TV-Piraterie 2024: Warum Animes ganz vorn beim illegalen Streaming sind

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Warum gerade die Anime-Szene an Piraterie oft nicht vorbeikommt, hat diese Studie ebenfalls untersucht.

Die weltweite Nutzung von Piraterie-Webseiten bleibt auch im Jahr 2024 ein bedeutender Bestandteil des digitalen Medienkonsums. Das zeigt die aktuelle Studie „Piracy Trends and Insights 2024“ des britischen Analyseunternehmens MUSO, die jüngst veröffentlicht wurde. Demnach verzeichnete MUSO im Kalenderjahr 2024 insgesamt 216,3 Milliarden Besuche auf Websites, die urheberrechtlich geschützte Inhalte ohne Genehmigung bereitstellen. Dies entspricht einem Rückgang von 5,72 Prozent gegenüber dem Vorjahr – allerdings mit deutlichen Unterschieden je nach Medienkategorie.

TV-Piraterie trotz Rückgang weiter dominierend

Mit 96,8 Milliarden Besuchen bleibt TV-Inhalt weiterhin die am stärksten nachgefragte Kategorie in der Onlinepiraterie. Zwar bedeutet dies einen Rückgang um 6,8 Prozent im Vergleich zu 2023, dennoch entfallen 44,6 Prozent des gesamten Piraterie-Traffics auf diesen Bereich. Besonders gefragt sind Serieninhalte, Anime und Live-Sportübertragungen. Allein Anime macht laut MUSO rund 27,8 Prozent des gesamten TV-bezogenen Piraterie-Traffics aus. Gründe dafür liegen unter anderem in verzögerten Lokalisierungen, regionalen Sperren und fragmentierten Streaming-Angeboten.

Publishing-Piraterie auf Wachstumskurs

Einziger Bereich mit einem Anstieg ist die Publishing-Piraterie. Mit 66,4 Milliarden Besuchen legte dieser Sektor um 4,3 Prozent zu. Dabei dominiert Manga mit über 70 Prozent des Publishing-Traffics. Der Trend wird laut MUSO durch die wachsende Nachfrage nach digitaler Literatur, fanübersetzten Inhalten und Web-Fiction befeuert. Auch die zunehmende Verbreitung von Selfpublishing-Angeboten im Netz trage zur Entwicklung bei.

MUSO sieht in diesem Anstieg keinen kurzfristigen Effekt mehr, sondern eine strukturell gewachsene Form der digitalen Nachfrage. Der Trend zur Piraterie in diesem Bereich betrifft nicht nur Schwellenmärkte, sondern auch etablierte Digitalmärkte mit hohem E-Book- und Web-Content-Konsum.

Rückgänge bei Film-, Software- und Musikpiraterie

Film-Piraterie ist im Jahr 2024 deutlich zurückgegangen – um 18 Prozent auf 24,3 Milliarden Besuche. Hauptursachen sind laut MUSO eine geringere Anzahl an großen Filmveröffentlichungen infolge der Streiks in Hollywood sowie der Ausbau legaler, global verfügbarer Streamingoptionen. Auch das Modell gleichzeitiger Kino- und Digitalstarts (Day-and-Date) dürfte zur Verlagerung hin zu legalen Plattformen beigetragen haben.

Ebenfalls rückläufig ist die Software-Piraterie (–2,1 Prozent) mit 14,9 Milliarden Besuchen. Gründe hierfür sind unter anderem der Erfolg cloudbasierter Abonnementsysteme und sicherer App-Ökosysteme. Musik-Piraterie verzeichnet mit einem Rückgang um 18,6 Prozent auf nunmehr 13,9 Milliarden Besuche die stärkste relative Veränderung unter den Kategorien. Lizenzierte Streamingdienste wie Spotify, Apple Music und regionale Alternativen scheinen hier maßgeblich zur legalen Nutzung beigetragen zu haben.

Streaming und Download gleichauf – Zugriff meist direkt oder über Suchmaschinen

In der Auswertung der Zugriffswege zeigt sich, dass Nutzer fast gleich häufig Inhalte streamen (50,4 Prozent) wie herunterladen (49,6 Prozent). Der Großteil der Zugriffe erfolgt direkt (59,7 Prozent), gefolgt von Suchmaschinen (30,4 Prozent). Soziale Netzwerke und andere Verweisseiten spielen eine vergleichsweise geringe Rolle.

USA, Indien und Russland führend bei weltweitem Piraterie-Traffic

Regionale Unterschiede sind bei der Auswertung deutlich erkennbar: Die Vereinigten Staaten führen das Ranking mit 26,7 Milliarden Zugriffen auf Piraterie-Webseiten an, was einem Anteil von rund 12,3 Prozent am weltweiten Traffic entspricht. Dahinter folgen Indien (8,1 Prozent) und Russland (7,1 Prozent). Deutschland liegt mit 5,08 Milliarden Zugriffen auf Platz 12 (2,35 Prozent).

Im Bereich der TV-Piraterie ist das Bild ähnlich: Auch hier liegt die USA vorn, gefolgt von Russland, der Ukraine, Großbritannien und Kanada. Die Analysten weisen ausdrücklich darauf hin, dass TV-Piraterie kein regionales Phänomen sei, sondern fest im globalen Medienkonsum verankert sei.

Piraterie als Spiegel unzureichender legaler Angebote

MUSO versteht die Verbreitung von Piraterie nicht allein als kriminelle Handlung, sondern auch als „Demand Signal“ – als Indikator unbefriedigter Nutzerbedürfnisse. Der anhaltende Trend zur TV- und Publishing-Piraterie wird insbesondere durch fragmentierte Streaming-Angebote, Geo-Blocking und zeitverzögerte Veröffentlichungen befeuert.

In der Filmbranche konnte MUSO zudem mit einem eigenen Modell („Film Piracy ROI Calculator“) die wirtschaftlichen Auswirkungen von Piraterie näher beziffern. Ein exemplarischer Fall aus dem Jahr 2024 zeigt ein potenziell entgangenes Umsatzvolumen von bis zu 440 Millionen US-Dollar – angenommen, alle Piraterie-Zugriffe hätten stattdessen zu legalen Käufen geführt. Selbst eine Teilumwandlung von 10 bis 30 Prozent dieser Besuche in zahlende Nutzer würde demnach signifikanten Mehrwert für Filmstudios generieren.

Piraterie bleibt relevant – und signalisiert Nachholbedarf

Trotz technischer Schutzmaßnahmen, zunehmender Legalangebote und strengerer gesetzlicher Vorgaben bleibt Online-Piraterie ein fester Bestandteil des Medienmarkts. Die MUSO-Analyse für 2024 macht deutlich: Während sich legale Angebote in Film, Musik und Software zunehmend durchsetzen, bleibt bei TV und Publishing erheblicher Nachholbedarf.

Der Erfolg legaler Plattformen hängt dabei nicht allein von der Verfügbarkeit ab, sondern auch von Preisgestaltung, Nutzerfreundlichkeit und internationaler Gleichzeitigkeit. Piraterie zeigt letztlich nicht nur den Rechtsbruch – sondern auch, wo die Bedürfnisse der Nutzer bislang nicht erfüllt wurden.

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Bildquelle:

  • Detektiv Conan: © Gosho Aoyama / Shogakukan, YTV, TMS 1996
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