Synchronton „Made in Germany“

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Synchronton „Made in Germany“, Seite 2

Nachvertonen und Synchronisieren

Außerdem assoziiert man mittlerweile bekannte Schauspieler mit einem bestimmten Klangbild. Variiert die Stimme, ist man irritiert und fühlt sich aus der Handlung gerissen. Schon während Sprecher gesucht und ausgewählt werden, durchläuft der Text mehrere Übersetzungsprozesse, bis er schließlich angepasst auf die Länge der Sprechpassagen lippensynchron vorliegt. Hat der Sprecher seinen Text eingesprochen, geht der Film letztendlich zum Mischtonmeister. Dieser passt die Stimmen perfekt in die vorhandene M&E-Version ein. Jeder Textabschnitt wird von Lautstärke und Klangcharakter, von Raumeindruck und Position im Raum so bearbeitet, dass ein möglichst natürlicher Eindruck entsteht. Nur wenn alle diese Parameter gut aufeinander abgestimmt sind, kann man sich ganz der Handlung des Films widmen, ohne von akustischen Ungereimtheiten abgelenkt zu werden.
 
Eine Sonderstellung nimmt nicht nur in der Synchronisation, sondern in der gesamten Filmvertonung der Zeichentrick- und Animationsfilm ein. Hier ist von Haus aus keine Tonspur vorhanden. Das heißt, jede einzelne Sekunde muss mit Geräuschen vertont werden, um eine künstliche Welt mit Leben zu füllen. Komplette Stille wirkt unauthentisch und lässt den Zuschauer an der Echtheit der gebotenen Szene zweifeln. Sowohl Umgebungen, als auch Handlungen im Filmverlauf, müssen hörbar gemacht werden. Selbst Aktionen, welche außerhalb des Bildes stattfinden, müssen auditiv abgebildet werden. Diese sind zwar nicht direkt zu sehen, helfen aber dabei uns unmittelbar im Geschehen zu verorten.

Zuletzt müssen auch sämtliche Dialoge angelegt werden. Hier hängt die Lippensynchronität in erster Linie davon ab, ob das Animationsteam im Vorfeld gut gearbeitet hat. Die Frage, ob der deutsche Sprecher dem englischen Original gerecht wird, stellt sich hier nur in Ausnahmefällen, beispielsweise bei Figuren, die schon über lange Zeit mit einem bestimmten Sprecher assoziiert werden. Trotz des immensen Aufwands der bei der Synchronisierung betrieben wird und des hohen Standards in Deutschland, hat aber auch die beste Synchronfassung ihre Nachteile. Die schon angesprochene Lippensynchronität kann beispielsweise selten über den gesamten Filmverlauf gewahrt werden. Auch leiden bei einer Übersetzung oft einzelne Passagen, Wortspiele und Gags, die sich nicht eins zu eins ins Deutsche übertragen lassen. Uns fehlen zudem Dialekte, rhetorische und lyrische Eigenheiten der Darsteller und selbstverständlich der echte Ausdruck sowie Klangcharakter der Stimme.
 
Obwohl heutzutage ein Großteil der Kinozuschauer des Englischen mächtig ist, werden dennoch fast alle Filme in Synchronfassungen gezeigt. Die Zahl der Kinos, welche das englische Original zeigen, wächst zwar, diese sind aber immer noch in der Minderheit. Wir Deutschen sind bequem geworden, blicken wir doch auf eine lange Tradition der Filmsynchronisation zurück, welche bis in die dreißiger Jahre reicht. Auch während der Kriegsjahre wurde hier fremdsprachiges Material synchronisiert. Auch war nach 1945 die Synchronbranche der erste Zweig der Filmindustrie, der wieder aufkeimte. So wuchs über die Jahre eine Branche, welche sich in Erfahrung und Qualität durchaus sehen beziehungsweise hören lassen kann. In unseren Nachbarländern verhält es sich unterschiedlich. Während auch in Frankreich und Italien die meisten Filme in Synchronfassungen laufen, werden fürs skandinavische Kino ausschließlich Kinderfilme synchronisiert. In Kinos und im Fernsehen wird meist die Originalversion mit Untertiteln in Landessprache gezeigt. Ähnlich verhält es sich in den Benelux-Staaten. In Osteuropa arbeitet man hingegen kostenoptimiert und setzt einfach eine Voice-Over-Stimme über den Originalton. Jedoch zeigt sich auch dieser Trend rückläufig, denn dank moderner Digitaltechnik sinken auch die Kosten für das Anlegen von Synchrontonspuren. In englischsprachigen Regionen, wie Großbritannien, Irland, Kanada und den USA, werden fremdsprachige Versionen generell nicht synchronisiert, sondern stets im Original mit Untertiteln ausgestrahlt. Deutschland nimmt also weltweit eine Vorreiterrolle in der Filmsynchronisation ein. Sowohl das Niveau, aber auch die Vielfalt der Produktionen lassen insgesamt betrachtet wenig zu wünschen übrig.
(Tobias Häußler)

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