Streit: Guru-Sender auf Kika-Frequenz

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Leipzig/München/Wien – Klingt unglaublich, ist aber wahr: Analog über Satellit sendet der esoterische Call-in-Sender „Kanal Telemedial“ auf der Frequenz des öffentlich-rechtlichen Kindersenders Kika.

Wenn ab 21 Uhr die TV-Helden der Kinderzimmer schlafen gehen darf der umstrittene TV-Macher Thomas Hornauer mit seinem Call-in-Programm auf Sendung. Dabei bietet er über 1,99 Euro teure Telefonnummern esoterische Lebensberatung, Horoskope und Kartenleger an.
 
Und dabei nutzt er gern auch schon einmal die „lieben Kinder, die noch vom Kinderkanal hier sind“, um vor dem Schlafengehen „mal die Mama an den Sender“ zuholen und ihr zu sagen: „Hey du, auf Kanal Telemedial gibt’s was Neues, da ischt ein neuer Onkel.“ Hornauer ist bei den deutschen Medienwächtern eine zutiefst umstrittene Person, bereits 2005 hat man ihm die TV-Lizenz für sein damaliges Programm BTV4U entzogen.
 
Der Kinderkanal selbst hat laut Angaben der „Frankfurter Rundschau“ (FR) bei Hornauer um einen Wechsel der Frequenz gebeten, offensichtlich ohne Erfolg. Der Kika verweist dabei auf zahlreiche Beschwerden von Zuschauern, die sich „unwohl“ fühlten. „Doch Kika ist auch nur Mieter“, erklärte die Sendersprecherin gegenüber der „FR“ und verwies auf den Satellitenbetreiber SES Astra.
 
Astra selbst räumte zwar das Problem ein, sieht nach Informationen nach Nachfrage von DG jedoch keine andere Möglichkeit, da die analogen Kapazität vollständig besetzt sind. Als Lösung schlägt die Astra-Sprecherin dem Kika vor, eine Sendepause als Trenner nach dem eigenen Programm laufen zu lassen. Kanal Telemedial wollte sich am Montag trotz mehrfachen Versuchs einer DF-Anfrage nicht stellen.
 
Für deutsche Medienwächtern ist der mittlerweile mit einer österreichischen Lizenz sendende Hornauer ein rotes Tuch. Zuletzt hatte sich der bei den deutschen Medienwächtern für Programm-Verstöße zuständige Norbert Schneider in deutlichen Worten über die Praktiken von Kanal Telemedial beschwert. Dabei entgrenzte er sich über die hohen Geldzahlungen, die Hornauer seinem Publikum anrät. Per Anruf auf einer derzeit zehn Euro teuren Hotline sollen die Zuschauer für den Sender spenden, Hornauer nennt dies gewohnt nebulös einen „materiell-spirituellen Energieausgleich“. „Geld dafür zu nehmen, dass Energien über den Bildschirm übertragen werden, stellt alles in den Schatten, was es bisher gegeben hat“, wetterte Schneider. „Der Eindruck drängt sich auf, dass Zuschauer hier für dubiose Angebote regelrecht ausgenommen werden.“
 
Und auch die österreichischen Medienwächter der Komm Austria haben mittlerweile ihre Probleme mit Hornauer. Zuletzt mussten sie den dubiosen TV-Manager, der mit Sex-Hotlines und -Videos Millionen gescheffelt hatte, vermahnen. Einer seiner Moderatoren hatte die Darmbeschwerden einer Anruferin mit „Engelenergien“ heilen wollen. Dabei wurde laut der Anschein erweckt, dass die telefonische Beratung eine ärztliche Behandlung ersetzen kann.
 
Am Montag deckte DIGITAL FERNSEHEN eine Datenschutzlücke bei Kanal Digital auf. Aus bisher noch nicht geklärter Ursache soll über Stunden hinweg eine umfangreiche Datei mit Kundendaten frei im Internet zugänglich gewesen sein. Die DF vorliegende Datei enthält Name und Telefonnummer, teilweise auch Adressen von Kunden, die mit früheren Hornauer-Unternehmen im Kontakt standen. Bisher steht eine Stellungnahme des TV-Gurus aus. [lf]

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28 Kommentare im Forum

  1. AW: Streit: Guru-Sender auf Kika-Frequenz Die FR ist sicher nicht die einzige Quelle für diesen Text. Eine ganze Reihe von Zitaten kenne ich auch aus der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (Stefan Niggemeier) und aus weiteren Veröffentlichungen. Deshalb wäre es nur fair, auch hier die Quellen zu nennen. So was nennt man "journalistische Sorgfaltspflicht" ...
  2. "Doch Kika sein auch nur Mieter" und tut die Kinders gut deutsch lernen. Nächste Woche tun die ne Sendung für Redaktöre machn. Gruß Thomas PS: Redaktöre schreibt man inzwischen wirklich so, oder? Grausam
  3. AW: "Doch Kika sein auch nur Mieter" Mensch, bleib doch mal locker! Das "sein" hier ist ja wirklich nur ein Tippfehler im Gegensatz zu der von Dir behaupteten grammatikalischen Unkenntnis. Und Tippfehler passieren online immer wieder, wobei ich feststellen muss, dass auch die Papierausgaben diverser Tageszeitungen vermehrt Tippfehler enthalten. Gruß BoxIt
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