
Wissenschaftler werfen dem Sender vor, bei der Börsenberichterstattung oft einen negativen Fokus zu setzen und positive Entwicklungen zu vernachlässigen.
In einer aktuellen Studie haben Wirtschaftsforscher des EPoS-Instituts der Universitäten Bonn und Mannheim herausgefunden, dass Journalisten in ihrer Berichterstattung über die Börse oft einen negativen Fokus setzen. Die Untersuchung bezog sich auf Berichte des ZDF Heute Journal von der Frankfurter Börse zwischen 2017 und 2024 und zeigt, dass die Nennung des DAX oft die schlechte Tagesentwicklung priorisiert.
Laut Professor Ciccone, einem der Autoren der Studie, wurden in fast einem Drittel der 1.846 analysierten Berichte die DAX-Veränderungen genannt – und dabei wurde in der Regel ein negatives Bild vermittelt. Während der DAX im betrachteten Zeitraum im Durchschnitt um vier Punkte pro Tag anstieg, berichteten die Journalisten über einen Rückgang von zehn Punkten an Tagen mit DAX-Nennung. „Die positiven Entwicklungen bleiben oft unberücksichtigt“, so Ciccone.
„Langfristige Entwicklung stärker in den Fokus rücken“
An Tagen ohne explizite DAX-Berichterstattung hingegen stieg der Index um durchschnittlich 10 Punkte: „Wir haben die Tagesveränderungen des DAX aufsummiert – getrennt nach Tagen mit und ohne Berichterstattung. Während sich der tatsächliche DAX verdoppelte, hat sich der berichtete DAX fast halbiert. Bemerkenswert ist zudem: Der nicht-berichtete DAX ist um 25 Prozent stärker gestiegen als der tatsächliche Index“, erklären die Forscher. Zudem zeige die Studie, dass kurzfristige Entwicklungen die Berichterstattung dominieren; negative Ausschläge werden von den Medien bevorzugt behandelt, während positive Fortschritte oft nur als kleine Schritte dargestellt werden.
Professor Ciccone appelliert an Journalisten, die langfristigen Entwicklungen stärker in den Fokus zu rücken. „Fortschritt erfolgt häufig schrittweise und sollte nicht nur auf großes Aufsehen erregende Ereignisse reduziert werden. Ein umfassender Blick auf die Märkte würde den Zuschauern helfen, die Entwicklungen besser einzuordnen und die übergreifende positive Tendenz der Börse zu erkennen“, erklärt Ciccone.
Die Studie wirft ein Licht auf einen kritischen Aspekt der Medienberichterstattung: die Notwendigkeit, Negative News und „Big News Bias“ zu hinterfragen, um eine ausgewogenere und informierte Berichterstattung zu fördern. In Anbetracht der wachsenden Tendenz zur „News-Avoidance“ in westlichen Gesellschaften könnte eine Umstellung auf eine differenziertere Berichterstattung sogar helfen, das Überforderungsgefühl vieler Konsumenten zu lindern.
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Bildquelle:
- df-heute-journal: ZDF