Buhrow und seine Reformpläne: Die Thesen zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk

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Tom Buhrow WDR © WDR/Herby Sachs
Wagt sich aufgrund recht seiner komfortablen Position des zurückgekommenen Interims-ARD-Vorsitzenden aus der Deckung und spricht viele bislang undenkbare Einschnitte in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, wie wir ihn kennen, an: Tom Buhrow. © WDR/Herby Sachs

WDR-Intendant Tom Buhrow hat in einer Rede mit einigen deutlichen Worten zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk und Ideen für eine Reform für Aufsehen gesorgt.

Buhrow hielt seine Rede am Mittwochabend vor dem Hamburger Übersee-Club. Eine gekürzte Version davon erschien als Gastbeitrag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Unter anderem ruft der WDR-Intendant darin zu einer Richtungsdebatte auf. Gleich zum Auftakt verweist er jedoch darauf, nicht als ARD-Vorsitzender, sondern nur für sich selbst sprechen zu wollen. Einige zentrale Kernthesen und -fragen lassen sich aus dem „FAZ“-Artikel herausfiltern:

Grundsatzdebatte an einem Runden Tisch

Folgt man den Aussagen von Tom Buhrow, dann reichen jüngere Teilreformen, die sich aus dem Skandal im Hause des RBB entsponnen haben, offenbar nicht aus. Der WDR-Intendant fordert stattdessen eine Grundsatzdebatte für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in ganz Deutschland an einem „Runden Tisch“, wie der Rede zu entnehmen ist. Als Ziel nennt Buhrow einen Generationen- und Gesellschaftsvertrag für die Zukunft des Rundfunks. Dabei dürfe es weder Tabus noch Denkverbote geben. In seinen Ausführungen legt Buhrow ausführlich die verfahrene Situation dar, wenn es um Reformpläne geht. „Wann immer wir über eine Reformmaßnahme reden, zieht jeder Lobbyist, jede Gewerkschaft, jeder Interessenverband, jede Landesregierung und jeder Sender einen Zaun um das, was für einen selbst wichtig ist – und fordert oft sogar noch eine Ausweitung“, erklärt Buhrow. Nun plädiert er für eine umfassende, gesamtgesellschaftliche Diskussion in einem großen Zusammenhang, abseits konkurrierender Einzelinteressen.

Buhrow über die Zukunft von ARD und ZDF

Sind zwei lineare öffentlich-rechtliche Sender zu viel?

„Deutschland wird in 20 Jahren nicht mehr alle öffentlich-rechtlichen Sender finanzieren wollen“, so Buhrow. „Will Deutschland weiter parallel zwei bundesweite, lineare Fernsehsender? Wenn nicht: Was heißt das? Soll einer ganz verschwinden und der andere bleiben?“, fragt er an anderer Stelle. Was er hier zur Diskussion stellt, betrifft also nicht nur das bloße Streichen von einzelnen Sendern, auch hinsichtlich der dritten Programme, sondern ebenso mögliche Fusionierungen oder Verlagerungen in Netzangebote, wie seiner Rede zu entnehmen ist. In diesem Zuge verweist er außerdem auf die Bedeutung einer einzigen großen, öffentlich-rechtlichen Mediathek, um gegen andere Streaming-Anbieter bestehen zu können. Nicht zu vergessen: Die lineare Existenz der Spartenprogramme von ARD alpha bis ZDFneo steht ja ohnehin schon im Rahmen der bereits weit gediehenen Reformpläne auf der Kippe (DIGITAL FERNSEHEN berichtete).

Warum so viele Radiowellen?

Ein weiterer Punkt, den Buhrow aufgreift, betrifft die Zahl der Hörfunkwellen. 64 Stück allein in der ARD, betont er, exklusive der der Deutschlandradio-Wellen. Die Frage „Warum gibt es so viele?“ hält Buhrow in seiner Rede für berechtigt, zumal es einiges doppelt gebe. Buhrow spielt damit auf die Existenz mehrerer Klassik-Radios an. Daran anschließend plädiert er für eine Diskussion über ein bundesweites Radioprogramm. Er schlägt etwa dazu vor, die ARD-Audiothek auf den gesamten deutschsprachigen Raum mit zusätzlichen Inhalten vom Österreichischen Rundfunk und Schweizer Rundfunk auszudehnen. Zusätzlich spricht Buhrow auch von einer gewandelten Bedeutung der öffentlich-rechtlichen Orchester. 16 Ensembles unterhalte die ARD insgesamt. Aber: „Wollen die Beitragszahler das?“, fragt er auch in diesem Themenfeld.

„Wenn man den Beitrag reduzieren will, muss man den Umfang unseres Angebots reduzieren.“, fasst er viele seiner Punkte in der Rede vom Mittwoch zusammen. Das würde Konflikte mit Nutzern bedeuten, die dann weniger Angebot haben, und mit denen, die von dessen Produktion leben, erklärt der ARD-Vorsitzende. Buhrow bezieht sich damit auf die Arbeitsplätze, die dann verloren gehen würden.

Die gesamte Rede kann man in gekürzter schriftlicher Form hier nachlesen.

Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung

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  • Tom_Buhrow: © WDR/Herby Sachs

15 Kommentare im Forum

  1. Worte und Taten sind halt ein himmelweiter Unterschied.. Keiner der Verantwortlichen wird an sich oder seines Gleichen Stuhl sägen.
  2. Das ausgerechnet vom völlig überbezahlten Buhrow diese "privaten" Gedankengänge kommen, wundert mich ja. In Wirklichkeit ist das eine Flucht nach vorn. Die Akzeptanz des ÖR lässt dramatisch nach. Es muss eine Reform her, sonst wird sich der ÖR völlig überlebt haben, auch wen sich einige "Besitzstandsbewahrer" und regionale politische Standortinteressen an die alten Zeiten krallen möchten. Buhrow stellt genau die richtigen Fragen die wir hier im Forum schon lange diskutieren und von einzelnen Usern angefeindet werden. Im Endeffekt wird es wirklich nur noch eine Grundversorgung geben können mit Schwerpunkt auf Information, Kultur und teils auch (sinnvoll abgespeckte) Regionalität. Ebenso, ob sich Deutschland als wohl einziges Land mit einem ÖR zwei Anstalten leisten sollte. Wozu? Konzept und Anspruch des ZDF lässt sich auch als Privatsender darstellen. Da ja das ZDF so gut angenommen wird mit seinen X-Krimi-Formaten und Trödelshows unterbrochen mal von einem Quiz, lässt es sich gut und Werbebringend privatisieren. Buhrows Rede wird Auswirkungen haben, da bin ich mir sicher. Wenn nicht, dann wird der ÖR über kurz oder lang keine Zukunft haben. Denn die jetzige Jugend und neue Generation sieht in ihm keine Notwendigkeit. Und das wäre auch schade.
  3. Lass' mich raten: Die ZDF-Inhalte interessieren dich nicht, also können sie auch mit jeder Menge Werbung gezeigt werden? Nenn' mir ein Land, in dem das öffentlich-rechtliche Angebot tatsächlich ausschließlich aus Information, Kultur (was auch immer darunter zu verstehen ist) und einem rudimentären Regionalteil besteht.
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