiralen herauszubrechen oder den Betroffenen aus ihnen herauszuhelfen, wird Drehbuchautor Markus Busch in einem Interview des WDR zitiert. 

Diese Vergeblichkeit spüren nicht nur Faber und Herzog. Sie überträgt sich auch auf das Publikum: durch beklemmende Rückblenden, die drückende Atmosphäre im Frauenhaus, den Satz: „Da bist du nicht tot und nicht lebendig. Das ist wie Fegefeuer“, den Herzog nach ihrem Einsatz sagt. Weil man nicht wisse, was danach kommt.

Mehr Profil für neue Kollegen

Neben dem aktuellen Fall ziehen sich bedrohliche, aber vage Untertöne durch die Episode, die die Vergangenheit der Ermittler betreffen: Die Akte zum abgeschlossen geglaubten letzten Fall, in dem Faber zwischenzeitlich unter Mordverdacht geriet, scheint doch noch nicht gänzlich geschlossen. Oder was führt LKA-Ermittler Daniel Kossick (Stefan Konarske), der Faber bereits einmal im Visier hatte, wieder ins Dortmunder Polizeipräsidium? Und welche Fragen quälen eigentlich Rosa Herzog?

Erfrischender Gegenpol zur grübelnden, verschlossenen Herzog und zum zynischen Melancholiker Faber ist der Kollege Otto Pösken (Malick Bauer), der als junger Beamter aus dem Streifendienst in der Mordkommission hospitiert. Freundlich, professionell und empathisch mischt er nun schon zum zweiten Mal mit – und bringt eine andere Energie ins Team. 

Unterstützt wird er von Chefin Klasnić, die zwar weiter herrisch auftritt, aber in Ansätzen auch andere Seiten zeigt: Vielleicht interessiert sie sich doch mehr für ihre Kollegen als zunächst vermutet.

Düstere Grundstimmung für ernstes Thema

Die Dortmunder Episode bleibt dabei in ihrer Tonlage konsequent: rau, ernst und ohne einfache Erlösung. Der Krimi verzichtet auf dramatische Höhepunkte zugunsten einer düsteren Grundstimmung und fängt vielmehr ein, wie schwierig der Weg aus Gewaltverhältnissen sein kann – für die Betroffenen ebenso wie für jene, die helfen wollen.

Text: Florentine Dame, dpa / Redaktion DF: mw

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