
Dass RTL seine 22:15-Uhr-Nachrichten nicht weiter ausstrahlen will, ist keine gute Nachricht. Sie zeigt den Wert von den konstant laufenden und etablierten Newsangeboten von ARD und ZDF, denen die finanzielle Grundlage nicht entzogen werden darf. Ein Kommentar.
RTL wird seine in der Regel an vier Tagen pro Woche um 22:15 Uhr gezeigte Nachrichtensendung „RTL Direkt“ im Juli einstellen. Das wurde am Dienstag bekannt und ist aus mehrerlei Gründen eine ziemlich schlechte Nachricht. Zum einen für betroffene Mitarbeiter in Berlin, die ihren bisherigen Job verlieren. Aber auch für das Publikum, das in Zeiten von Krieg in Nahost und der Ukraine, während der Amtszeit eines US-Präsidenten, der morgen etwas anderes sagt als heute und mit einem deutschen Bundestag, in dem nicht wenige Extreme sitzen, eigentlich neutrale und vernünftige Einordnung bekommen sollte. Als solch einordnende Sendung, quasi als ein Pendant zum ZDF-„heute journal“ war „RTL Direkt“ vor rund vier Jahren einst gestartet.
Dass das Ende der derzeit von Pinar Atalay moderierten Sendung ein heikles Thema, merkte man allein schon daran, wie akribisch die RTL-Kommunikation die Meldung orchestrierte – mit ausführlichen Hintergrundgesprächen mit zahlreichen Playern. Die Tonalität ist wichtig. Ebenso der Hinweis, dass RTL mit morgendlichen „Punkt“-Sendungen, „RTL Aktuell“, dem „Nachtjournal“ und Live-Strecken zu besonderen Anlässen ein wichtiger privater Anbieter von Nachrichten bleibt. Was bleibt ist aber: RTL streicht eine wesentliche Nachrichtensendung, die im Schnitt rund eineinhalb Millionen Menschen informiert hat. Und 2025 ist eben jede gestrichene größere Nachrichtensendung eine zu viel.
ARD und ZDF brauchen angemessene finanzielle Ausstattung für ihre Nachrichtenformate
Dass es nun nach dem Sommer nicht weitergeht, zeigt zum einen, wie sehr Privatsender angesichts des noch nicht wesentlich aufhellenden Werbemarkts auf die Budgets schauen müssen. Und es ist ein überdeutliches Signal an die Politik. An jene Volksvertreter, die sich aktiv und bisweilen erfolgreich dagegen sperren, den Rundfunkbeitrag gemäß des KEF-Vorschlags zu erhöhen. Aktuell sieht es so aus, als würden die Öffentlich-Rechtlichen mit den gleichen Finanzmitteln auskommen müssen wie vor der der Inflation. Das heißt: ARD und ZDF haben de facto weniger Geld.
Natürlich kann und muss der öffentlich-rechtliche Rundfunk sparen. Fälle von Gebührenverschwendung wurden mehrere bekannt, es ist also auch ein selbstverschuldetes Dilemma. Die Fehler innerhalb der ARD ändern aber nichts an der Ausgangslage. Politiker von Parteien, die sich der Mitte zuordnen, müssen dafür Sorge tragen, dass ARD und ZDF auch in Zukunft genügend Mittel haben, um gute Nachrichtensendungen zu machen. Und ARD und ZDF müssen im Gegenzug an mancher Stelle nacharbeiten, damit ihre Nachrichtensendungen höchsten Ansprüchen genügen.
News muss man sich leisten wollen
Phantasien, der privatwirtschaftliche Rundfunk trage mit einen „Public Value“-Formaten ebenfalls zur Versorgung mit Informationen bei, können eben schnell mal platzen. RTL hat ein Beispiel dafür geliefert, dass ein werbefinanzierter Sender in schlechten Zeiten eben auch bei News-Formaten kürzt. Und die gerade so schnell wachsenden Streamer, etwa Netflix oder Amazon, aber auch Sky Deutschland, machen keine Anstalten, in Deutschland News-Angebote starten zu wollen. Entstehende Lücken in der News-Versorgung von Bürgerinnen und Bürgern werden im Zweifel an anderer Stelle geschlossen: Im Netz. Dort, wo es zweifelhafte Propaganda-Vögel gibt. Dort, wo „die Wahrheit“ versprochen und gegen etablierte Medien geschossen wird. Dort, wo es letztlich das Ziel ist, erst Medien und dann Demokratie zu destabilisieren.
Der heutige Dienstag hat damit unterstrichen: Seriöse Nachrichtenangebote und dazu zählen freilich auch zahlreiche Print-, Lokal- oder Digitalpublikationen, sind nochmal wichtiger und schützenswerter geworden. Das sollte auch die Politik erkennen.
Hier geht es zur Meldung: RTL trennt sich von „RTL Direkt“
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