So will ProSiebenSat.1 sich „auf allen Kanälen“ aus der Krise kämpfen

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© ProSiebenSat.1

Erst drehte sich das Personalkarussell schwindelerregend, dann musste ProSiebenSat.1 einen massiven Rückgang an Werbeeinnahmen vermelden. Dennoch sieht man sich beim Wandel „zum plattformunabhängigen Content-Anbieter“ auf Kurs – und erklärt, wie es in Zukunft laufen soll.

Im folgenden Interview spricht Entertainment-Chef Wolfgang Link über die Folgen der Corona-Krise und erläutert seine Strategie für die SevenOne Entertainment Group.

Herr Link, Sie verantworten den kompletten Entertainment-Bereich bei
ProSiebenSat.1. Worauf werden Sie sich in den kommenden Monaten
besonders konzentrieren?

„Unsere Weiterentwicklung vom klassischen TV-Anbieter zum plattformunabhängigen Content-Anbieter läuft bereits auf Hochtouren. Diesen Prozess werden wir in der zweiten Jahreshälfte konsequent fortführen. Wir investieren 2020 rund eine Milliarde Euro in Content,
denn Entertainment und Infotainment sind und bleiben unser Kerngeschäft und unsere Kernkompetenz. Und wichtig dabei ist natürlich auch, dass wir mit unseren Programmen zur Meinungsvielfalt und Ausgewogenheit beitragen. Das haben die letzten Wochen eindrücklich gezeigt.

Neben der Stärkung unserer TV-Marken wollen wir neue digitale Unterhaltungsangebote fördern, dazu zählen neben Joyn auch neue Plattformen wie unsere erst kürzlich gestartete Audio-App FYEO. Weitere Digital-Produkte sind bereits in der Pipeline. Unser Ziel muss sein, auf all unseren Plattformen einzigartige und eigenproduzierte Inhalte anzubieten und mit klugen Partnerschaften unser konzernweites Unterhaltungsangebot auf ein breiteres Fundament zu stellen. Auch Studio 71 spielt hier eine wichtige Rolle. Dabei
wollen wir alle Angebote über alle Plattformen hinweg bestmöglich monetarisieren:

Mit smarten Werbeprodukten wollen wir unseren Kunden auch in der Vermarktung die bestmögliche Zielgruppenansprache bieten. ProSiebenSat.1 ist in vielen Bereichen Innovationstreiber – gerade auch im AdTech-Bereich – und gestaltet mit Hochdruck aktiv seine digitale Transformation. Vor uns liegen die vielleicht spannendsten Aufgaben, die die Medienbranche je zu bewältigen hatte.“

Wird das Programm der ProSiebenSat.1-Gruppe in der nächsten Saison
aufgrund der Corona-Krise anders aussehen als geplant, gibt es etwa
einen Engpass an Erstausstrahlungen?

„Corona hat unser TV-Business tatsächlich ziemlich durcheinandergewirbelt. Aber nichtsdestotrotz hat das der Kreativität unserer Branche keinen Abbruch getan. Nach diesen letzten intensiven Monaten blicke ich zuversichtlich auf das nächste Halbjahr. Unsere
Programm-Pipeline ist bestens gefüllt. Unsere digitalen Angebote wie Joyn oder FYEO sind auf einem guten Weg und bieten spannenden Content. Im TV können wir mit neuen Formaten wie ‚FameMaker‘ von Stefan Raab und weiteren Staffeln erfolgreicher Showreihen wie ‚TheMasked Singer‘, ‚The Voice of Germany‘ oder ‚Promi Big Brother‘ aus dem Vollen schöpfen. Das zweite Halbjahr wird auf allen unseren Plattformen laut, bunt und enorm abwechslungsreich.“

Sie buhlen nicht nur um die Gunst der Zuschauer und User, sondern
müssen auch Ihre Werbekunden bei Laune halten. In den vergangenen
Monaten haben viele Kunden aufgrund von Corona ihre Ausgaben kürzen
müssen. Wie wollen Sie Ihre Werbepartner zurückgewinnen?

„Auch für unsere Werbekunden war und ist dies eine herausfordernde Zeit, die wir in meinen Augen im sehr guten gemeinsamen Austausch gut managen. Wir haben einerseits Stornierungen und Verschiebungen von Kampagnen ermöglicht, unseren Kunden aber auch inhaltlich unter die Arme gegriffen, zum Beispiel bei der Anpassung oder völlig neuen
Kreation von Kampagnen. Auch hier zeigt sich die Stärke unserer integrierten Organisation: Von der kreativen Idee über die Produktion inklusive Testimonials bis zur Integration von Kampagnen in unseren Formaten können wir alles aus einer Hand anbieten. Das wird sich nach der Corona-Zeit auszahlen.

Klar ist: Wir produzieren in unserer neuen Organisation mehr Multichannel-Content als jeder andere am Markt, wir strahlen ihn auf möglichst vielen Kanälen aus und ermöglichen dann für unsere Werbepartner eine einfache passgenaue
Zielgruppen-Ansprache. Dafür paketieren wir heute schon smarte Werbeprodukte – etwa die Reichweite von klassischen TV-Spots mit den Möglichkeiten von Addressable TV. Die nächste technologische Revolution, unsere ‚Cross-Device-Bridge‘, steht bereits in den Startlöchern. Damit ermöglichen wir die zielgerichtete Ausspielungvon Werbekampagnen über sämtliche Geräte hinweg – vom Fernseher über das Smartphone bis zum Laptop. Das macht Werbung effizienter, aber bietet auch ganz neue kreative Möglichkeiten, wie beispielsweise inhaltlich aufeinander aufbauende Spots. Im Herbst werden wir nach der Beta-Phase diese Technologie breit ausrollen.“

Joyn feiert in dieser Woche seinen ersten Geburtstag. Wie zufrieden
sind Sie mit der bisherigen Entwicklung und wohin geht die weitere
Reise Ihres gemeinsam mit Discovery geführten Streaming-Diensts?


„Joyn hat es innerhalb eines Jahres geschafft, sich als ein ernstzunehmender Player auf dem deutschen Markt zu behaupten. Mittlerweile bildet Joyn mit seinem Angebot an über 60 Live-Streams einen Großteil des deutschen Free-TV-Marktes ab. Dazu investiert der Streamingdienst kontinuierlich in eigene Inhalte und hat mit Formaten wie ‚Jerks‘, ‚Check Check‘ oder ‚Aus dem Leben eines Uber-Fahrers‘ unverwechselbare Joyn Originals geschaffen. Und auch die Zahlen weisen in die richtige Richtung. Besonders gefreut haben mich die
Ergebnisse der vom Handelsblatt bei Parrot Analytcs in Auftrag gegebenen aktuellen Studie, deren Zahlen darauf hinweisen, dass Joyn deutlich engagiertere und damit mutmaßlich zahlungsbereitere Fans als die Konkurrenz hat. Im nächsten halben Jahr wird Joyn weiterwachsen. Neben unserer Streamingplattform arbeiten wir am Ausbau unserer
jüngsten Digitalprodukte wie FYEO und Smyle und entwickeln bereits neue Digital-Angebote.“

Quelle: ProSiebenSat.1 Media

Bildquelle:

  • wolfganglink: obs/ProSiebenSat.1 TV Deutschland GmbH/Florian Bachmeier

11 Kommentare im Forum

  1. mir können die ganzen PrimatenSender gestohlen bleiben...lineares TV ist bei mir seit Jahren abgeschrieben. Es leben die Streamingdienste!
  2. Man kündigt diese als Highlights an, weil die Masse das eben schaut. Es wird aber beileibe nicht alles sein. Letztendlich bleibt es doch jedem selbst überlassen, welche Highlights er für sich herauspickt.
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