TV-Jahr 2020: Was bisher geschah

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Shows ohne Studiopublikum, Quotenhoch bei der „heute-Show“ und erstmals seit 64 Jahren kein ESC: Das Fernsehjahr 2020 ist wegen der Corona-Krise anders als die bisherigen.

Die Sommerpause geht los: „Wer wird Millionär?“, die Sonntagskrimis und die Talkshows gehen nach und nach in die Sommerpause des wohl ungewöhnlichsten (TV-)Jahres seit langem (DIGITAL FERNSEHEN-Artikel vom Tag). Zeit für einen Überblick, was 2020 bislang im TV geschah.

GOTTSCHALK: Deutschlands TV-Unterhaltungskönig Thomas Gottschalk wurde am 18. Mai 70 Jahre alt und konnte es selbst kaum glauben. Er feierte live beim ZDF in Berlin in den Ehrentag hinein mit Überraschungsgästen wie Günther Jauch, Barbara Schöneberger, Alice Schwarzer, Katarina Witt und Joko und Klaas. Jeder wolle zwar 100 werden, aber niemand 70, stellte Gottschalk fest. Die für November geplante Sonderausgabe von „Wetten, dass..?“ wird aber wegen der Corona-Krise um ein Jahr verschoben. „‚Wetten, dass..?“ kann keine Notausgabe sein, das muss ’ne Party sein und das muss ’ne Nostalgie-Party sein.“ Und das sei unmöglich, wenn Gäste und Publikum wegen der Corona-Pandemie beispielsweise Masken tragen müssten.

JAUCH: Der RTL-Klassiker „Wer wird Millionär?“ mit Günther Jauch verabschiedete sich schon am Pfingstmontag mit einem Promi-Special in die Sommerpause (DF-Artikel vom Vortag). Die Quoten waren – wie bei so vielen vertrauten Sendungen – in den vergangenen Monaten besonders gut. Mitte Mai überraschte der Kandidat Thomas Berg aus Dortmund mit einem Heiratsantrag vor laufenden Kameras seine Liebste und die Zuschauer. Er fiel vor seiner Partnerin auf die Knie und hielt um ihre Hand an. Anfang September startet laut RTL die 46. Staffel mit neuen Folgen.

ELSTNER: TV-Altmeister Frank Elstner (78) zieht sich endgültig zurück und zeigt seine letzte Show beim Streamingdienst Netflix ab 12. Juni (DF berichtete). Die Talkshow heißt „Wetten, das war’s..?“, frühere Folgen dieses Formats sind bei der Plattform Youtube veröffentlicht worden.

JOKO & KLAAS: 15 Sendeminuten bei ProSieben nutzten die beiden Entertainer, um auf ein vernachlässigtes Thema ein Schlaglicht werfen zu lassen. Mitte Mai präsentierte Autorin Sophie Passmann den Beitrag „Männerwelten“, in dem es um Sexismus ginG. Das wurde anschließend viel diskutiert. Es ging unter anderem um dumme Sprüche oder ungefragt geschickte Penisbilder (Dick Pics). Hintergrund ist die Show „Joko & Klaas gegen ProSieben“, bei der Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf gegen ihren Arbeitgeber antreten und sich eine Viertelstunde zur besten Sendezeit erspielen können.

HEUTE-SHOW: Die ZDF-Satiresendung „heute-show“ ist seit der Corona-Krise – wie die echten Nachrichtensendungen von „Tagesschau“ bis „heute“ und „RTL aktuell“ – in einem Quotenhoch: Die Show mit Oliver Welke schaffte mehrmals den Sprung über die 5-Millionen-Marke. Am 1. Mai wurde die Nachrichtensatire außerdem selbst zur Nachricht. Ein Kamerateam der Sendung wurde nach Dreharbeiten bei einer Demonstration gegen die Corona-Auflagen in Berlin von einer Gruppe Vermummter attackiert. Sechs Menschen wurden dabei nach ZDF-Angaben verletzt. Die „heute-show“ ging 2009 an den Start, zunächst nur einmal im Monat. Seit 2010 hat sie ihren wöchentlich Platz am Freitagabend.

TATORT: Die Krimireihe „Tatort“ wird in der zweiten Jahreshälfte 50 – und zum Jubiläum dürfen Zuschauer im Sommer mitbestimmen, welche Wiederholungen laufen. Aus einer Liste von 50 besonders erfolgreichen Filmen der vergangenen 20 Jahre können Zuschauer für die Sonntage ab 21. Juni elfmal hintereinander ihre Favoriten wählen. Freitags laufen zudem Klassiker der Reihe. Die Saison fiel mit hohen Einschaltquoten in der Corona-Krise auf, aber nicht unbedingt mit starkem Krimistoff. Für Aufsehen sorgte der Start des ambitionierten neuen Saar-Teams am Ostermontag, ein letzter Auftritt von Hannelore Elsner in einem sonst drögen Frankfurter Fall sowie Maria Furtwängler in gleich zwei Göttingen-Krimis innerhalb von vier Wochen.

ANDERE KRIMIS: Nach 20 Jahren und 30 Folgen war Senta Berger am 28. März zum letzten Mal als TV-Ermittlerin Dr. Eva Maria Prohacek in der ZDF-Samstagskrimireihe „Unter Verdacht“ zu sehen, was mehr als 7 Millionen schauten, auch wenn der Film schon im Herbst bei Arte zu sehen gewesen war. Die ZDF-Samstagskrimis wie „Ein starkes Team“, „Wilsberg“, „Stralsund“ oder der „Erzgebirgskrimi“ fahren ebenso wie die Freitagskrimis („Die Chefin“, „Der Alte“) oder „Soko Wismar“-Serienspecials regelmäßig Topquoten über sieben Millionen ein. Auch die ARD kann neben „Tatort“ und „Polizeiruf 110“ etwa für die Stadtkrimireihe wie den „Zürich-Krimi“ mit Christian Kohlund sehr gute Zuschauerzahlen registrieren. ARD-Krimis wie „Die Toten am Meer“ mit Karoline Schuch Ende April sahen auch fast acht Millionen.

TALKSHOWS: Die Sommerpausen der ARD-Talkshows beginnen früher und dauern zum Teil länger als vergangenes Jahr. Die Mittwochssendung „Maischberger – Die Woche“ mit Sandra Maischberger ist vom 10. Juni an in der Sommerpause (Rückkehr am 5. August), der Sonntagstalk „Anne Will“ vom 21. Juni an (Rückkehr 6. September) und der Montagstalk „Hart aber fair“ mit Frank Plasberg vom 29. Juni an (Rückkehr 24. August). Im ZDF gehen Lanz und Illner beide am 9. Juli, fünf Tage später als letztes Jahr. Die Gesprächssendung „Markus Lanz“, die dienstags bis donnerstags am späten Abend läuft, kommt am 11. August wieder, der Polit-Talk „Maybrit Illner“ am Donnerstag, 20. August.

TRAUMSCHIFF: Am zweiten Weihnachtstag und an Neujahr hatte sich das „Traumschiff“ mit seinem neuen Kapitän Florian Silbereisen noch gegen den „Tatort“ durchgesetzt. An Ostern aber siegte nun wieder der Krimi-Klassiker – und das, obwohl nur eine Wiederholung lief. 6,3 Millionen schauten Ostersonntag das Marokko-Schiff, mehr als 7 Millionen den alten Münster-„Tatort: Summ, Summ, Summ“ von 2013 mit Roland Kaiser in einer Gastrolle. Im Vergleich mit Ostern 2019 legte das „Traumschiff“ aber über eine Million Zuschauer zu.

EUROVISION SONG CONTEST: Das gab es noch nie, dass der seit 1956 jährlich stattfindende ESC abgesagt wurde. In der Corona-Krise aber kam Rotterdam nicht zum Zuge mit dem Groß-Event. Stattdessen ließ der NDR für die ARD Barbara Schöneberger ein deutsches Finale in Hamburg moderieren und die Leute abstimmen. Aus Sicht der deutschen Zuschauer wurde Litauen (The Roop mit „On fire“) zum „Sieger der Herzen“. Bei einer von Stefan Raab bei ProSieben organisierten Ersatzshow namens „Free European Song Contest“ mit eigenen Songs und dem Moderatorenteam Conchita Wurst und Steven Gätjen gewann Nico Santos („Like I Love You“) für Spanien. Im Quotenvergleich siegte die ARD.

MASKED SINGER: Die zweite Staffel der ungewöhnlichen Musik-Rateshow mit Promis in Kostümen gewann das Faultier, in dem der Schauspieler Tom Beck („Alarm für Cobra 11“) steckte. Zwischendurch pausierte die ProSieben-Show, weil „Drache“ Gregor Meyle „ein bisschen Corona“ hatte, wie er später sagte. Studiopublikum gab es nur zu Beginn, Musiker Angelo Kelly als rappende Kakerlake stieg aus, weil ihm das Pendeln zwischen seinem Wohnort in Irland und Köln in der Corona-Krise zu gefährlich wurde. Die dritte „Masked Singer“-Staffel soll bereits im Herbst kommen.

DSCHUNGELCAMP und CO: Erinnert sich noch jemand an die Buschbrände in Australien? Sie sorgten im Januar vor dem RTL-Dschungelcamp für Diskussionen, ob „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“ überhaupt stattfinden sollte. Prince Damien – DSDS-Gewinner von 2016 – gewann dann die 14. Staffel. Fast mehr Echo bekam die ähnliche Sat.1-Show „Promis unter Palmen“. Während der Ausstrahlung tauchten Videos des späteren Siegers Bastian Yotta auf, die ihm mediale Ächtung einbrachten. Außerdem entspann sich ein Mobbing-Skandal rund um Claudia Obert, Carina Spack und Matthias Mangiapane.

DSDS, GNTM, DANCE: Florian Silbereisen ersetzte den Musiker Xavier Naidoo in der Jury der drei letzten RTL-Liveshows von „Deutschland sucht den Superstar“ (DSDS). Vom 21. März bis zum Finale am 4. April, das der 26 Jahre alte Schlagersänger Ramon Roselly (eigentlich Kaselowsky) gewann, saß der Schlagerstar überraschend passend in der Jury neben Dieter Bohlen, Pietro Lombardi und Oana Nechiti. Naidoo, der immer wieder im Zusammenhang mit Verschwörungsgerede auftaucht, hatte seinen Platz in der Jury verloren, nachdem es heftige Rassismusvorwürfe gegen ihn gegeben hatte. Die 15. Ausgabe der ProSieben-Mädchenshow „Germany’s next Topmodel“ gewann die 21-jährige Jacky aus der Nähe von Wiesbaden. Das Finale verlief wegen der Corona-Krise anders – Heidi Klum moderierte die Show aus dem Homeoffice in Los Angeles. Die 13. Staffel der RTL-Tanzshow „Let’s Dance“ gewann Zirkusartistin Lili Paul-Roncalli (22) mit ihrem Profitänzer Massimo Sinató. Zweite wurden Kletterer Moritz Hans (24) und Profitänzerin Renata Lusin.

KIEWEL UND MROSS TROTZ CORONA: Schon im 20. Jahr moderiert Andrea Kiewel seit Anfang Mai die Open-Air-Show „ZDF-Fernsehgarten“ – und sie fällt auch trotz Corona-Krise nicht aus, findet aber auf dem Mainzer Lerchenberg ohne Publikum statt. Im Ersten läuft auch das ARD-Gegenstück „Immer wieder sonntags“ mit Moderator Stefan Mross – ebenfalls ohne Live-Publikum im Europa-Park in Rust bei Freiburg.

OLIVER POCHER und MICHAEL WENDLER: Moderatorin Laura Wontorra sprach schon Anfang März vom „Duell des Jahres“, als sich Comedian Oliver Pocher (42) und Schlagersänger Michael Wendler (47, „Egal“) bei RTL zur Showdown-Show „Pocher vs. Wendler“ trafen. Es sollte der Abschluss eines wochenlangen Zwists sein. Nach neun Spielrunden und einem Finale gewann Pocher. Der Wendler sagte zu seiner Freundin Laura Müller: „Pech im Spiel, Glück in der Liebe“. Wochenlang hatten sich die beiden Streithähne eine Fehde aus der Ferne in sozialen Netzwerken wie Instagram geliefert. Das Konzept der RTL-Show erinnerte an das TV-Duell „Alle auf den Kleinen“ zwischen Pocher und Boris Becker nach einem Twitter-Kleinkrieg im Jahr 2013.

MEHRTEILER: Das ZDF fuhr im März zum Beispiel gute Quoten mit dem Dreiteiler „Unterleuten – Das zerrissene Dorf“ über ein fiktives Dorf im Windparkstreit ein, die ARD mit der Nachkriegsfamiliengeschichte „Unsere wunderbaren Jahre“. Nicht ganz so gut lief es im April mit dem ARD-Zweiteiler „Der Überläufer“ nach dem Roman von Siegfried Lenz von Oscar-Preisträger Florian Gallenberger mit Jannis Niewöhner.

LINDENSTRASSE: Die letzte und 1758. Folge des ARD-Klassikers nach fast 35 Jahren war am 29. März recht unspektakulär. In der Schlussszene steht Helga Beimer (Marie-Luise Marjan) auf der Straße und lässt ihren Blick verklärt über die Hausfassaden schweifen. Dann geht sie ins Restaurant „Akropolis“ zur Feier ihres 80. Geburtstags.[Gregor Tholl]

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