Steckt das lineare Fernsehen in der Krise?

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Das Internet hat nicht nur das Informationszeitalter eingeläutet, es macht auch den bestehenden Medien Konkurrenz.

Während das Radio seine Nische in Autos und Küchen gefunden hat, scheint das lineare Fernsehen immer seltener genutzt zu werden – gar von einer „Krise“ ist die Rede. Doch gibt es sie tatsächlich oder verändern sich lediglich die Zuschauergewohnheiten? Zeit für eine Bestandsaufnahme.
 
Machen Streaming-Dienste das Fernsehen überflüssig?
Warum sollte man sich auf das vorgegebene Abendprogramm beschränken, wenn man dank Streaming-Diensten selbst bestimmen kann, was man wann sieht? Warum bis zur Tagessschau warten, wenn man aktuelle News jederzeit auf der Website der Tagesschau abrufen kann? Die Selbstbestimmtheit, die das Internet ermöglicht, bedroht das lineare Fernsehen mit seinem fixen Programm. Ob Filme und Serien oder Nachrichten und Wettervorhersage: Nahezu alle Fernsehformate gibt es auch im Online-Abruf. Sogar die aktuellen Lottozahlen und die Höhe des Jackpots bei allen Spielen stehen im Internet und Sportevents werden inzwischen von Anbietern wie DAZN live im Internet gestreamt. Deren Angebot ist nicht mehr auf Nischensportarten beschränkt: So konnte sich DAZN kürzlich die Rechte an der Fußball Europa League sichern (DF berichtete).

Fernsehkonsum im Durchschnitt leicht gestiegen
Die Möglichkeiten, die das Internet bietet, machen das klassische lineare Fernsehen überflüssig, so der Eindruck. Überraschenderweise deutet der durchschnittliche Fernsehkonsum eher auf das Gegenteil hin: Er ist seit 2010 weitgehend konstant geblieben, 2016 sahen die Deutschen pro Tag durchschnittlich 223 Minuten fern. Das ist sogar etwas mehr als vor zehn Jahren: 2006 – als Smartphones und schnelles Internet weniger verbreitet waren und Streaming kaum ein Thema war – betrug die tägliche Fernsehdauer 212 Minuten.
 
Jüngere bevorzugen das Internet
Diese Zahlen berücksichtigen allerdings nicht die Altersklassen. Denn Streaming-Dienste bevorzugen vor allem die Jüngeren, so die Ergebnisse dieser Studie der Hochschule Fresenius und des Wissenschaftliches Instituts für Infrastruktur und Kommunikationsdienste (WIK): Zwei Drittel der 18- bis 24-Jährigen gaben an, nur selten lineares Fernsehen zu sehen, sie nutzen stattdessen Streaming-Dienste. In derselben Altersgruppe stieg auch der Anteil derjenigen, die ausschließlich Onlinemedien konsumieren: von 21 Prozent im Jahr 2015 auf 28 Prozent im Jahr 2016. Andere Studien bestätigen diesen Trend. Laut einer Auswertung des NDR, der dafür die Daten mehrerer Studien heranzog, nutzt die Altersgruppe der 14- bis 29-Jährigen das Internet täglich mehr als doppelt so lange wie das lineare Fernsehen – 245 Minuten Internetnutzung vs. 119 Minuten Fernsehen. Sogar der Hörfunk ist in dieser Altersgruppe beliebter als das Fernsehen – mit im Durchschnitt 131 Minuten täglich.
 
Selbstständige Programmzusammenstellung ist anstrengend
Doch selbst diese Zahlen sind kein Indiz dafür, dass das Fernsehen bald verschwinden würde: Denn der Anteil der Nutzer, die ausschließlich das klassische Fernsehen nutzen, ist laut der oben genannten Studie ebenfalls gestiegen. 2015 nutzten nur 10 Prozent der 18- bis 24-Jährigen ausschließlich das Fernsehen, 2016 waren es 14 Prozent. Vor allem ein Aspekt scheint für die Zukunft des linearen Fernsehens zu sprechen: Die selbstständige Auswahl bei der enormen Anzahl an Filmen und Serien empfinden viele Nutzer von Streaming-Diensten als lästig – selbst in der jungen Zielgruppe. „Suchen ist anstrengend“ und „manch einer lässt sich lieber berieseln“ – so die Schlussfolgerung von Anna Schneider, einer Autorin der Studie in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Hinzu kommt, dass ein klassisches Durchzappen bei Amazon, Netflix und Co. kaum möglich ist, da die Filmauswahl auf einem Empfehlungssystem basiert.
 
TV-Sender bauen Online-Angebot aus
Offensichtlich haben die Fernsehanstalten sowohl die Jüngeren als Zielgruppe als auch die Chancen des Internets entdeckt. Denn statt crossmediale Angebote (etwa passende Apps zur Sendung) zu entwickeln, bauen sie ihr Online-Angebot aus. Die Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Sender werden mittlerweile von Millionen Nutzern genutzt. Schätzungen des WIK auf Basis repräsentativer Umfragen gehen davon aus, dass die Online-Angebote von ARD (10,3 Mio.) und ZDF (10,6 Mio.) sogar mehr Nutzer haben als Amazon Instant Video (9,7 Mio. Nutzer) und Netflix (4,9 Mio. Nutzer). So scheint die Nische des linearen Fernsehens in einer unkomplizierten und bequemen Erweiterung des Online-Angebots zu liegen. Es gibt jedenfalls keinen Grund, einen Abgesang auf das Fernsehen anzustimmen.
 [fp]

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  • Medien_Maerkte_Artikelbild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com

33 Kommentare im Forum

  1. Für mich wieder ein typischer Clickbait-Artikel. Ist wie wenn man "Steht 'House of Cards' vor dem Aus?" schreiben würde, im Artikel man aber davon nichts liest, weil man es nicht weiß, sondern nur das Kevin Spacey sich als schwul geoutet hat und der wohlmöglich vor 30 Jahren einen 14-jährigen Jungen sexuell belästigt haben soll.
  2. Vor allem fehlt mir hier was "Fernsehkonsum" wirklich bedeutet. Ich stelle zunehmend fest, sowohl bei mir selbst, als auch bei anderen, dass ich wenn das lineare Fernsehen läuft, immer noch das Tablet dabei in der Hand habe, oder das Notebook. Lineares Fernsehen ist eine Nebensache geworden. Wenn ich hingegen die neuesten Folgen von Stranger Things oder Star Trek Discovery schaue, dann wird der Raum abgedunkelt und das Telefon stumm geschaltet, so wie früher bei Filmabenden von Bluray oder DVD. Das Fernsehen mag auch schonmal laufen, wenn ich nebenbei putze, koche oder aufräume, das lohnt sich vor allem seit ich mein Multiroom Speaker System habe, welches den Fernsehton in alle Räume tragen kann. So läuft schonmal eine Doku nebenbei, oder die Nachrichten. Dem linearen Fernsehen heute eine unveränderte Bedeutung beizumessen, halte ich für etwas kurzsichtig.
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