Sommermärchen mit Titel?

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Sommermärchen mit Titel? , Teil 2

Impulse für die Zukunft?

Von einem Boom des Frauenfußballs zu sprechen, wäre vielleicht etwas übertrieben, dennoch ist die Entwicklung weltweit als positiv zu bezeichnen. Schließlich steigen Zuschauer- wie auch Mitgliederzahlen, das Medienecho ist größer denn je und mittlerweile dauert ein Spiel auch bei den Damen 90 Minuten, die Spielbälle sind nicht mehr kleiner oder leichter, und Stollen an den Schuhen sind auch erlaubt.

Nach Angaben des DFB hat dieser mittlerweile schon rund eine Million weibliche Mitglieder, fast 700 000 hiervon spielen sogar aktiv. DFB-Präsident Dr. Theo Zwanziger betont in Interviews stets und gern die Bedeutung der WM 2011, FIFA-Präsident Sepp Blatter ließ unlängst sogar verlauten, dass die Zukunft des Fußballs weiblich sei – Euphemismus oder ganz reale Möglichkeit? An der Qualifikation für die WM 2011 nahmen stolze 122 Nationalmannschaften teil, so viele wie noch nie. Letztlich ist das Starterfeld aber auf 16 Teams limitiert. Der DFB rechnet mit einer Stadionauslastung von rund 80 Prozent, was in etwa 25 000 Zuschauer pro Spiel bedeutet. Schaut man aber auf die Zuschauerverteilung bei den Spielen, so ist zu befürchten, dass so manches Match vor mehr als nur halb leeren Rängen ausgetragen werden wird. Ob die teils äußerst kostengünstigen Ticket-Angebote Abhilfe schaffen, bleibt genauso unbeantwortet wie die Frage, was nach der WM kommt.

Wie kann oder wird zum Beispiel die Frauenbundesliga profitieren? Seit mittlerweile elf Jahren machen Turbine Potsdam und der 1. FFC Frankfurt die Meisterschaft unter sich aus, in der ARD Sportschau wie auch im Sportstudio des ZDF ist die Frauenbundesliga nur eine Randerscheinung, Live-Übertragungen gibt es allenfalls beim Pokalfinale oder bei der Championsleague, so denn ein Bundesligist mit von der Partie ist. Bei der WM wird sich natürlich die versammelte DFB- und Politprominenz blicken lassen, in der kommenden Saison wird stattdessen der graue Liga-Alltag auf der Tribüne Platz nehmen, wie auch Ralf Scholt, Programmdirektor beim Hessischen Rundfunk im Interview mit DIGITAL FERNSEHEN befürchtet: „Die WM ist ein einzigartiges Event und wird nicht direkt auf die Bundesliga durchschlagen“.
 
Als nachdenklich stimmender Vergleich sollen einige Zuschauerzahlen dienen: Zu den 132 Saisonspielen der 1. Frauenbundesliga kamen knapp 110 000 Zuschauer – zu den Heimspielen der Männer des 1. FSV Mainz 05 kamen allein in der Hinrunde über 160 000, der Zuschauerschnitt der Frauen-Topteams aus Frankfurt und Potsdam liegt bei etwas unter 2 000, bei Mainz 05 sind es mehr als zehnmal so viele, Meister Dortmund lässt die Skala mit annähernd 80 000 regelrecht durch die Decke schießen. Nicht unpassend hierzu wird bei den Organisatoren der Frauen-WM gern das Wörtchen „familiär“ benutzt, wohl wissend, dass die WM in all ihrer Inszenierung nichts an der Tatsache ändern wird, dass Frauenfußball einen sehr schweren Stand hat.
 
Ob Informationen, dass Mittelfeldmotor Kim Kulig stets geschminkt auf den Platz geht und „Lira“ Bajramaj 250 Paar Schuhe besitzt, einem ernsthaften Image zuträglich sind, darf auch bezweifelt werden. Letztlich sollte man es vielleicht so sehen, wie es einst die Ruhrpottlegende Alfred „Adi“ Preißler prägnant auf den Punkt brachte: „… entscheidend is’ auf’m Platz!“ – und wenn die Damennationalmannschaft wieder Weltmeister werden sollte, wird der Jubel groß sein – zu Recht! Freuen wir uns also auf packende Spiele, eine spannende, möglichst tor- und siegreiche WM und ignorieren wir lieber Herrn Blatter und seinen Wunsch, Umbaumaßnahmen durchzusetzen, damit er exakt auf Höhe der Mittellinie ein Spiel verfolgen kann. Kümmern wir uns nicht um Make-up und Frisuren, sondern konzentrieren wir uns auf das Relevante!

Interessantes Historisches

Schon 1895 wurde ein Frauenfußballspiel von über 10 000 Zuschauern verfolgt; Nettie Honeyballs „British Ladies“ liefen dabei mit Hüten und Röcken auf.
 
Als Siegprämie für die Europameisterschaft 1989 erhielten die deutschen Spielerinnen ein 40-teiliges Kaffeeservice. Den Finalsieg gegen die Schwedinnen bei der WM 2003 verfolgten über 12 Millionen Zuschauer am TV.
 
Die WM 2007 gewann das deutsche Team ohne ein einziges Gegentor zu kassieren, als Siegprämie gab es diesmal 50 000 Euro pro Spielerin.
(Jan Stoll/jn)

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