Ex-Sat.1-Prgrammchef Kogel: TV-Quoten überbewertet

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Erfolg oder Misserfolg, darüber entscheidet im TV-Programm vor allem die Quote. Sie beeinflusst Sender und Künstler in der Gestaltung der einzelnen Formate und auch die Werbekunden orientieren sich an den ermittelten Marktanteilen. Mächtig aber doch überbewertet. Denn eine gute Quote bedeutet nicht gleichzeitig gute Qualität, sagt zumindest der Ex-Sat.1-Programmchef Fred Kogel.

Gute Konzepte und die dazu passenden Gesichter – danach suchen die TV-Sender nahezu ununterbrochen. Sie produzieren, probieren und feilen an den Details. Ob ein Format letztlich funktioniert, entscheidet aber einzig die TV-Quote. Entspricht die nicht den Erwartungen des Senders, wird das Format schnell wieder aus dem Programm genommen. Harald Schmidt und Thomas Gottschalk haben die Macht der einen TV-Zahl erst kürzlich am eigenen Leib erfahren. Doch die Quote sei nur „Oberfläche“, zitiert die „Süddeutsche Zeitung“ den ehemaligen Sat.1-Geschäftsführer Fred Kogel.

Sie bilde lediglich das Endergebnis ab, sage aber nichts über die Qualität der Sendung aus. Viele Macher ließen sich von der Quote knechten, erklärte Kogel, der neben seiner Zeit bei Sat.1 auch als Produzent von „Wetten, dass…?“ und als Unterhaltungschef beim ZDF tätig war, dem Magazin. „Wenn ich mir die Programme mancher Comedians anschaue, bin ich fast beleidigt: Ich weiß, die könnten es besser, schlauer – aber im Fernsehen werden sie platter, einfach nur, weil sie an die Quote denken“.
 
Masse statt Klasse, so scheint die Devise der Verantwortlichen zu lauten. Man suche das „größte gemeinsame Vielfache, also zwangsläufig das Einfachste“, so Kogel weiter. Daher sei das Fernsehen auch genau so, wie es eben ist.
 
Das unter dieser Praxis vor allem die Qualität zu leiden hat, scheinen die Sender hinzunehmen. Dabei warnte Michael Darkow, Geschäftsführer der Fersehabteilung bei dem Marktforschungsunternehmen GfK, die für die Quotenmessung verantwortlich ist, davor, die Zahl zu überschätzen: „Wenn man die Zahlen als absolute Wahrheit ansieht, bekommt man Probleme“. Diese sagten nichts über Höhen und Tiefen der Sendung aus.
 
Zudem berücksichtige sie nicht die Verbindung zwischen zwei nachfolgenden Formaten. Nach Aussage von Darkow falle die Quote häufig bereits in den letzten Minuten einer Sendung dramatisch. Die gesunkene Zahl bezieht der Quotenleser dann oftmals direkt auf die Folgesendung. Als Ergebnis blieben verlorene Prozentpunkte – und das ist in der Regel schlecht. Dabei kann der Nachfolger nicht einmal zwingend etwas dafür. „Es gibt nicht viele in diesem Land, die Quoten lesen und wirklich verstehen können“, resümierte der zuständige GfK-Mann in der Beilage der „Süddeutschen Zeitung“. Daher sei es um so fataler, sich einzig auf diese Zahlen zu verlassen. Zumal sie auch nichts über die Wahrnehmung der Zuschauer aussage. So ließen viele Nutzer den Fernseher auch nur im Hintergrund laufen ohne wirklich hinzusehen.
 
„Die Quote ist verführerisch einfach, deshalb wird sie gern zitiert. Aber sie wird tendenziell verschwinden“, prophezeite Werbefachmann Florian Heller dem Magazin. Entscheidend für die Werbeindustrie seien statt der Quote vielmehr Kundenprofile, denn die Quote verrate überhaupt nichts über die Wirkung der Werbung auf die Zuschauer. Die richtigen TV-Konsumenten zu erreichen werde daher längerfristig betrachtet eine höhere Priorität einnehmen, als einfach nur möglichst viele Zuschauer zu erreichen. [fm]

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5 Kommentare im Forum

  1. AW: Ex-Sat.1-Prgrammchef Kogel: TV-Quoten überbewertet Späte Einsicht! Mit einem qualitativ hochwertigeren Angebot würde dieser Privatsender nicht so oft neue Sendungen aus dem Programm kippen, die nicht die "erwartete" Quote erreichen. Vielleicht sind auch die Erwartungen an die Sendungen zu hoch geschraubt. Und... die Qualität einer Sendung läßt sich nicht an der Zahl der Zuschauer ablesen! "Wer allen gefallen will, wird letztendlich Niemandem gefallen!"
  2. AW: Ex-Sat.1-Prgrammchef Kogel: TV-Quoten überbewertet Zu seiner Zeit bei Sat1 (1995-2000) hatte man aber noch einen "langen Atem"
  3. AW: Ex-Sat.1-Prgrammchef Kogel: TV-Quoten überbewertet Sat1 solllte den mann zurueckholen. Kann nur besser werden.
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