Phoenix zeigt in Film die zwei Gesichter Hollands

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Bild: Destina - Fotolia.com
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Bonn – Phoenix zeigt am Dienstag (3. Juni) um 20.15 Uhr den Film „Der Türke im Wunderland – Die zwei Gesichter Hollands“ erstmalig im deutschen Fernsehen. Regie führte Lourdes Picareta.

„Früher war ich für sie der stinkende Türke. Es war schlimm, aber ich hatte mich damit abgefunden. Aber seit 9/11 und erst recht seit dem Mord an Theo van Gogh, bin ich nur noch der Muslim und man meint damit, ich bin gefährlich. Bitte Leute, ich will wieder der stinkende Türke sein!“

Humorvoll hält der 29-jährige holländisch-türkische Fernsehjournalist Ersin Kiris Holland in seiner 14-tägigenen Satire-Fernsehsendung einen Spiegel vor. Das Bild des liberalen Hollands mit seiner Multi-Kulti-Gesellschaft, das war nur ein Mythos.
 
Das könne er mit der Geschichte seines jungen Lebens in dem Land, in dem er geboren ist, beweisen. Schizophren sei er, sagt er, weil er zwischen zwei konträren Welten aufgewachsen ist, ohne sich letztendlich einer davon zugehörig zu fühlen. Im Fernsehen das Absurde in der holländischen Gesellschaft zu zeigen, sei für ihn
Therapie.
 
Ersin ist eines von drei Kindern türkischer Migranten, ehemaliger anatolischer Bauern. Er wächst in Den Haag auf und verbringt sein Leben in einer Parallelgesellschaft im Türkenviertel. Die Eltern sprechen nach mehr als dreißig Jahren Migration noch kein Wort Holländisch. Im Ganztags-Kindergarten fühlt er sich von der Mutter allein gelassen und zu den katholischen Gebeten vor Essen und Mittagsschlaf hingezogen.
 
Bei den Eltern daheim bekommt er Ärger, weil er dort vor dem Abendessen, wie gelernt, auch das Kreuzzeichen macht. Seine Welt ergibt für ihn keinen Sinn. Den ältesten Bruder schicken die Eltern in die Türkei. Er soll nicht in der holländischen Gesellschaft „verdorben“ werden, in der „Heimat“ soll aus ihm ein richtiger Mensch mit den rechten Werten werden.
 
Nach acht Jahren schickt die verzweifelte Verwandtschaft in Ankara den 18-Jährigen wieder zurück. Am Flughafen Amsterdam steigt aus dem Flieger ein Punk aus – und der Glaube Ersins an die angeblich so heile Welt der Türkei ist erschüttert. Den Punk-Bruder aber findet er cool. Er besucht eine sogenannte „Schwarze Schule“, die Ur-Holländer gehen in die „Weiße Schule“. So bezeichnet man in Holland Schulen mit und ohne Ausländer.
 
Ersin fühlt sich an den Rand gedrängt, sucht Zuflucht bei den rechtsextremen, türkisch-nationalistischen „Grauen Wölfen“. Er macht nicht einmaleinen Schulabschluss.
 
„Mit meiner Biografie sind schon viele Radikalmuslime geworden“, sagt Ersin. Doch er kämpft heute via TV und im eigenen Leben für etwas ganz anderes: Für das alte, liberale Bild von Holland, an das er noch glauben will, nach dem Motto „Lieber stinkender Türke, als potenzieller Mörder“.
 
Gegen Rechtspopulisten, wie den Politiker Geert Wilders, der kurz vor der Veröffentlichung eines neuen Films gegen Muslime und den Koran steht – den er in Holland verbieten will – zieht Ersin zu Felde. Denn sein Land, die Niederlande, wird damit, wie schon bei dem Film „Submission“ und dem Mord an Theo van Gogh, erneut auf die Probe gestellt. (ots)[cg]

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