Aufgemöbelte Klassiker

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Aufgemöbelte Klassiker, Teil 2

Digitale Nachbereitung

Scan-Prozess: nass, trocken, 4K

Der Überarbeitungsprozess beginnt in einem ersten Schritt mit der sorgfältigen Analyse der originalen Filmnegative. Nach deren Zustand richtet sich die weitere Vorgehensweise – und der Aufwand des gesamten Unterfangens. Oft wird zunächst eine manuelle, vorsichtige Reinigung des Filmes durchgeführt. Zudem werden in mühevoller Kleinarbeit Schwachstellen am Ausgangsmaterial repariert, damit es den anschließenden Scanprozess auch in einem Stück übersteht. In besonders schwierigen Fällen muss das Kameranegativ Frame für Frame restauriert werden, zum Teil werden alle Perforierungen gelöst, erneuert und die Einzelbilder anschließend wieder verbunden. Allein diese Prozedur kann einige Wochen Arbeit in Anspruch nehmen.
 
Für den anschließenden Scanprozess setzen die Studios unterschiedliche Methoden ein. Je nach Beschaffenheit der Filmnegative werden trockene oder nasse Verfahren genutzt, manchmal sogar beide. Meistens werden die Bilder zunächst trocken mittels spezieller Scanner eingelesen, da dies für das Material schonender und risikoärmer ist. Anschließend testen die Restauratoren, ob der Film sich für ein nasses Scannen eignet. Ist dies der Fall, wird auf die Negative beidseitig eine spezielle Flüssigkeit aufgebracht, die sich gleichmäßig auf dem Film verteilt. Dadurch wird beim Scanvorgang die Lichtbrechung reduziert und kleine Unebenheiten und Kratzer werden unsichtbar.
 
Oftmals ist es zudem notwendig, mit mehreren Quellen – neben den Negativen werden auch YCM-Protection-Master (Gelb, Cyan und Magenta) dupliziert – zu arbeiten, um das bestmögliche Master zusammenzustellen. Um aus den Filmklassikern das Optimum herauszuholen, werden die Filmnegative im Format 4 000 × 3 000 Pixel eingelesen, was, abhängig vom Bildformat, in etwa der vierfachen Full-HD-Auflösung (4K) entspricht. Der Grund: Wenngleich die Full-HD-Qualität mit deutlich weniger Bildpunkten auskommt, sieht herunterskaliertes Material schlicht schärfer aus als ein Film, der nur in 1 080p eingescannt wurde. Zudem eröffnet die 4K-Bearbeitung die Möglichkeit, die Klassiker in Zukunft in noch besserer Qualität zu veröffentlichen, als es heutige Datenträger erlauben.

Digitale Bildoptimierung

Üblicherweise werden die eingelesenen Bilder im DPX-Format (Digital Picture Exchange) gespeichert. Nun beginnt die Arbeit der digitalen Spezialisten: Sie beheben jene Fehler, die die mechanische analoge Restauration noch nicht korrigieren konnte. Das sind zum Beispiel Risse und Kratzer, die manchmal derart groß sind, dass auch das nasse Scanverfahren sie nicht mehr unsichtbar werden lassen kann. Um diese Schäden zu beheben, werden die entsprechenden Bildausschnitte von benachbarten Frames übernommen und gegebenenfalls mittels Interpolation der Bildpunkte angepasst. Dieses Verfahren wird ebenfalls eingesetzt, um Flecken oder Filmkorn zu retuschieren, die durch die 4K-Auflösung besonders gut sichtbar wären.
 
Ein weiteres Problem, das mithilfe digitaler Nachbearbeitung gelöst wird, ist das Filmflimmern. Es entsteht zum Beispiel dann, wenn es während der Aufnahme Probleme mit dem Kameraverschluss gegeben hat oder wenn der Filmstreifen aufgrund seines Alters allmählich verfällt. Das Resultat ist ein Bild, bei dem man den Eindruck hat, jemand würde in schneller Abfolge das Licht immer wieder ein- und ausschalten. Eine spezielle Software ermittelt die durchschnittliche Helligkeit für jedes Frame, bildet diese auf dem Einzelbild ab und bewahrt so eine stabile Helligkeit. In manchen bewegten Sequenzen alter Filme bricht das Bild an einigen Stellen regelrecht weg, was in Unschärfen resultiert und den Gesamteindruck stark beeinträchtigen kann. Um dieses Problems Herr zu werden, markieren die Spezialisten zunächst kritische Elemente in dem Bildbereich, den sie stabilisieren wollen. Anschließend wird die Bewegung dieser Elemente „getrackt“, also anhand der Bewegungsrichtung durch die Software berechnet. Dadurch wird die Bildbewegung stabilisiert und die gesamte Sequenz wirkt ruhiger.

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