Kino made in Germany

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Kino made in Germany, Teil 4

Der Hoffnungsträger: Tom Tykwer

 



Eine der stärksten Handschriften des zeitgenössischen deutschen (und mittlerweile auch internationalen) Kinos gehört sicherlich Tom Tykwer. Der sympathische Wuppertaler, der mit seiner in Berlin ansässigen Firma X-Filme Creative Pool auch als Produzent und Verleiher tätig ist, stellte mit „Drei“ kürzlich seinen ersten in deutscher Sprache gedrehten Film seit zehn Jahren vor. Die ambitionierte und überaus gelungene Tragikomödie, die in der Kinoauswertung zu Unrecht etwas untergegangen ist, erscheint am 27. Mai bereits auf Blu-ray – die ideale Gelegenheit, um einen der interessantesten Filme des noch jungen Kinojahres für sich zu entdecken.



Drei

 



Im Mittelpunkt der Geschichte steht eine Ménage-à-trois der etwas anderen Art. Hanna (Sophie Rois) liebt Simon (Sebastian Schipper) und betrügt ihn nach 20 Jahren Beziehung dennoch mit Adam (Devid Striesow). Der hat wiederum ein Auge auf Simon geworfen, allerdings ohne zu wissen, dass seine beiden neuen Eroberungen ein Paar sind. Hanna liebt Simon liebt Adam liebt Hanna – so einfach, und doch so kompliziert.



 



Zugegeben: Die Grundkonstellation klingt stark nach den allzu seichten Beziehungskomödien der Mittneunziger, doch was Tykwer mit seinem Drehbuch will und auch erreicht, ist viel mehr als das. Er entwirft ein Kaleidoskop des modernen Großstadtlebens, in dem Lust und Liebe, Leben und Tod, Lebenslust und -frust gleichberechtigt nebeneinanderstehen. Die ganze Komplexität unserer Zeit, an der die Figuren in den stillen Momenten der Geschichte beinahe zu zerbrechen drohen, spiegelt sich im überbordenden visuellen Reichtum des Films. Tykwer schafft es tatsächlich, dem Splitscreen-Verfahren neue und aufregende Seiten abzugewinnen, indem er die Ebenen vervielfacht und in kunstvoll getimten Montagen parallele Ereignisse sowie Vergangenheit und Zukunft miteinander verquickt. Das ist herausfordernd, spannend, neu, überfordert einen als Zuschauer zuweilen, bringt allerdings auch viel frischen und experimentellen Wind in die Bild- und Erzählsprache, was seine letzten Filme („The International“, „Das Parfüm“) ein wenig vermissen ließen.



 



Die Dreiecksbeziehung der Protagonisten lebt voll und ganz vom hervorragenden Ensemble, aus dem die Österreicherin Sophie Rois noch einmal besonders heraussticht. Ihre überwältigende Natürlichkeit steht ihrer starken, selbstbewussten und doch stetig suchenden Figur perfekt zu Gesicht. Den Spagat zwischen reinrassigen Elementen der Komödie und zutiefst emotionalen Momenten des Dramas meistert sie ebenso mühelos wie der gesamte Film. Man mag es kaum glauben, aber Tom Tykwer gelingt mit „Drei“ tatsächlich eine nahezu perfekte Synthese aus der amüsanten Leichtigkeit der klassischen Beziehungskomödie, der emotionalen Eindringlichkeit der „Berliner Schule“ und dem cinematografischen Ungestüm, mit dem er zu Beginn seiner Karriere für Furore sorgte.



Drei
Genre: Komödie
Land/Jahr: DE 2010
Regie: Tom Tykwer
Darsteller: Sophie Rois, Sebastian Schipper, Devid Striesow

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