
„Smoke“ ist eine packende Brandstifter-Serie, die auf einem wahren Vorfall beruht. Thriller-Meister Dennis Lehane holt Taron Egerton vor die Kamera. Die neunteilige Serie läuft jetzt bei Apple TV+.
„Smoke“ ist ein eher schlichter Titel für ein packendes Crime-Drama, in dem es um viel mehr als nur Rauch geht. In der neunteiligen Serie mit dem britischen Star Taron Egerton sprühen die Funken, Gebäude gehen in Flammen auf, Menschen sterben in Feuerinfernos. Dazu gibt es eine ganze Reihe von explosiven Charakteren, die heftig aneinander geraten. Doch die Schöpfung von dem amerikanischen Bestseller-Autor Dennis Lehane („Mystic River“, „Shutter Island“) geht weit über bloßen Actionstoff hinaus.
„Smoke“ (ab dem 27. Juni beim Streamingdienst Apple TV+) ist von wahren Begebenheiten inspiriert. Die Serie dreht sich um einen früheren Feuerwehrmann, der nun als Brandermittler zusammen mit einer Detektivin nach Serienbrandstiftern fahndet. Während die Spurensuche auf Hochtouren läuft, gibt der Mann selbst immer mehr Rätsel auf
Stoff eines Bestseller-Autors
Der tatsächliche Fall: 1998 war in Südkalifornien ein Ex-Feuerwehrmann nach Brandstiftung und einem Großfeuer mit vier Toten wegen Mordes schuldig gesprochen worden. John Orr, einstmals ein Spitzenfachmann für die Untersuchung von Brandursachen, verbüßt eine lebenslängliche Haftstrafe.
Er soll über Jahre hinweg Hunderte Feuer gelegt haben. Details von seinem heimlichen Vorgehen hielt er in einem Buchmanuskript fest. Seine Straftaten waren die Vorlage für den True-Crime-Podcast „Firebug“, an dem sich Lehane bediente.

Der 59-jährige Autor und ausführende Produzent der Serie kennt sich mit Spannungselementen bestens aus. Lehane-Bestseller wie „Mystic River“, „Shutter Island“, „In der Nacht“ oder „Am Ende einer Welt“ wurden zu Kinokassenschlagern verfilmt. Der Thriller-Meister, der auch an den HBO-Serien „The Wire“ und „Broadwalk Empire“ mitwirkte und sich das Ermittlerduo Kenzie & Gennaro ausdachte, war bei dieser Geschichte von den Schwächen und Fehlern seiner Figuren angetan.
Vom Paradiesvogel zum Chamäleon
„Hier ist ein Typ, der sich als heldenhafter Ermittler aufspielt, während er selbst diese Feuer legt und das auch noch in einem Romanmanuskript aufschreibt“, erzählt Lehane im dpa-Interview. „Wir leben in einer Zeit, in der Menschen ein Bild von sich schaffen, das nicht der Realität entspricht“. Sie würden sich und anderen etwas vormachen und vor sich selbst wegrennen
In „Smoke“ trifft das vor allem auf den Brandermittler Dave Gudsen zu. „Kingsman“-Star Taron Egerton, der sich zuvor in dem Musikfilm „Rocketman“ in die schillernde Musikikone Elton John verwandelt hatte, wird nun zum mysteriösen Chamäleon. Mal gewieft und charmant, mal aufbrausend und misstrauisch, der seine Unsicherheit mit großspuriger Arroganz kaschiert.
Als ihm mit der durchtrainierten Michelle Calderone (Jurnee Smollett) auch noch eine Detektivin zur Aufklärung der Brandserien vorgesetzt wird, läuft sein Leben immer mehr aus dem Ruder. Der ehrgeizigen Kollegin hängt selbst ein düsteres Feuer-Trauma aus ihrer Kindheit nach. Sie ist unerschrocken, aber auch selbstzerstörerisch, am Ende mit fatalen Folgen.
Keiner hat hier eine reine Weste
Freddy (Ntare Mwine) ist eine völlig frustrierte Küchenhilfe in einem billigen Schnellimbiss, aber auch ein Träumer, der sich mehr vom Leben verspricht. Greg Kinnear („Little Miss Sunshine“) spielt den nur auf den ersten Blick unbescholtenen Polizeichef Harvey Englehart. Wie alle anderen hat auch er keine reine Weste.
Wer ist der Brandstifter, der große Milchplastikflaschen mit flüssigem Brennstoff füllt? Wer bastelt aus Streichhölzern, Zigaretten und Zeitzündern kleine Brandsätze, die in Geschäften explodieren? Schon nach wenigen Folgen der Serie ist dem Zuschauer klar, wer die Feuer legt, doch „Smoke“ verliert nicht an Spannung.
Es gibt zu viele Verwicklungen und Verdächtigungen, unerwartete Wendungen und Einblicke in die Abgründe der menschlichen Psyche. Dazu kommen völlig echt wirkende und verstörende Feuerszenen, etwa wenn die Flammen in einem Supermarkt rasend schnell um sich greifen und verbrannte Haut in Fetzen abfällt.
Verbrechen in die Gegenwart geholt
Lehane hat sich die Freiheit genommen, die Jahrzehnte alte Brandserie in die Jetztzeit und von Südkalifornien in den Nordwesten der USA zu verlegen. Der Autor lamentiert im dpa-Interview, dass heute toxische Maskulinität zu einem immer größeren Problem werde. „Wir wollten uns das anschauen, wie diese sehr zornigen, weißen Männer sich beschweren und sich als Opfer sehen“, sagt er mit Blick auf die Hauptfigur Dave, die einfach keine eigenen Schwächen einräumen kann
Brandstiftung ist eine ernste Angelegenheit, doch für Lehane bietet der Stoff auch gute Unterhaltung. „Dies ist eine verrückte Welt“, sagt der Thriller-Experte – „lasst euch einfach darauf ein.“ Die schrägen Charakteren und cleveren Plots machen „Smoke“ tatsächlich zu einer rasanten Achterbahnfahrt.
Von Barbara Munker, dpa / Redaktion DF: mw
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