
Normalerweise spricht Barbara Salesch Urteile, wenn ihre Zuschauer den Nachmittagskaffee einnehmen. Nun schickt RTL sie in die Primetime. Was sie da erwartet? Jedenfalls kein „True-Crime-Krempel“.
Manchmal ist es interessant zu schauen, welche Berühmtheiten im selben Jahr geboren wurden. Dirk Nowitzki und Bushido im Jahr 1978 zum Beispiel. Thomas Gottschalk und Barbara Salesch teilen sich ebenfalls denselben Jahrgang: 1950. Aktuell hören die Gemeinsamkeiten zwischen dem Showmaster und der TV-Richterin an diesem Punkt allerdings auf.
Während der ewig blonde Gottschalk kürzlich mit Verweis auf sein Alter ankündigte, bald keine Samstagabendshows mehr machen zu wollen, geht die TV-Richterin mit den feuerroten Haaren den umgekehrten Weg. Sie wagt sich mit 75 noch einmal in die Abendunterhaltung. Am Dienstag strahlt RTL das Special „Barbara Salesch – Der größte Prozess ihres Lebens: Die Tote im Rhein“ aus – zur besten Sendezeit um 20.15 Uhr.
Gerichtsshow im Film-Look: Salesch neu inszeniert
Was sich dahinter verbirgt, ist eine Art Salesch-Fernsehen in Hochglanz-Optik. Wer ihre tägliche Gerichtsshow kennt, dürfte sich schnell zurechtfinden. Natürlich geht es wieder um einen Prozess, aber alles ist viel aufwendiger inszeniert als üblich – mit vielen Zwischensequenzen, Kamerafahrten – kurz: mit allem Drum und Dran
„Wir haben es gedreht wie einen Film“, berichtet Salesch der Deutschen Presse-Agentur über die Entstehung des Specials. Inszeniert sei er wie ein Krimi, aber aus Sicht der Vorsitzenden Richterin – also aus ihrer Sicht. Diese Rolle fällt ihr natürlich nicht schwer, dennoch war die Produktion eine neue Erfahrung.
„Wir hatten viele Drehtage nur für diesen einen Fall, den wir zeigen wollten“, sagt sie. Normalerweise drehe sie für ihre Sendung drei Fälle an einem Tag. „Das war also eine ganz andere Baustelle.“
Vom Fließbandfernsehen zur Filmproduktion
Tatsächlich ist die in Ettlingen bei Karlsruhe geborene TV-Juristin geradezu berüchtigt für die hohe Schlagzahl, mit der sie normalerweise im Fernsehen Urteile über Rabauken, Halunken und Sittenstrolche spricht. Vor mehr als 25 Jahren trat sie mit der Sendung „Richterin Barbara Salesch“ bei Sat.1 den großen Boom der Gerichtsshows mit los. Wer an das mittägliche Fernsehprogramm der sogenannten Nullerjahre denkt, denkt unweigerlich auch an die resolute TV-Richterin, die einen Angeklagten durch ihre Brille kritisch mustert.
Etabliert wurde dabei auch eine ganz charakteristische Ästhetik, die irgendwo zwischen pseudo-authentischem Doku-Stil und Wohnzimmertheater einzusortieren ist. Die Idee, erdachte Fälle von Laien-Darstellern verkörpern zu lassen, machte das Format zu einem Riesenhit. 2012 ging die Salesch-Ära bei Sat.1 zu Ende. Seit 2022 ist die Juristin wieder im Fernsehen zu sehen – nun bei RTL. Dort läuft „Barbara Salesch – Das Strafgericht“ ebenfalls am Nachmittag.
Kein True Crime, bitte! Warum Salesch auf Fiktion setzt
Das Special wird sich von dieser Sendung deutlich unterscheiden. Eines aber bleibt: Verhandelt wird ein fiktiver Fall. Salesch ist das wichtig, wie sie sagt. „Ich bin überhaupt keine Freundin von diesem ganzen True-Crime-Krempel“, sagt sie.
Bei True-Crime-Formaten werden echte Verbrechen beleuchtet, etwa in Büchern, Sendungen oder Podcasts. „Das schätze ich überhaupt nicht, weil es dem Täter die Möglichkeit eröffnet, seine Tat noch einmal zu vermarkten. Das Opfer wird dadurch oft noch einmal zum Opfer“, kritisiert Salesch. Sie ist überzeugt: „Wenn ich ein Thema oder ein Problem darstellen will, dann geht das sehr gut auch mit einem fiktiven Fall.“
Ein Fall mit Gänsehaut-Faktor
Der Fall im Special hat es dabei allerdings richtig in sich. Es geht um das Verschwinden einer verheirateten Frau, die auf einer Dating-App aktiv war. Erst acht Jahre später wird ihre Leiche im Rhein entdeckt und alles deutet auf ein Martyrium hin. Die Frau soll in einem Bunker gefangengehalten worden sein. «Es sind schwere Vorwürfe», sagt Salesch.
Für sie ist es übrigens nicht der erste Primetime-Einsatz. 2002 – lange ist es her – habe es schon einmal zwei Spezialfolgen am Abend gegeben, erzählt sie. „Die waren sehr erfolgreich. Ich hoffe, dass ich daran nun anknüpfen kann.“
Das Wort Primetime habe sie aber erst lernen müssen. „Ich sage dazu eigentlich Abendprogramm.“
Text: Von Jonas-Erik Schmidt, dpa / Redaktion DF: mw
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- df-barbara-salesch: RTL