Für Vox ist Guido Maria Kretschmer ein Goldesel, kein Wunder also, dass auch die große Schwester RTL vom Erfolgsfaktor Guido profitieren will. Doch einen durchdachten Plan gibt es dafür offenbar nicht, vielmehr scheinen die Kölner den Designer um jeden Preis ins eigene Programm drücken zu wollen.
Man kann es kaum anders ausdrücken: Mit der „Shopping Queen“ ist Vox 2012 auf eine wahre Goldgrube gestoßen. An Männern dürfte die Styling-Doku zwar mehr oder weniger vorbeiziehen, doch gerade beim weiblichen Geschlecht kommt die Suche nach dem perfekten Outfit seit mittlerweile mehr als 475 Episoden an. Maßgeblich verantwortlich für den Erfolg dürfte vor allem Star-Designer Guido Maria Kretschmer sein, der jede Woche Mode-Junkies zum Klamotten-Shoppen in die Stadt schickt und dabei für Vox fleißig kommentiert, was den Damen so zwischen die Finger kommt.
Dass Kretschmer offenbar einen Nerv getroffen hat, blieb allerdings nicht lang unentdeckt. So kam daher keineswegs überraschend, dass im vergangenen Jahr auch die große Schwester RTL damit begonnen hat, ihre Finger gierig nach der Kult-Figur von Vox auszustrecken, um so dem eigenen Sender mehr Pep und vielleicht sogar ein neues festes Gesicht zu geben. Doch je länger sich die Kölner daran abmühen, Guido in ihr Programm zu drücken, je mehr bekommt man den Eindruck, dass RTL nicht so richtig weiss, wohin mit ihm.
Zunächst brachte RTL Kretschmer im vergangenen Herbst in der Jury beim „Supertalent“ unter, wo er sein Fachwissen als Designer allerdings wenig zum Einsatz bringen kann. Immerhin sind es vor allem Sänger, Tänzer, Musiker und die mitunter skurrilen Akteure, die in der Show eine Bühne suchen. Im April folgte dann mit „Hotter than my Daughter“ ein eigenes Format, in dem modisch schwer extrovertierte Mütter und ihre Töchter auf den richtigen Modeweg gebracht werden sollen. Doch was einmalig vielleicht für leichte Unterhaltung sorgen kann, wird durch den stoisch immer gleichen Ablauf schnell ermüdend. Es fehlt schlicht die Leichtigkeit der „Shopping Queen“ und bietet für den Zuschauer auch kaum die Chance, sich die ein oder andere Idee abzuschauen.
Neben Talentsuche und Umstyling kommt nun die Suche nach „Deutschlands schönster Frau“, wie RTL mitteilte. In der neuen Show sucht Kretschmer für den Sender – wie der Titel schon sagt – die schönste Frau des Landes, wobei neben dem Aussehen auch Persönlichkeit, Herz und Verstand entscheiden. Alter und körperliche Normen sollen zwar keine Rolle spielen, dennoch handelt es sich im Grunde um nichts anderes als eine Misswahl im Fernsehen, verknüpft mit der netten Botschaft, dass Schönheit nichts mit Idealmaßen zu tun hat.
Innovativ ist das Konzept allerdings nicht und schaut man sich die erste Ankündigung von RTL an, so scheint die Show auch nicht das Potential zu haben, ein wirklicher Kracher zu werden – weder aus Quoten-Sicht noch mit dem Blick darauf, vielleicht eine zweite „Shopping Queen“ aus der Traufe zu heben. Auch bei „Hotter than my Daughter“ sehen die Zukunfts-Prognosen trüb aus. Das Format konnte den aktuellen Senderschnitt nur schwer halten, eine Fortsetzung steht derzeit noch in den Sternen.
Es ist nicht zu übersehen, dass RTL sich wahrlich mühe gibt, den 49-jährigen Designer in sein Programm zu integrieren, doch einen richtigen Plan scheint sich der Kölner Sender dafür nicht gemacht zu haben. Es gibt kein ausgereiftes Konzept für ein neues Format, mit dem RTL tatsächlich von der Popularität Kretschmers profitieren und ein Statement setzen kann. Stattdessen wir vielmehr auf mehreren Feldern herumprobiert, in der Hoffnung, vielleicht doch zufällig auf Gold zu stoßen – bisher allerdings mit mäßigem Erfolg. An dieser Stelle stellt sich daher auch die Frage, ob RTL Kretschmer der kleinen Schwester Vox nicht einfach lassen sollte, statt ihn planlos mit Macht an sich ziehen zu wollen. [Kommentar von Frances Monsheimer, Redakteurin]
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