Urteil: Wer erbt Facebook-Konto eines Kindes?

45
152
Bild: © Victoria - Fotolia.com
Bild: © Victoria - Fotolia.com

Was passiert mit einem Facebook-Konto, wenn dessen minderjähriger Nutzer verstirbt? Wer bekommt Zugriff auf die Daten des Kindes? Mit diesen Fragen beschäftigte sich nun das Landgericht Berlin und sprach den Eltern das Erbe zu. Facebook selbst hat allerdings Bedenken.

Eltern haben einen Anspruch auf Zugang zum Facebook-Konto ihres verstorbenen Kindes. Das geht aus einem am Mittwoch bekanntgewordenen Urteil des Landgerichts Berlin hervor. Der Vertrag mit dem Sozialen Netzwerk sei Teil des Erbes, heißt es in der Entscheidung. Die Richter wollten den digitalen Nachlass nicht anders behandelt sehen als etwa Briefe oder Tagebücher. Geklagt hatte eine Frau, deren Tochter 2012 unter bisher ungeklärten Umständen tödlich verunglückt war. Die Mutter hofft, über das Facebook-Konto etwaige Hinweise auf Motive für einen möglichen Suizid ihrer Tochter zu bekommen.

Das Persönlichkeitsrecht des verstorbenen Kindes stehe der Entscheidung nicht entgegen, so die Richter. Als Sorgeberechtigte seien die Eltern berechtigt zu wissen, wie und worüber ihr minderjähriges Kind im Internet kommuniziere – sowohl zu Lebzeiten als auch nach dessen Tod.
 
Der Zugriff der Eltern auf Pinnwandeinträge und Chats der Tochter verletzt nach Ansicht der Richter auch nicht die Datenschutzrechte der Kommunikationspartner der Tochter. Facebook äußerte dagegen Bedenken: „Wir bemühen uns darum, eine Lösung zu finden, die der Familie hilft und gleichzeitig die Privatsphäre Dritter, die möglicherweise betroffen sind, schützt“, teilte ein Sprecher mit.
 
Dem Anwalt der Eltern, Christian Pfaff, zufolge, ist es das erste Urteil in Deutschland, das die Vererbbarkeit eines Facebook-Kontos feststellt. Auch eine gesetzliche Regelung gebe es bisher nicht. Weiter offen sei allerdings, ob Facebook auch den Erben eines Erwachsenen vollständigen Zugang zum Konto des Verstorbenen gewähren muss. [dpa/fs]

Bildquelle:

  • Technik_Web_Artikelbild: © Victoria - Fotolia.com

45 Kommentare im Forum

  1. Das ist ein sehr intressantes Thema - wollte dazu schon einen Thread im Smaltalk Forum erstellen Persönlich finde ich da die Einstellung von Facebook richtig: Die Grundrechte wie das Briefgeheimnis und Fernmeldegeheimnis muss für Minderjährige genauso gelten wie für Erwachsene und ein "Vererben" von Accounts die Persönliche Informationen beinhalten sollte es deshalb nicht geben. Der Grösste Feind des Datenschutzes sind hier mal wieder nicht Facebook und US-Unternehmen, sondern der Deutsche Staat und die Deutsche Justiz.
  2. Da gibt es glaube ich Einiges zu diskutieren. Auf der einen Seite denke ich, dass man nach dem Tod den unmittelbaren Familienmitgliedern ja ohnehin in der Regel alles überlässt, seien es Konten etc. Würde ich sterben würden meine Angehörigen auch automatisch Zugriff auf meine Dokumente etc. erhalten. Warum soll das digital anders sein? Auf der anderen Seite ist das Vererben eines "aktiven" Accounts ja etwas ganz anderes. Sofern Facebook nicht dafür sorgt dass automatisch dieses Konto "auf Eis" gelegt wird, könnten damit die Angehörigen ja Dinge posten, die der Verstorbene nicht gewollt hätte. Es kann eigentlich nur eine Option geben und die wäre denjenigen vorher entscheiden zu lassen den es betrifft. Ein simpler Haken bei der Accountverwaltung "ich wünsche keinen Zugriff auf meine Privatsphäre durch Angehörige" würde ja reichen.
  3. Die Erben treten in alle "Rechte und Pflichten" des Verstorbenen ein. Als Erbe ist daher gerade das Wichtig zugriff auf entsprechende Informationen zu erhalten, denn viele Rechnungen etc. kommen heute online per Email und bekanntermaßen beendet der Tod eben nicht automatisch alle Verträge und Zahlungsverpflichtungen. Machtsgut - Dein digitaler Nachlass
Alle Kommentare 45 im Forum anzeigen

Kommentieren Sie den Artikel im Forum