
Als rhythmisch-beschwingte Zeitreise ins Italien der 1980er und 90er Jahre, erzählt „Diva Futura“ ein ungezwungenes Erotik-Drama mit guten, schauspielerischen Leistungen. Allerdings teilt sich der Fokus der Handlung durch fünf.
„Diva Futura“ handelt in seiner episodischen Erzählung von der italienische Pornoindustrie in den 1980er und 90er Jahren. Hauptsächlich steht das Eheleben zwischen Riccardo und Eva im Zentrum der Geschichte, sowie die Lungenkrebserkrankung von Moana Pozzi. Der Hauptteil der Handlung spielt zu einer Zeit, in der die öffentliche Repression durch den prüden Teil der italienischen Gesellschaft ein Ende fand.
Zum einen steht der Gründer von Diva Futura Riccardo Schicchi im Vordergrund, welcher die Erotik-Agentur 1983 ins Leben rief. An seiner Seite gesellt sich die Porno-Ikone Ilona Staller, mit der Riccardo bereits in den frühen 70er Jahren eine Radiosendung auf die Beine stellte. Staller gründete gemeinsam mit ihrer Kollegin Moana Pozzi – die dritte Hauptfigur – 1991 die „Partei der Liebe“, welche aber ’93 nicht ins italienische Parlament gewählt wurde. Frau Pozzi war auch der Grund für Disney ihr „Moana“-Franchise europaweit in „Vaiana“ umzubenennen, um keine allzu deutlichen Assoziationen aufkommen zu lassen. Die freizügige Politikerin ist zur Zeit auch der Mittelpunkt einer italienischen Miniserie auf Netflix mit dem Titel „Supersex“.
Als vierte Person im Kader dürfen wir Riccardos Sekretärin Debora Attanasio begrüßen. In der Funktion als Schicchis Ghostwriterin verfasste sie den Roman, auf den dieser Film basiert. Last but not least ist da auch noch Eva Henger; ebenfalls Erotik-Darstellerin und Riccardo Schicchis spätere Gemahlin.

Italian Boogie Nights
Im Stile von Paul Thomas Anderson und Martin Scorsese verwandelt Regisseurin Guilia Louise Steigerwalt die historischen Zusammenhänge beinahe in eine zweistündige Montage, mit den größten Hits der 80er, 90er … aber nicht von heute. Stets bleibt das Tempo hoch, gelöst von einigen, dramatischen Szenen. Der authentische Part der Inszenierung wird mit der Hilfe von historischen Interview-Aufnahmen auf die Leinwand gebannt. Eine Vorgehensweise, die schon Ben Affleck in „Argo“ (2012) gute Dienste geleistet hat.
Das Geschehen findet „Diva Futura“ zumeist in linearer Form statt. Hier ist kein Christopher Nolan zugegen, der sich seinen DeLorean schnappt und zwischen den Zeitebenen hin und her reist. Und doch werden einige Storylines in der historischen Chronologie vor den anderen erzählt oder zusammengefasst – wahrscheinlich der Dramaturgie zuliebe; schließlich wollen drei Zeitebenen und fünf Charaktere gleichsam bedient werden.
Kräftige Farben packen die Vergangenheit in ein kunterbuntes Licht. Diese Strahlen werden nur allzu oft durch die Augen einer rosaroten Sonnenbrille gesehen. Bei dieser Stimmung darf auch eine leichte Tonlage nicht fehlen: Trotz des zuweilen ernsthaften Themas schleichen sich einige kleine, humorvolle Szenen – die zum Teil wirklich gelungen sind – in die Handlung mit ein.

Feminismus meets Pornographie
Die vorliegenden Nacktszenen von „Diva Futura“ sind im deutschen Raum größtenteils harmlos, aber der angedeutete Sex erhöht die Altersfreigabe auf FSK 16. Und damit wäre eines der Themen im Film aufgegriffen, was den Unterschied zwischen Erotik und harter Pornographie behandelt. Riccardo Schicchi – im Film als feministischer Geschäftsmann repräsentiert, den die Frauen vertrauen – wird als gebrandmarktes Kind in die Handlung eingeführt, das in der Schule von seinen Mitschülern oft gehänselt wurde. Von der Aggression der männlichen Klassenkameraden abgestoßen, widmete Riccardo seine ganze Aufmerksamkeit von nun an allein dem weiblichem Geschlecht. Er sieht in seiner Arbeit die Selbstverwirklichungen von Frauen.
Außerhalb von Riccardo finden sich in dieser Geschichte kaum positive Männerfiguren. Die anderen Pornografen sind allesamt Widerlinge, bei denen die Darstellerinnen während der Dreharbeiten leiden. Ob nun Herr Schicchi wirklich so ein Heiliger war – in einer Branche, in der es dauerhaft zu Vergewaltigungsvorwürfen kommt – steht auf einen anderen Blatt. 2011 wurde Schicchi für kurze Zeit wegen illegaler Prostitution in den Clubs der Diva Futura in Haft genommen. Nicht lange danach verstarb der Firmengründer am 9. Dezember 2012.
Schon ab dem 06. November ist der Film auf Prime Video digital zu erwerben.

Auch interessant:
Bildquelle:
- DIVA-FUTURA-web45: Busch Media Group | CC BY 2.0
- DIVA-FUTURA-web20: Busch Media Group | CC BY 2.0