Fortsetzung von „Andere Eltern“ im ZDF

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Veronica Ferres in "Andere Eltern - 1. Klasse"
Foto: ZDF/ Frank Dicks

Lehrermangel? Kein Problem – dann lehren Mama und Papa selbst. Die Impro-Comedy «Andere Eltern» mit Veronica Ferres erzählt von Erziehungswahn, elterlichen Machtfantasien und auch Pferde-Erbgut.

Es gibt Ereignisse im Leben, über die man mehr hört und liest, als man je erleben möchte. Ein Elternabend gehört dazu. Kaum ein schulischer Termin ist so umrankt von kolportierten Schauergeschichten über Eltern, die einen informativen Austausch über den Wandertag mal eben zu einer Grundsatzdiskussion über die richtige Weltanschauung hocheskalieren.

Im Film „Andere Eltern – Die 1. Klasse“, der am Donnerstag um 20.15 Uhr (24. Juli, 20.15 Uhr) im ZDF zu sehen ist, wird dieses Grauen potenziert, denn dort ist sozusagen immer Elternabend. Die Komödie erzählt von einer Clique Großstadt-Eltern, die sich in eine schlingernde Grundschule mehr oder weniger einkaufen: im Gegenzug für eine großzügige Geldspende dürfen sie ganzjährig und ganz direkt bei Didaktik, Stundenplan und Theater-AG mitreden. Kurzerhand unterrichten sie selbst – trotz fehlender pädagogischer Ausbildung.

Veronica Ferres als genervte Direktorin

Dass das tendenziell keine gute Idee ist, liegt nahe. Auch Schauspiel-Star Veronica Ferres (60, „Das Superweib“) sieht das so – sie spielt in der Komödie die entnervte Schuldirektorin. „Ich glaube, als Eltern ist man zu emotional involviert, um objektiv und entspannt zu unterrichten“, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. „Ich bewundere jede Mutter und jeden Vater, die das im Homeschooling durchgezogen haben!“

Der Stoff ist interessant, die Entstehungsgeschichte der Komödie aber auch. Manch einer wird sich womöglich an zwei hochgelobte Staffeln der Serie „Andere Eltern“ des Senders TNT Comedy (heute: Warner TV Comedy) erinnern, die im Free-TV bei ZDFneo liefen. Schon darin wurde das Milieu der sogenannten Helikopter-Eltern ausgeleuchtet, die sich anmaßen, alles besser zu wissen als pädagogische Fachkräfte. Zunächst ging es um eine Kita. Der Film knüpft an diese Erzählung an. Nun ist die Schule dran.

Zudem arbeiteten die Schauspieler in „Andere Eltern – Die 1. Klasse“ ohne Drehbuch. Sie improvisierten. Das passt zum Stil des Films, der als sogenannte Mockumentary angelegt ist: Doku-Optik, erfundener Inhalt.

„Es war ein bisschen wie Theater – nur mit Kamera“, sagt Veronica Ferres. „Wir kannten die groben Szenenideen, aber es gab keine festgelegten Dialoge. Man kommt ans Set, bekommt die Situation erklärt – und dann geht’s los.“ Vorbereiten könne man sich auf diesen Job nur bedingt.

Gendern als Erziehungsauftrag

Umso erstaunlicher ist, wie gut Regisseur Lutz Heineking jr. und das Ensemble die Befindlichkeiten, Sprachcodes und Missverständnisse der Eltern-Szene treffen, die sie zeigen wollen. Gleich zu Beginn sagt Vater Jannos (Jasin Challah) zum Beispiel zwei Sätze, die man exakt so auf großstädtischen Spielplätzen viele Male gehört hat. Der erste lautet: „In erster Linie haben wir uns sehr, sehr viele Schulen angeschaut.“ Der zweite: „Wir haben unsere Wunschschulen nicht bekommen.“

Gezeigt werden Eltern, die ihre eigene Sinnsuche auf die Schullaufbahn ihrer Kinder projizieren. Ernährung, Klima, Achtsamkeit – alles wird irgendwie mit in die Schule gebracht. Vater Jannos erklärt etwa, dass seine Aufgabe hauptsächlich darin bestehe, den Kindern das Gendern beizubringen: „Gendern steht im Vordergrund.“ Krampfhaft ist er bemüht, der vielfach eingeforderte moderne Mann zu sein – wirkt dabei aber massiv verunsichert. 

Als Gegenpol gibt es einen altgedienten Lehrer mit dem Namen Walter Kleefisch, stilecht im speckigen Leder-Sakko. Gespielt wird er von Henning Krautmacher, der einst Sänger der Band „Höhner“ war – einer Institution im Kölner Karneval. Schon dadurch strahlt die Figur eine gewisse Resistenz gegen neumodischen Schnickschnack aus.

Satire mit Ortskenntnis

Glücklicherweise wird all das sehr organisch, lustig und nicht effekthascherisch erzählt. Der Film hat nichts von einem Comedy-Programm, das die vermeintlich unverbesserlichen Lastenrad-Fahrer aus den Großstädten verhöhnt – die gibt es ja auch. Er geht stattdessen liebevoll mit seinen Figuren um, auch wenn er sie scheitern lässt. Nur der Handlungshöhepunkt rund um gestohlenes Pferdesperma vergaloppiert sich etwas.

Wie detailverliebt gearbeitet wurde, lässt sich schon daran erkennen, dass die Macher die Schauplätze sehr genau zu kennen scheinen. Die Komödie spielt im Kölner Stadtteil Nippes, dem „Eldorado der Helikopter-Eltern“, wie es heißt. Ganz am Ende fragt Vater Jannos: „Wollen wir den neuen Ramen-Laden auf der Neusser ausprobieren?“. Auf der Neusser Straße in Köln-Nippes haben zuletzt tatsächlich mehrere Läden für japanische Nudelsuppen aufgemacht.

Text: Jonas-Erik Schmidt, dpa / Redaktion DF: mw

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