Horror auf Blu-ray

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Horror auf Blu-ray, Teil 4

Grusel versus Splatter

Die Wahrheitssuche ist der Hauptbestandteil vieler asiatischer Suspense-Thriller, die weniger auf eine offene Gewaltdarstellung aus sind und stattdessen die wirksamere psychische Ebene zur Furchterzeugung wählen. Seit der Horrorkracher „The Ring“ (2002) und das Remake „The Grudge“ (2004) in den westlichen Kinos liefen, gab es eine regelrechte Welle von Suspense-Streifen, in denen ein dunkelhaariges, bleiches Geistermädchen die Hauptrolle spielt. Ob es nun aus einem Brunnen kriecht oder spinnenförmig eine Treppe hinunterkrabbelt, es fällt diejenigen an, die durch einen Fluch infiziert wurden. Dieser Fluch lastet auf einem speziellen Gegenstand oder Ort, kann sich durch besondere Umstände aber auch anderweitig ausweiten.
 

 
Was passiert also, wenn man im „The Grudge“-Universum das ehemalige Haus der wimmernden, wie Espenholz knarrenden Kayako (Takako Fuji) betritt? Die Wiederholungsstruktur japanischer Mythen gebietet es, dass das Opfer eine Variante von dem erleben muss, was den Fluch verursacht hat. In diesem Fall also die brutale Ermordung der armen Kayako und ihres Sohnes. Das Grauen kündigt sich dabei nur langsam an. In „The Ring“ ruft das Geistermädchen Samara (Kelly Stables, Daveigh Chase) sogar explizit vorher an und teilt dem Opfer freundlicherweise mit, wie viele Tage ihm noch verbleiben. Statt des blutigen Todes machen hier der ellenlange Kampf ums Überleben und der Versuch, dem Unvermeidlichen zu entkommen, den Reiz aus. Der Moment des Todes an sich geht meist unheimlich schnell vonstatten: Während Samara mit Mikrowellen oder Ähnlichem tötet, zieht Kayako ihre Opfer vornehmlich unter die Bettdecke oder lässt sie einfach spurlos verschwinden. Nur manchmal bricht sie auch Teile der bedauernswerten Menschen ab.
 
Viel unheimlicher ist allerdings die Vorstellung davor. Das Auftauchen der Geister manifestiert sich in verdächtigen Geräuschen, flackerndem Licht und schwer fassbaren Erscheinungen, die nur im Augenwinkel auftauchen. Suspense-Horror ist die Kunst, Sinnestäuschungen zu erzeugen, die auch den Zuschauer betreffen. So übertragen sowohl „The Ring“ als auch „The Grudge“ den Horror in die Wirklichkeit, indem sie visuelle Medien wie Videobänder und Überwachungskameras einbeziehen. Glaubt sich der passive Betrachter in einem Moment noch in Sicherheit, weil er ja nur eine Aufnahme anschaut, so scheint er im nächsten bereits die Neugier des aufgezeichneten Geistes zu wecken und selbst beobachtet zu werden.
 
Im Extremfall steigt das Wesen wie Samara aus dem Bildschirm. Damit wird schon allein das Ansehen dieses Films eine echte Bedrohung für jedermann, der seine Fantasie des Nachts nicht abstellen kann. Eine der unheimlichsten Szenen aus „The Grudge 3“ z. B. zeigt, wie die unerschrockene Dr. Ann Sullivan (Shawnee Smith) ein Video vorführt, in dem die von ihr interviewte Person behauptet, ein weiblicher Geist sitze zwischen ihnen. Die Erkenntnis, dass dem wirklich so ist, überkommt Sullivan leider erst auf ihrem einsamen Heimweg. Mitten auf dem Krankenhausflur schwankt ihr Kayako entgegen, verformt sich wie eine Gummipuppe und lässt sich auch von verschlossenen Türen nicht aufhalten.

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