Exklusiv: München bekommt doppelten FTTH-Glasfaseranschluss

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Eine Glasfaseranschlussdose mit zwei Anschlussbuchsen
In München werden in den Haushalten nun Kombi-Dosen für zwei unabhängige Glasfaseranschlüsse verbaut. Stadtwerke und Deutsche Telekom haben sich geeinigt.

Die Deutsche Telekom und die Stadtwerke München öffnen gegenseitig ihre Glasfasernetze und starten ein Novum.

Die bayerische Landeshauptstadt München ist inzwischen eine der best erschlossensten Glasfaserstädte Deutschlands. Ab sofort erhalten FTTH-Haushalte Glasfaserdosen montiert, die zwei separate Anschlussbuchsen haben. Einmal für das Stadtwerke-Netz sowie einmal für das Telekom-Netz. Die nach jahrelangen Verhandlungen erzielte Einigung sollen am Montag Nachmittag im Detail im Münchner Rathaus vorgestellt werden. Aber erst einmal von vorne alle Details:

Aufgeteilte Gebiete

Seit 2010 haben die Stadtwerke München als kommunales Unternehmen ein Netz für die Innenstadt-Bezirke errichtet (50% der Fläche bzw. 70% der Einwohner). Anfangs als FTTB-Netz nur in die Keller der Häuser, inzwischen auch als FTTH-Netz bis in die einzelnen Wohnungen. Die Erschließung der Bezirke am Stadtrand sah man nicht mehr als rentabel an und beendete den Ausbau größtenteils vor einigen Jahren. Dies wird inzwischen nicht nur im Münchner Rathaus als eine der größten Fehlentscheidungen des städtischen Unternehmens angesehen.

2022 kündigte deshalb die Deutsche Telekom an, 500 Millionen Euro in den Mobilfunk- und Glasfaserausbau in München zu stecken und die Randgebiete (50% der Fläche bzw. 30% der Einwohner) mit Glasfaser auszubauen. 2023 startete der Ausbau im Vollausbau, wo jedes Haus auch ohne Laufzeitvertrag einen kostenlosen Hausanschluss bekam. Seit Anfang des Jahres verlegt die Telekom die Leitungen nur noch als „Homes passed“ in die Gehwege und spart sich erst einmal die Buddelei in Grundstücke, die vorerst keinen Laufzeitvertrag wollen.

Ausbau nach hinten geschoben

Die urspünglich von der Telekom genannten Ausbautermine sind vor allem in den östlichen Stadtteilen inzwischen weit in die Ferne gerückt bzw. werden teilweise gar nicht mehr genannt. Stadtteile wie Kirchtrudering hat deshalb inzwischen die Deutsche Glasfaser für sich entdeckt und startete dort die Vorvermarktung. Insider gehen jedoch davon aus, dass die Telekom der Konkurrenz hier keine „Landgewinne“ ermöglichen wird.

Eigentlich vereinbarten 2022 Stadtwerke und Telekom eine gegenseitige Kooperation, d. h. einen gegenseitigen Netzzugang. Dass also Haushalte am Telekom-FTTH-Netz auch einen Vertrag mit der Stadtwerke-Tochter M-net abschließen können und in der Innenstadt Telekom-Kunden über das Stadtwerkenetz surfen können. Nach Informationen von DIGITAL FERNSEHEN scheiterte die Zusammenarbeit an den hohen Forderungen der Telekom. Während die Telekom andere Netzbetreiber wie 1&1 oder O2 nur via Bitstream-Access ins eigene FTTH-Netz lässt, forderte sie bei den Stadtwerken einen autonomen Zugang über eine eigene Faser bis zum Kunden. Bei Bitstream-Access verkauft der Netzetreiber anderen Carriern lediglich Bandbreite und erbringt mehr abrechenbare Dienstleistung. Denn der Fremdtraffic läuft innerhalb des Ortsnetzes hier über die Switche des örtlichen Netzbetreibers.

Einigung im Glasfaserstreit

Das große Problem war bisher, dass sich Stadtwerke (bzw. deren Telekommunikationstochter M-net) und Telekom nicht über die gegenseitige Nutzung ihrer Netze einigen konnten. Den von den Stadtwerken anvisierte, branchenübliche OpenAccess via Bitstream-Reselling akzeptierte die Telekom nicht und drohte mit Überbau des Stadtwerke-Netzes in der kompletten Innenstadt. Baukapazitäten vom Stadtrand wurden abgezogen und mit dem Überbau punktuell begonnen. Gleichzeitig forderte die Telekom von M-net eine kaum erreichbare Mindestabnahmemenge an Anschlüssen in den Münchner Telekom-Glasfasergebieten. Doch das ist ab sofort Vergangenheit. Bereits seit Juli verlegen die Stadtwerke still und heimlich in neuen FTTH-Haushalten sogenannte Doppeldosen mit gleich zwei aktiven Fasern (siehe Bild): Eine Faser (Beschriftung „M-net und Andere“) ist ins Backbone der Stadtwerketochter M-net geschaltet, die andere Faser („Telekom und Andere“) komplett davon getrennt, zum Telekom-Backbone.

Damit ist der betriebswirtschaftlich unsinnige Überbau erst einmal vom Tisch und die Telekom kann sich wieder auf den weiteren Ausbau der Stadtrandbezirke konzentrieren. Spannend wird es künftig auch, wenn der Haushalt z. B. bei 1&1 einen Tarif bucht. Denn 1&1 ist sowohl im Stadtwerke- als auch im Telekom-Netz als Bitstream-Reseller vertreten. Sofern die Verhandlungen zwischem kleinen Stadtwerken und großer Telekom einigermaßen auf Augenhöhe stattgefunden haben, sollte diese Einigung mit doppelter Anschlussdose auch im Telekom-FTTH-Netz am Stadtrand gelten. Wir hatten Stadtwerke und Telekom um Stellungnahme zu unseren recherchierten Fakten gebeten. Statt zu antworten, wurde nun für Montag kurzfristig eine Pressekonferenz dazu anberaumt.

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Bildquelle:

  • SWM_Telekom: SWM/Deutsche Telekom/Auerbach Verlag
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