Jetzt im Kino: Kristen Stewart war nie besser als in „Jean Seberg“

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Das Thrillerdrama „Jean Seberg – Against All Enemies“ erzählt vom tragischen Ende der Schauspielerin Jean Seberg. Kristen Stewart glänzt dabei in der Haupt- und Titelrolle. Ab heute läuft der Film in den Kinos.

Biopics, also Filmbiografien, haben es bekanntlich nicht leicht. Wie will man schon ein Leben in zwei Stunden erzählen? Benedict Andrews umgeht in seinem Film über Jean Seberg diese Krux gekonnt. Er versucht gar nicht erst, das Leben und Wirken der Aktivistin und Nouvelle Vague-Ikone in eine solch limitierte Spieldauer zu packen. „Jean Seberg – Against All Enemies“ wagt sich vielmehr an einer Verdichtung der letzten schicksalshaften Entwicklungen vor dem rätselhaften Tod der Schauspielerin im Jahr 1979.

Selbstverständlich braucht es dafür zunächst die Wiedergeburt des großen Stars auf der Leinwand, gerade auf der Spitze ihrer Karriere. Des Stars, der sich mit bloßem Luxusleben und ihrem Auftritt als Künstlerin und Projektionsfläche nicht abfinden wollte. Direkt das erste Bild wirft jedoch düstere Schatten voraus. Es ist Seberg in ihrer ersten großen Filmrolle als „heilige Johanna von Orleans“. Angekettet auf dem Scheiterhaufen bei jenen berüchtigten Dreharbeiten 1957. Damals ging die Darstellerin durch eine Panne am Set in Flammen auf. Seberg erscheint uns jetzt noch einmal als Märtyrerin und Geächtete, brillant verkörpert von Kristen Stewart.

Von der Leinwand auf die Straße

Der Aufstieg des Superstars, die Arbeit mit Jean-Luc Godard, all das ist in diesem Film nur am Rande Thema. „Against All Enemies“ steigt Ende der 60er Jahre ein, als Jean Seberg beginnt, mit der Black-Power-Bewegung zu sympathisieren. Ihr unbedingter Wille und ihr politisches Engagement werden den Behörden schnell gefährlich. Das FBI wird auf Seberg aufmerksam, beschattet sie fortan mit immer drastischeren Maßnahmen. Nach und nach gerät das Leben der Schauspielerin außer Kontrolle.

Es wäre nun leicht, sich auf das Spannungsfeld zwischen dem Gestern und dem Heute zu stürzen. Der Kampf gegen Rassismus, der hier auf der Leinwand ausgetragen wird, geschieht bekanntlich gerade erneut auf den Straßen der Welt. Fragen nach dem Umgang mit Oppositionellen stellen sich ebenso. Insofern kann sich der Film über glückliches Timing freuen. Dass die Figur der Jean Seberg dabei fast schon zurücktreten muss, erscheint bereits vielen als Mogelpackung. Doch die Typisierungen und Verallgemeinerungen in dieser Geschichte über Unterdrückung und Überwachung geschehen nicht grundlos.

Die Rolle des Stars

„Jean Seberg – Against All Enemies“ fragt, inwiefern Kunst, Politik und öffentliche Wahrnehmung vernetzt sind und andererseits miteinander konkurrieren. Inwiefern die Rebellin auf der Leinwand auch außerhalb des Kinos als Rebellin auftreten kann. Das Thrillerdrama zeigt die unerbittliche Zerstörung einer Karriere, weil das Image der Privatperson mit dem der Person des öffentlichen Lebens in der gesellschaftlichen Wahrnehmung nicht vereinbar ist. Authentizität des Stars ist da ein wichtiges Stichwort. Authentizität im Sinne eines Eintretens für die eigenen Ideale, auf der anderen Seite die des Spiels auf der Leinwand. Das Motiv des eigenen Opfers für das höhere Ziel wird schließlich bereits mit der Beinahe-Verbrennung zu Beginn etabliert.

Politischer Diskurs in der Gesellschaft kommt selten ohne Ikonen und hervorstechende Persönlichkeiten aus. Doch was geschieht, wenn der Star plötzlich dem Zeitgeist widerspricht? Im September 1979 wird die nackte Leiche von Jean Seberg in einem Auto in Paris gefunden. „Suizid mit ungelösten Fragen“, so wurde von den Behörden attestiert. Ungelöste Fragen den Tod betreffend, aber auch die ungelösten Fragen in Hinblick auf den dramatischen Untergang der Ikone hinterlässt uns dieser Film.

Kristen Stewarts war nie besser

„Jean Seberg“ bietet genügend Stoff, aus dem man schöpfen und diskutieren kann, auch ohne dabei schlicht Stationen und Daten im Leben seiner Protagonistin vorzubeten. Dass das Drama und Zeitportrait dabei insgesamt etwas konventionell und stillos inszeniert ist, stört bei dem brisant erzählten Thema kaum. Ganz davon abgesehen, dass Kristen Stewart hier ihre bisher beste schauspielerische Leistung zeigt. Sie ist es, die „Jean Seberg“ letztlich in ein zutiefst packendes Vermächtnis der Schauspiel-Ikone verwandelt. Eines, das neben der Komplexität seines Stoffes als Kinofilm leichtfüßig die ganze Gefühlspalette bedienen kann: von Eleganz, Coolness über Thriller-Spannung bis zum großen Drama. Ein widerspenstiges und schon jetzt unterschätztes Werk!

„Jean Seberg – Against All Enemies“ läuft ab dem 17. September in den deutschen Kinos.

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Bildquelle:

  • seberg: 2019 PROKINO Filmverleih GmbH

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