Absurde Anti-Corona-Warn-App aus AfD-Kreisen

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Hacker Überwachung; © Maksim Kabakou - stock.adobe.com
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Die Corona-Warn-App der Bundesregierung trat eine große Debatte um Datenschutz los. Noch immer gibt es Kritiker – wie ein AfD-Politiker, der ein Gegeninstrument auf den Markt gebracht hat. Die „Späher App“ funktioniert kaum und macht im Zweifel ihrem Namen weitaus mehr Ehre als das angebliche Überwachungsinstrument der Bundesregierung.

Lange ließ die Corona-Warn-App der Bundesregierung auf sich warten. Grund waren Bedenken von Datenschützern bezüglich der ursprünglichen Idee, die Daten zentral zu sammeln. Nach dem Umschwenken zum dezentralen Ansatz bescheinigten auch Experten der Warn-App einen vorbildlichen Umgang mit dem Datenschutz – selbst der Chaos Computer Club. Trotzdem gibt es mancherorts noch Zweifel, allen voran in den Reihen der AfD. So sah der stellvertretende Parteivorsitzende Stephan Brandner in der App vor ihrer Veröffentlichung eine „Datenkrake“, mit der die Nutzer zu gläsernen Menschen würden.

Auch den stellvertretenden AfD-Fraktionsvorsitzenden Peter Felser sorgt die angebliche Überwachungs-App. Also ließ er über seinen App-Verlag eine Anti-Corona-Warn-App entwickeln, die jetzt im Playstore für Android verfügbar ist. Die „Späher App“ scannt die Umgebung nach Bluetooth Low Energy (BLE)-Sendern und verfolgt die Anzahl der Kontakte. Dadurch sollen Geräte mit installierter Corona-Warn-App in der Nähe geortet und sogar deren Entfernung zum eigenen Standort angezeigt werden.

Peter Felser will damit anscheinend verdeutlichen, dass mit der Corona-Warn-App eben doch personenbezogene Daten ermittelt werden können. Der Digital-Experte Henning Tillmann widerlegt das jedoch im Gespräch mit dem „Business Insider“. Denn einfach nur zu wissen, wie viele Geräte in der Nähe sind, sage nicht viel aus. Personenbezogene Daten ließen sich so nicht erfassen. Auch eine Nachverfolgung sei ausgeschlossen. Denn die Kurzschlüssel der Corona-App würden sich alle 15 Minuten ändern.

Das Konzept der Späher-App ist auch alles andere als neu. Bluetooth-Mapper gibt es schon lange auf dem Markt, und das sogar kostenlos. Anders die Späher-App, für die man 1,19 Euro löhnen muss. Doch die Scanner erkennen nicht nur Smartphones mit der Corona-App, sondern auch generell Handys und andere Geräte mit eingeschaltetem Blueetooth, etwa Kopfhörer, Fitnessarmbänder und Lautsprecher. Dieses Problem haben auch viele User der Späher-App. Anderen werden Geräte nicht angezeigt, obwohl diese die Corona-Warn-App installiert haben. Zuverlässig ist etwas anderes. Entsprechend fallen die Bewertungen im Playstore überwiegend negativ aus.

Doch das ist nicht der einzige kritische Punkt: Während die App der Bundesregierung ausdrücklich nicht auf Standortdaten zugreifen kann, nutzen BLE-Mapper zwangsläufig diese Daten, um zu funktionieren. Die Späher-App kann also ihre Nutzer viel mehr ausspähen als ihr erklärter Feind. Wie Peter Felser dem „Business Insider“ gegenüber erläuterte, „lehnen viele Menschen eine Überwachungs-App ab und wollen wissen, wann und wo sie damit in Berührung kommen.“ Die Späher-App zeugt mal wieder von zu kurz gedachtem Populismus: Wenn man aus Angst davor, von einer App auf fremden Geräten ausspioniert zu werden, eine Anwendung anbietet, die im Zweifelsfall viel eher das Potential zur Überwachung hat, spricht das Bände.

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  • Hacker: © Maksim Kabakou - stock.adobe.com

119 Kommentare im Forum

  1. "Pokemon-Suchen" für Rechtsaußen... Mir würde schon ein wenig mulmig werden, wenn da eine Gruppe stiernackiger Glatzköpfe in Pokemon-Sucher-Art auf ihre Smartphones starrt und dann auf mich zeigt ...
  2. Und was hat das mit der AfD zu tun? Klar wählen ein paar von diesen auch äußerlich zu erkennenden Hohlbirnen ebenfalls die "Alternative". Aber wie sieht die Mehrheit der AfD-Gefolgschaft in meiner Heimat aus? Sie ist Zahnarzt oder Augenarzt, Anwalt oder Staatsanwalt, Rundfunkhändler, Handwerksmeister oder Zeitungsverleger, fährt Vorstadtpanzer, hat Eigenheim mit Pool für die Tochter oder die Enkelin, ist überaus wohlhabend, hat "ausgesorgt" (ok, der Rundfunkhändler vielleicht nicht, da gehts kaum noch einem finanziell gut und das schon seit Jahren). Kurz: in meiner Heimatregion sind über 30% der ganz "normalen" Bevölkerung "dabei". Dazu passen auch die offiziell in Universitätsstudie erhobenen Zahlen zum Zustand der Bevölkerung: 25% Rechtsextreme, 50% Nazis. Tendenz jeweils steigend. Hat die Konsequenz, dass ich, wenn ich auf Heimatbesuch bin, kaum noch soziale Kontakte habe und auch gar keine neuen knüpfen will, weil das Risiko, wieder voll "reinzugreifen", einfach zu hoch ist. Jeder dritte, den man trifft, ... ich halte mich deswegen deutlich lieber in anständigeren und zukunftsfähigeren Regionen auf.
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