Die große Telekommunikations-Reform der EU

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Neuerungen für audiovisuelle Medien

Fünf Richtlinien umfasst das Reformpaket der Europäischen Union für den Telekommunikationsmarkt, das Ende November nach zähen Verhandlungen endgültig verabschiedet wurde. Vieles wurde den Entwicklungen in der Telekommunikation und dem Rundfunk angepasst. Dennoch bleiben Fragen offen. Es scheint, als hätte sich Brüssel eine Sisyphosarbeit auferlegt.

Bereits im Sommer 2009 schien eine Verabschiedung des Reformpakets zum Greifen nahe, doch EU-Rat und EU-Parlament waren in einem Punkt uneins. Das Parlament wollte einer staatlich verordneten Internetsperre bei Urheberrechtsverletzungen nicht zustimmen, wenn nicht ein Passus aufgenommen wird, nach dem die Einschränkung von Grundrechten und Freiheiten des Endverbrauchers ohne vorherigen Gerichtsbeschluss unzulässig ist.
 
Der Rat lehnte diesen Passus ab und auch ein erster Kompromiss wurde vom Parlament nicht mitgetragen. So konnte das Telekom-Paket erst Ende November verabschiedet werden. Für Aufsehen sorgten die Reformbestrebungen der EU insbesondere im Bereich der Frequenzvergabe.
 
Sowohl der Gedanke der Vergemeinschaftung der Frequenzpolitik sowie der angestrebte Frequenzhandel stießen auf Kritik der Mitgliedsstaaten, die die Sonderrolle des Rundfunks bedroht sahen. Die Regelungen sehen nun von der EU-Kommission noch näher zu bestimmende Frequenzbänder vor, die für den Handel freigegeben werden, wobei lediglich die Mitgliedsstaaten entscheiden können, ob dazu auch die Bänder gehören, in denen Rundfunk verbreitet wird.
 
Auch wenn nun die EU die Frequenzverwaltung in die Hände ihrer Mitglieder legt, so verfolgt sie doch weiterhin eine Harmonisierung, indem die Mitgliedsstaaten verpflichtet werden, sich untereinander und mit der Kommission hinsichtlich der geplanten Funkfrequenznutzung abzustimmen. Im Leitbild für eine effiziente Funkfrequenznutzung legt die EU ferner fest, dass der Rundfunk nicht nur Wirtschafts-, sondern auch Kulturgut ist und festigt somit dessen Position.
 
Für weniger Wirbel sorgte das Bestreben der EU für eine technologieneutrale Regulierung. Eine Förderung spezifischer Dienste ist dennoch möglich. Als Beispiel eines zu fördernden Dienstes wird im Telekom-Paket ausdrücklich das digitale Fernsehen genannt. Die Technologieneutralität endet auch dort, wo Technologien zu Interferenzen oder Gesundheitsschäden führen können. Die Dienstneutralität kann dann beschränkt werden, wenn ein allgemeines Interesse besteht.
 
In diesem Zusammenhang wird wiederum der Rundfunk explizit als Beispiel erwähnt. Vielen Rundfunkanbietern und Sendenetzbetreibern boten die vorherigen Formulierungen zu viel Interpretationsspielraum. Im verabschiedeten Text ist dem Rundfunk die Primärnutzung sicher.

Pflicht zur Interoperabilität

Der neue TK-Rechtsrahmen enthält nicht nur die Aufforderung an die EU-Mitgliedsstaaten, durch eine Harmonisierung der Frequenznutzung deren effizienten Einsatz sicherzustellen, sondern dadurch auch Vorteile für den Verbraucher zu erzielen. Dazu zählt die EU insbesondere die Interoperabilität der Kommunikationsdienste. Hierzu erhalten die nationalen Regulierungsbehörden die Möglichkeit, Diensteanbieter zur Herstellung der Interoperabilität zu verpflichten.
 
Aus dem ganz besonderen Zwist zwischen Brüssel und Berlin, den Zugang Dritter zum VDSL-Netz der Deutschen Telekom betreffend, geht Deutschland als Verlierer hervor. Auch im neuen TK-Rechtsrahmen wird es keine sogenannten „Regulierungsferien“ geben.
 
Das Investitionsrisiko, welches das Unternehmen trägt, das eine neue Infrastruktur schafft, darf sich aber in den Berechnungen der Kosten für die Zugangsgewährung an Dritte gebührend widerspiegeln, wie es heißt. Zudem soll der nationale Regulierer auf Wettbewerbswahrung und Diskriminierungsfreiheit achten.

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