
Nach dem rot-weiß-roten Triumph beim European Song Contest (ESC) wurde am vergangenen Freitag die nächste Etappe für das Musikspektakel 2026 in Österreich eingeläutet: Bis 12 Uhr hatten interessierte Städte Zeit, beim öffentlich-rechtlichen Sender ORF ihre Bewerbung für die Austragung einzureichen. Offizielles Interesse zeigten Wien und Innsbruck, die Entscheidung fällt der ORF am 8. August.
ESC-Kosten von rund 21 Millionen Euro für den ORF?
Klar ist: Die Organisation des ESC ist für den ORF eine enorme finanzielle Herausforderung, weil er wie viele andere Sender in Europa auch (von ARD, ZDF bis zur SRG) den Gürtel deutlich enger schnallen muss. Zwar werden die Gesamtkosten des ESC zwischen der European Broadcasting Union (EBU), der Host City und dem ORF aufgeteilt. Trotzdem kommen auf den ORF Kosten im zweistelligen Millionenbereich zu, das lässt sich aus den Zahlen der diesjährigen Veranstaltung in Basel schließen. Dort steuerte das Schweizer Fernsehen zu Gesamtkosten von 64 Millionen Euro rund 21 Millionen Euro bei. Vom ORF heißt es dazu, man befinde sich in der Planungsphase und „eine belastbare Summe wird zum gegebenen Zeitpunkt kommuniziert“.
ORF-Beitrag spült jährlich 710 Millionen Euro in die Kassen am Küniglberg
Der Song Contest, den weltweit bis zu 170 Millionen Menschen verfolgen, ist für den ORF jedenfalls eine weitere Belastung – das zeigt der Blick auf die Finanzen. Grundsätzlich finanziert sich der Staatsfunk neben den gesetzlich limitierten Werbeeinnahmen hauptsächlich über den ORF-Beitrag, den er für die Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags erhält. Diese Haushaltsabgabe spült pro Jahr rund 710 Millionen Euro in die Kassen, darüber hinaus gehende Einnahmen wandern auf ein Sperrkonto. Damit der über Jahrzehnte stark aufgeblähte ORF „effizienter und schlanker“ agiert, hat ihm die Politik 2023 ein Sparpaket in der Höhe von 325 Millionen Euro bis 2026 auferlegt.

Die neue Bundesregierung setzte diesen Weg fort und hat den ORF-Beitrag bis 2029 eingefroren. Damit soll eine „Steigerung der Effizienz und Modernisierung der Strukturen und Prozesse zur kontinuierlichen Kostenoptimierung“ erreicht werden. Diese Nicht-Valorisierung zwingt den ORF laut Eigenangabe, zusätzlich zum laufenden Sparpaket einen dreistelligen Millionenbetrag einzusparen. Im Gegenzug erlaubte der Gesetzgeber, dass der ORF zur Weiterführung der Spartenkanäle ORF III, ORF Sport Plus sowie des Radio-Symphonieorchesters auf die Mittel des Sperrkontos zurückgreifen darf.
ORF-Generaldirektor Roland Weißmann spricht vom „größten Sparpaket, mit dem der ORF je konfrontiert war“. Maßnahmen wie Restrukturierungen, Personalabbau, aber auch Sparen beim Programm bis hin zu Kürzungen bei den neun mächtigen Landesstudios sind laut Medienexpert:innen wahrscheinlich, die beliebte Tanz-Show „Dancing Stars“ wird 2026 vorsorglich schon einmal ausgesetzt.
ORF zu ESC: „Vorausschauende und effiziente Planung erforderlich“
Doch wie soll vor diesem Hintergrund der ESC finanziert werden? Woher die Millionen für die Mega-Veranstaltung kommen sollen, ist derzeit (noch) unbekannt. Auf Nachfrage heißt es, der Song Contest werde aus dem laufenden Budget finanziert, wozu selbstverständlich eine „vorausschauende und effiziente Planung erforderlich ist, die auch terminliche Koordination und Abstimmung mit Programmpunkten und Events abseits des ESC beinhalte“.
ORF-Chef Weißmann gestand, im ersten Moment des österreichischen ESC-Sieges „einen Schreckmoment“ gehabt zu haben, mittlerweile spricht er von einer „Riesenchance“. Irgendwo dazwischen dürfte die derzeitige Gemütslage im ORF-Zentrum am Küniglberg liegen.
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