
Berühmt wurde Gillian Anderson mit „Akte X“. Später wurde sie für ihre Darstellung einer sexpositiven Mutter in «Sex Education» gefeiert. In «Der Salzpfad» zeigt sie eine Leistung der Sonderklasse.
Mit ihrer Darstellung der FBI-Agentin Dana Scully in dem erfolgreichen Fernsehserien-Hit „Akte X“ eroberte sich die US-Amerikanerin Gillian Anderson in den 1990er Jahren ein Millionenpublikum. Lange sorgte allerdings selten ihr schauspielerisches Können für Schlagzeilen. Viele Fans interessierte eher, ob sie mit Serien-Partner David Duchovny auch privat verbunden war. Was beide bis heute dementieren.
Zwei gehypte Stars
Seit sie aber in den beliebten Serien „Sex Education“ (als sexpositive Mutter) und „The Crown“ (als Margaret Thatcher) aufgetrumpft hat, wird die jetzt 56-Jährige vor allem als Charakterdarstellerin gefeiert. Ein 2024 veröffentlichtes Buch über die sexuellen Fantasien von Frauen („Want“) befeuerte den Hype.
In der Verfilmung des gleichnamigen Buches „Der Salzpfad“ von Raynor Winn begeistert Gillian Anderson mit ihrer beeindruckenden Schauspielleistung. An ihrer Seite Jason Isaacs, der seit seinem hochgelobten Auftritt in der Reichen-Satire „White Lotus“ nicht minder gefeiert wird.
Darum geht es im Film
Erzählt wird die Geschichte des Ehepaares Raynor (Anderson) und Moth Winn (Isaacs). Finanzielle Not und eine schwere Krankheit von Moth haben die zwei aus der Bahn geworfen. Sie schlagen daraufhin einen radikal neuen Lebensweg ein: Das Paar läuft den South West Coast Path ab, einen berühmten, mehr als 1.000 Kilometer langen Wanderweg an der Küste Südenglands. Ganz klar dabei: Der Weg ist das Ziel. Was die echte Raynor Winn in ihrem Bestseller eindringlich beschrieben hat.
Ausgelöst von der Filmveröffentlichung flammte ein Großbritannien eine Debatte um die Buchvorlage auf. Die britische Sonntagszeitung „The Observer“ meldete erhebliche Zweifel an der Story, die auf wahren Begebenheiten beruhen soll, an. Autorin Winn bezeichnete daraufhin im ‚Guardian‘ den Bericht als „höchst irreführend“. Ihr Buch sei weiterhin die „wahre Geschichte unserer Reise“. Sie erwäge rechtliche Schritte.
Erzählt wird im Filmnicht von einem mit Action gespickten Abenteuer, sondern vom Ringen um die eigene Würde, von Hoffnungen, auch dem Verlust von Illusionen. Dabei nimmt das oft von Zweifeln und Ängsten geprägte Miteinander des Ehepaares breiten Raum ein. Gespiegelt wird das in vielen verhaltenen Momentaufnahmen der Zweisamkeit.
Einprägsam ist dabei vor allem die Faszination im Bann von Naturschönheiten oder das Nachdenken über den Sinn des menschlichen Daseins in intensiven Gesprächen. Wobei Raynor dem schwer kranken Moth immer wieder Zuversicht schenken muss, was sie selbst oft an die Grenzen ihrer Kraft bringt.
Chemie zwischen Anderson und Isaacs ist perfekt
Gillian Anderson fesselt als nicht mehr jugendliche Frau, die mit großer Anstrengung eine existenzielle Krise meistern muss. Glamour hat dabei keine Chance. Die Schauspielerin setzt stattdessen auf zurückhaltende Mimik und Gestik. Damit vermeidet sie jeden Anflug von drohender Sentimentalität und erreicht eine wahrlich erschütternde Intensität.
Jason Isaacs, vor „White Lotus“ vor allem bekannt als Lucius Malfoy in den „Harry Potter“-Verfilmungen, begeistert nicht minder. Die Chemie zwischen ihm und Anderson ist perfekt. Manche leise Szene um die unerschütterliche Liebe des Paares dürfte vielen im Publikum Tränen in die Augen treiben.
Theaterregisseurin Marianne Elliott hat sich bei ihrem Spielfilm-Debüt ganz auf die Ausstrahlung ihres Hauptdarsteller-Duos verlassen. Vor allem die überaus glaubwürdige und deshalb enorm berührende Darstellung von Gillian Anderson sorgt dafür, dass eine wesentliche Wirkung der Geschichte eines auf den ersten Blick unspektakulären Überlebenskampfes auf die Kino-Leinwand übertragen wurde: Liest sich das Sachbuch wie ein Roman, mutet der Film wie die Spiegelung wahren Lebens an.
Von Peter Claus, dpa / Redaktion DF: mw
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