Frequenzdiagramme

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Frequenzdiagramme, Teil 2

Externe Faktoren

In einer Diskussion über Lautsprechermessungen dauert es für gewöhnlich nicht lange, bis der Begriff „schalltoter Raum“ fällt. Eine solche Kabine bietet die perfekten Voraussetzungen, denn sie hat keinerlei raumakustische Auswirkungen. Decken-, Wand- und Bodenreflexionen werden durch Dämmmaterialien eliminiert und eine asymmetrische Bauform verhindert das Auftreten stehender Wellen, auch Raummoden oder Dröhnfrequenzen genannt. Besonders aufwendige Einrichtungen verfügen über eine Raum-in-Raum-Konstruktion, bei der die Kabine durch Aufhängungen oder flexible Standfüße vom akustischen System des Gebäudes abgekoppelt ist.
 
Unsere Messungen finden nicht in einer solchen akustisch sterilen Umgebung statt, sondern in einem durchschnittlich möblierten und eingerichteten Wohnzimmer. Dementsprechend zeigt die Messung stets die raumakustischen Klangverfärbungen, die durch verschiedene Verfahren minimiert werden können. Optimierte Wohnraummessung Unser Testraum ist ausgestattet mit drei speziell angefertigten Plattenschwingern, welche die stehenden Wellen im Tieftonbereich wirkungsvoll bekämpfen. Bei der Positionierung der Einzelkomponenten gibt es zudem simple Tricks, um den Raumeinfluss so gering wie möglich zu halten.
 

So werden die Lautsprecher beim Test beispielsweise in großem Abstand zu reflektierenden Flächen aufgestellt. Die Distanz zwischen Box und Mikrofon ist ebenfalls ein wichtiger Faktor – je mehr man sich der Schallquelle nähert, desto dominanter wird der Direktschall. Vergrößert man die Distanz, so überwiegt ab einer bestimmten Entfernung (abhängig von der Beschaffenheit der Raumflächen) der Diffusschall, also die Reflexionen des Raumes. Eine Nahfeldmessung bei sehr kurzem Abstand von einigen Zentimetern (cm) schließt die Raumeinflüsse weitestgehend aus, ist jedoch praxisfern, da sich das Gesamtklangbild einer Box aus verschiedenen Komponenten wie Tief-, Mittel- und Hochtontreiber sowie eventuell dem Bassreflexrohr zusammensetzt.
 
Um sich entfalten zu können, braucht der Sound dementsprechend eine gewisse Distanz, die von Lautsprecher zu Lautsprecher variiert. Bei unseren Messungen identifizieren wir stets den Punkt, der weit genug entfernt ist, um den Klang in seiner Gesamtheit abzubilden. Ist diese Bedingung erfüllt, wird die Distanz nicht mehr vergrößert, um den Raumeinfluss möglichst gering zu halten. Eine weitere Maßnahme ist die Wahl eines relativ hohen Testpegels – auch hierdurch wächst der Direktschallanteil im Verhältnis zum Diffusschall.
 
Eine kostspielige, aber sinnvolle Vorgehensweise ist die Verwendung einer Referenzbox, deren Frequenzgang keine oder nur minimale Abweichungen aufweist. Mit einem solchen Lautsprecher kann man dem System „beibringen“, welche Divergenzen allein durch den Raum verursacht werden. Bei der Analyse eines Testgerätes wird das Ergebnis dann von den Raumeinflüss bereinigt. 

Theorie und Praxis

Eine Wohnraummessung kann genauso aufschlussreich sein wie eine schalltote Messung, wenn man die angeführten Faktoren berücksichtigt. In gewisser Hinsicht bietet sie sogar die besseren Bedingungen, denn wer hat schon ein schalltotes Wohnzimmer? Kleinere Berge und Täler im Frequenzdiagramm sind bei einem solchen Ergebnis für gewöhnlich den akustischen Verhältnissen zuzuschreiben, die wesentlichen Charakterzüge eines Lautsprechers werden bei der Nahfeldmessung jedoch nicht verschleiert.

(Christoph Hüter)

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