Verbraucherschutz ist wichtig und wir schätzen diese notwendige Arbeit für oft wehrlose Konsumenten sehr. Doch sollte ein Verbraucherschützer stets korrekt informieren.
Denn das Wort eines Verbraucherschützer zählt in Deutschland. Umso mehr Sorgfalt müssen diese bei ihren öffentlichen Äußerungen an den Tag zu legen. Doch dieses Mal, liebe Kollegen, sind Sie übers Ziel hinausgeschossen. Erst liegen Sie mit Ihren Aussagen völlig daneben, jetzt rudern Sie zurück. Ihre heutige Meldung ist mit Konjunktiven gespickt: Mit „unter Umständen“ über „Möglicherweise“ bis zu „Nicht unbedingt“ kann sich jeder HD-Interessent nun seine ganz klare Meinung bilden. Was bitte ist das denn für eine eine Verbraucherinformation?
Wer bei so vielen Eventualitäten dennoch eine Pressemitteilung versendet, beweist zumindest Mut, sich für eine Sache zu engagieren, die ihm persönlich wichtig ist. Und so sehe ich das auch in diesem Fall. Der Informationsgehalt ist mager, die Kampfansage höre ich aber sehr wohl. Doch sollten Sie sich mal klar entscheiden, wogegen Sie denn nun anrennen: Auch wenn Sie nun zumindest nicht mehr allgemein vor dem Kauf von HD-Geräten warnen, bleibt das Ziel Ihres Feldzuges noch immer im Nebel: Geht es nun gegen HD Plus oder gegen CI Plus? Oder gegen beide?
Das eine hat mit dem anderen nix zu tun. Denn HD Plus kann man auch mit embedded Boxen emfangen und muss kein CI-Plus-Modul einsetzen. Das haben Sie bis heute nicht klargestellt. Was bleibt also von der heutigen Meldung? Die Kritik an CI Plus – und der Fingerzeig auf Astra als Plattform, die als erste in Deutschland überhaupt ein klares Bekenntnis für diese Technologie mit einem konkreten Markteinführungstermin verbunden hat.
Doch statt wild draufzuschlagen, empfehle ich dem Verbraucherschutz einen „Faktencheck“ ala Plasberg. Denn bei allem Gezänck um die von den Verbraucherschützern mantraartig wiederholten und unbestrittenen Möglichkeiten von CI Plus, den TV Zuschauer zu entmündigen, darf man eins nicht vergessen: Aufnahmeblockierung, Werbezwang und andere Nettigkeiten für den Fernsehzuschauer können schon heute in die meisten Set-top-Boxen per Softwareupdate reingeladen werden. Dazu braucht es weder ein CI Plus, noch eine HD Box. Das klappt schon heute, selbst in einer stinknormalen SD-Box.
Dazu braucht der Hersteller aus eigenem Antrieb oder auf Druck eines Plattformbetreibers nur ein paar nette „Flags“ in die Software zu laden – und schon hat der Zuschauer eine kastrierte Box. Besonders gut funktioniert ein Update bei einer „homogenen Plattform“, also Receivern mit einer Monokulter eines CA-System (embedded-Box) und vielleicht noch einer netten Middleware aus dem gleichen Hause – I.ü. der natürliche Traum eines jeden Plattformbetreibers.
Wer also die Möglichkeiten von CI Plus krisitiert, sollte genau genau Hinschauen, was heute bereits machbar ist. Die Schikane „schläft“ in der Box, seit diese updatefähig ist. Insofern halte ich den Rundumschlag des Vebraucherschutzes an dieser Stelle für absolut ungeeignet, um den Verbraucher wirklich vor TV-Gängelei zu schützen. Im Gegenteil: Nur ein interoperabler Standard gewährleistet, dass in Zukunft meine Kabelbox aus Berlin auch in Köln funktioniert. Das sollte doch auch Ziel des Verbraucherschutzes sein, oder?
Natürlich geht alles besser und freier im Sinne des Verbrauchers. Nur bitte eins nach dem anderen: Erst der interoperable Standard, den selbst der Verbraucherschutz seit Jahren fordert. Dann sorgen wir alle miteinander als mündige TV-Zuschauer dafür, dass weder embedded Boxen noch CI Plus für die Gängelei des Fernsehzuschauers genutzt werden. Das war in Sachen Musikindustrie auch schon so.
Jugend- und Kopierschutz ist keine Erfindung der Plattformbetreiber, sondern auch für diese tägliche Plackerei und gerade in Sache Jugendschutz ein sinnvoller deutscher Sonderweg. Ohne wäre alles viel einfacher. Aber – wollen wir das wirklich mit allen Konsequenzen? Was ist, wenn ARD und ZDF mal wieder eine WM digital nicht ausstrahlen können, weil ihnen schlicht die Rechte fehlen? Was passiert mit dem Bezahlfernsehen in Deutschland, wenn Rechteinhaber ihre Inhalte nicht mehr zur Verfügung stellen, da diese ihre Inahlte nur kopiergeschützt in die Verwetungskette geben wollen?
Wem nützt also der Feldzug des Vebraucherschutzes? Genau. Plattformen, die Set-top-Boxen mit integrierten Verschlüsselungssystemen einsetzen. Die können nämlich schon heute all das, was CI Plus auch als interoperabler Standard möglich machen würde. Und der Verbaucher? Der wird in die rechtliche Grauzone gedrängt, setzt in der eigenen Box (oder dem Fernseher) von den AGBs der Betreiber nicht gewollte Module ein. Wer das nicht kann, kauft eine Box und „patcht“ sich die Software zurecht. Doch nicht jeder kann das (oder will das). Otto-Normal bleibt so auf der Strecke. So sieht der Umgang oder das Umgehen der aktuellen Restriktionen in deutschen TV – Haushalten schon heute aus. Ganz gleich ob in SD der HD. Die Mitteilungen der Verbraucherschützer zementieren diesen Zustand.
Was bleibt für mich? Die bohrende Frage nach dem Warum. Warum teufelt der Verbraucherschutz gegen eine Technik, die erstmals interoperablen Empfang aller Plattformen in Deutschland zulassen würde? Eine ganz offizielle Lösung. Ohne Fummelei an Box oder Fernseher. Eben für alle. Ganz ehrlich: Ich habe keine Antwort auf diese Frage. Vielleicht haben sich die Verbraucherschützer in dieser Sache einfach nur schlecht informiert. Oder Ihnen ist diese Sache einfach persönlich wichtig.
Stefan Goedecke[fp]
Bildquelle:
- Medien_Maerkte_Artikelbild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
