
Das ZDF-Montagskino hat heute wieder eine Free-TV-Premiere im Gepäck: Die Erotikkomödie „Meine Stunden mit Leo“ zeigt nicht nur eine grandiose Emma Thompson, sondern besticht auch als warmherziges Kammerspiel.
Hauptdarstellerin Emma Thompson („Eine zauberhafte Nanny“) sagte über „Meine Stunden mit Leo“, es sei ein Film von einer Frau für Frauen und damit hat sie zweifellos recht. Im positiven Sinne lässt sich das erweitern, denn auch als Mann kann man diesem gleichsam witzig wie feinfühlig geschriebenen Zwei-Personen-Drama vieles abgewinnen.
„Meine Stunden mit Leo“ ist heute, am 28. Juli, um 22.15 Uhr im linearen ZDF-Programm zu sehen. Danach kann der Film einen Monat lang auf zdf.de gestreamt werden.
Noch nie einen Orgasmus gehabt
Thompson spielt die 55-jährige Nancy – eine pensionierte Religionslehrerin und Mutter zweier erwachsener Kinder, die vor wenigen Jahren ihren Ehemann beerdigen musste. Ein Sexleben kennt Nancy quasi nicht. Wenn ihr Mann in routinierter Eintönigkeit über sie drüber huschte, musste sie stets ihre Befriedigung vortäuschen. Wie sich ein richtiger Orgasmus anfühlt, hat sie noch nie erfahren, nicht einmal für sich alleine. Um wenigstens ein einziges Mal so etwas wie sexuelle Erfüllung zu spüren, hat Nancy nach langem Hadern den circa 30 Jahre jüngeren Sexarbeiter Leo Grande (Daryl McCormack) gebucht. Die beiden treffen sich in einem unscheinbaren Londoner Hotelzimmer.

Der Film startet direkt mit Nancy in jenem Hotelzimmer. Es dauert keine drei Sekunden, da klopft es schon und Nancy öffnet in heilloser Nervosität die Tür. Emma Thompson spielt diese Rolle vom ersten Augenblick an großartig, vermittelt gleichsam die Unsicherheit, die zu lange unterdrückte Leidenschaft, aber auch die ungeklärten eigenen Erwartungen und über Jahrzehnte verfestigten Hemmungen. Thompsons Mimik und Gestik sprechen Bände. Auch Darsteller Daryl McCormack überzeugt mit seinem sensitiven Spiel.
Let‘s laugh about sex
Regisseurin Sophie Hyde und McCormack tauschten sich in Vorbereitung mit echten Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern aus. Dabei ist ein erzählerisch pointiertes Kammerspiel entstanden, das fast ausschließlich in jenem Hotelzimmer verweilt. „Meine Stunden mit Leo“ baut in blitzartiger Geschwindigkeit eine intime Verbindung zu den beiden Hautpfiguren auf. Das fußt nicht unwesentlich auf dem lebendig gespielten Humor.
In gleichem Zuge zeigt der Film ein tiefes Verständnis für die inneren Sehnsüchte und Sorgen seiner Charaktere. So ergibt sich ein wunderbares Wechselspiel zwischen Innigkeit, zart wachsender Intimität und herzhaften Lachern. Die Dialoge stehen klar im Vordergrund, damit sich die Erzählung auf das ungewöhnliche Aufeinandertreffen zweier sehr verschiedener Lebenswelten fokussieren kann, denn hier steht einiges mehr im Raum als der bloße Sex.
Montagskino Zum Wohl- und Mitfühlen

Der Film möchte mit vielen Vorurteilen aufräumen, seien es festgefahrene Moralvorstellungen, stereotype Rollenbilder oder scheinbar klaffende Abgründe zwischen den Generationen. Das Schöne dabei: Im Mittelpunkt stehen nicht die Unterschiede, sondern das, was uns alle verbindet und sich im Kern in den gleichen Bedürfnissen und Sehnsüchten ausdrückt. Dazu gesellt sich eine feministisch gesinnte Botschaft, die sich für die Selbstliebe ausspricht und insbesondere dafür, als Frau den männlichen Blick auf den weiblichen Körper mit seinen realitätsfernen Idealbildern abzustreifen.
Von seiner Grundstimmung her bleibt „Meine Stunden mit Leo“ stets ein angenehmer Wohlfühlfilm, der dankenswerter Weise jeglichen Kitsch und tückische Verallgemeinerungen vermeidet. Der verspielte und leichtfüßige Soundtrack trägt viel zu dieser entspannten Atmosphäre bei. Das Ende wirkt zwar etwas zugeschnitten und besitzt vielleicht nicht die mitreißende Kammerdynamik der ersten Filmstunde, liefert dafür aber einen wunderbar versöhnlichen und warmfühligen Abschluss.
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