Playstation 5 Details Teil 1: Tolle Ideen, seltsame Strategie

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Sony PS5 Presentation Jim Ryan
Sony

Die Technik der PS5 wurde in einem einstündigen monotonen Tech-Briefing enthüllt, das eigentlich ausschließlich für Entwickler gedacht war. Binnen weniger Stunden sahen es Millionen von Endkonsumenten über Sonys Youtube-Channel. Doch was wurde vom Gezeigten tatsächlich verstanden und wie viele Leute haben die knapp 50 Minuten durchgehalten?

Auch wenige Tage nach der PS5-Präsentation schwirrt mir noch immer der Kopf: Einerseits waren die Einblicke in die Architektur der PS5 äußerst spannend, andererseits hätte ein Bild der PS5 womöglich mehr ausgesagt, als alle technischen Infos. Nicht, dass Systemarchitekt Mark Cerny einen schlechten Job gemacht hat, ganz im Gegenteil: Ich freue mich über solch detaillierte Einblicke, auch wenn viele Themen im zu großen und allgemeinen Umfang angesprochen wurden.

Es macht mich aber gleichzeitig sprachlos, dass der neue Playstation-Boss Jim Ryan solch eine Planung zur Enthüllung der PS5 durchwinkt und ein derartiges Video für alle zugänglich auf Sonys Youtube-Channel veröffentlicht wird. Um die aktuelle Situation rund um die PS5 richtig einordnen zu können, ist es wichtig zu verstehen, was Microsoft mit der Xbox-Plattform in der letzten Zeit so alles angestellt hat.

Seit der Einführung der Xbox One X ist die Zielrichtung von Microsoft klar definiert: möglichst gleichwertige Grafikleistung im Vergleich zu leistungsstarken PCs und dies zu geringeren Kosten und in Form einer kompakteren Box. Microsofts Lösungsansätze: hohe CPU-Taktung, viele Recheneinheiten sowie stabile Taktung aufseiten der GPU und viel schneller Arbeitsspeicher. Dass die Xbox One X mehr Energie verbraucht als andere Konsolen und die Fertigungskosten höher ausfallen nimmt Microsoft in Kauf, denn für kostengünstige Einsatzzwecke gibt es die Xbox One S. Durch den Rückenwind der Xbox One X überrascht es nicht, das Phil Spencer Ende 2019 selbstbewusst die neue Next-Gen-Konsole enthüllte: Die Xbox Series X erscheint im Monolith-Design und soll Ende 2020 auf den Markt kommen.

Was in den darauffolgenden Wochen passierte, war Fan-Kommunikation pur: Jeder Tweet, jedes neue Bild und jeder Kommentar von Spencer versprach eine leistungsstarke Next-Gen-Konsole. Die simple, aber effektive Botschaft: Xbox-Spieler müssen sich keine Sorgen um die Zukunft machen. Als die komplette Architektur der Xbox Series X enthüllt wurde, bestätigten sich die positiven Vorzeichen: Die Xbox Series X ist ein Leistungsmonster und wer mit der Grafikleistung konkurrieren will, muss schon in einen PC mit aktueller RTX-2080-Grafikkarte investieren, wobei die Grafikkarte allein mehr kosten dürfte, als die gesamte Xbox Series X. Das Monolith-Design der neuen Xbox ist elegant und effektiv zugleich, die Kühlung einmal mehr durchdacht und der innere Aufbau äußerst clever gelöst. Doch das Beste:

Die Enthüllung der Konsole ist perfekt durchgeplant und auch Einsteiger finden auf der offiziellen Xbox-Seite alle wichtigen Infos. Kurzum: Microsoft hat das Rad nicht neu erfunden, aber genau das (und vielleicht sogar noch ein wenig mehr) geliefert, was man als Xbox-Fan nach der Xbox One X erwarten durfte.

Sony wählt die falschen Mittel

Wer als aktueller Marktführer im Konsolen-Gaming-Segment in den Next-Gen-Ring steigt, sollte wissen, dass die Erwartungshaltung der Fans noch höher ist als bei der Xbox. Jim Ryan, Sonys neuer Playstation-Chef, fällt es aber sichtlich schwer, dieser Erwartungshaltung gerecht zu werden. Ein Beispiel:

Während Microsofts Phil Spencer Ende 2019 die Konsole Xbox Series X und eine Grafikdemo präsentierte, mussten sich Playstation Fans knapp einen Monat später mit der Enthüllung des PS5 Logos begnügen. Stattdessen präsentierte ein Drittentwickler ein bis dato unbekanntes PS5-Spiel, das grafisch aber kaum jemanden beeindruckte, während sich der Playstation-Macher weiterhin bedeckt hielt. Auch die offiziell eingerichtete PS5-Website besitzt bislang keinen Nutzwert. Ähnlich bieder erfolgte nun die Präsentation der mit Spannung erwarteten Technik der PS5.

Systemarchitekt Mark Cerny

Während Microsoft einigen Vertretern Zugang in die heiligen Microsoft-Hallen gewährte und die Xbox Series X „Fan-kompatibel“ präsentiert wurde, bekommen wir von Sony einen Power-Point-Tech-Talk präsentiert, der ursprünglich für Entwickler gedacht war. Diese Präsentation über den offiziellen Playstation-Youtube-Channel für ein Millionenpublikum zugänglich zu machen, ist kaum nachvollziehbar, denn nur wenige werden die Aussagen des Videos richtig einordnen können.

Dies zeigen auch die Bewertungen des Videos: Vor der Ausstrahlung vergaben Playstation-Fans mehr als 100.000 Likes, doch nachdem das Video veröffentlicht wurde, nehmen die negativen Bewertungen dramatisch zu. Mit dieser Strategie schadet Jim Ryan nicht nur der Marke Playstation, sondern stellt Mark Cerny ins Zentrum einer öffentlichen Kritik, die vermeidbar gewesen wäre. Im Kern hat die PS5 ein ähnliches Problem, wie viele andere Playstation-Generationen zuvor: Der Verkaufspreis, die maximale Energieaufnahme und vermutlich auch das Design der Konsole nehmen deutlich größeren Einfluss auf die umsetzbare Rohleistung, als es beispielsweise bei der Xbox Series X von Microsoft der Fall ist. Stimmen die Gerüchte, dass Microsoft zeitgleich eine günstigere Einstiegsvariante (Xbox Series S) veröffentlicht, wäre die PS5 in einer gefährlichen Sandwitch-Position: Sie ist deutlich leistungsstärker als eine mögliche Einstiegsvariante der neuen Xbox-Generation, aber der vermutlich teureren Xbox Series X technisch unterlegen.

Bereits im letzten Jahr war in einem Interview zu lesen, dass Sony am erfolgreichen PS4-Konzept festhalten will, soll heißen: Die PS5 wird als Nachfolger der Standard-PS4 angesehen (Microsoft positioniert die Xbox Series X vor allem als Nachfolger der Xbox One X), 2021/2022 ist mit einem neuen VR-Headset (PS VR 2) zu rechnen und 2023/2024 könnte eine PS5-Pro-Version folgen, die dann wiederum leistungsstärker als die Xbox Series X ausfallen wird. Unter diesen Gesichtspunkten macht die Architektur der PS5 sehr viel Sinn, denn wie bei der aktuellen PS4 Pro müsste Sony bei einer möglichen PS5 Pro nur die PS5-Grafikeinheiten verdoppeln, um die maximale Grafikleistung drastisch zu erhöhen.

Doch soweit sind wir noch nicht, denn Ende 2020 erscheint die PS5 (ohne Pro). Und auch diese Konsole ist enorm leistungsstark, aber nicht auf die gleiche Weise, wie es Microsoft mit der Xbox Series X vorgemacht hat.

Hier geht es zu Teil 2 unserer Analyse

Bildquelle:

  • PS5-Road-to-Kopie-6: Sony
  • PS5 Road to: Sony

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