Fahrt ins Ungewisse: Formel-1-Zukunft bei RTL offen

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Bild: © Phongphan Supphakank - Fotolia.com
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Die Formel 1 und RTL, das schien viele Jahre untrennbar verbunden. Doch kurz vor Saisonende ist noch immer unklar, ob der Sender auch in Zukunft jeden Grand Prix zeigen darf.

Nach mehr als einem Vierteljahrhundert Formel 1 bei RTL könnte das Saisonfinale in Abu Dhabi das Ende einer TV-Ära markieren. Auch vor dem letzten Rennen des Jahres am Sonntag ist ungewiss, ob der Kölner Privatsender nach 470 Grand Prix in Serie zum Start der neuen Saison am 25. März 2018 in Australien weiter Livebilder zeigen darf.
 
Seit Monaten ziehen sich die Verhandlungen mit den neuen Formel-1-Chefs hin, die aus ihrem Wunsch nach einer Neuordnung der TV-Rechte kein Geheimnis gemacht haben.

„Wir befinden uns weiterhin in Gesprächen“, sagt RTL-Sprecher Matthias Bolhöfer. In Abu Dhabi weicht der PR-Beauftragte der Rennserie Fragen nach der Zukunft der Königsklasse im deutschen Fernsehen aus.
 
Die Formel-1-Führung soll ein Modell bevorzugen, bei dem nur noch ein Drittel der Rennen im frei empfangbaren TV zu sehen wäre, der Rest liefe dann vermutlich exklusiv bei Sky. Einer solchen Lösung hatte sich RTL zumindest in der Vergangenheit verweigert.
 
Auch von Sky ist wenig zu erfahren. „Es ist noch nichts entschieden, die Pay-TV-Rechte sind noch nicht vergeben“, sagt ein Sprecher und fügt hinzu: „Wir sind aber entspannt.“ Ob auch Eurosport, das wie der Formel-1-Eigentümer Liberty Media zum Firmen-Imperium des US-Unternehmers John Malone gehört, oder der Streamingdienst DAZN für ein Rechtepaket mitbieten, ist offen.
 
Ein Formel-1-Abschied von RTL, das wäre ein echter TV-Hammer. Ist für einen wie „Mr. Boxengasse“ Kai Ebel nach so langer Zeit eigentlich ein Leben ohne Benzinduft denkbar? „Ich kann mir alles vorstellen, wichtig ist, dass ich gesund bin. Für mich ist das Glas immer halb voll“, sagt der 53-Jährige vor seinem letzten Saisoneinsatz.
 
Die enge Verbindung zur Formel 1 reicht in die frühen Tage von RTL zurück. Von 1984 bis 1988 zeigte der Sender die Rennen live, damals teils noch mit Kommentar aus der Telefonleitung. Nach einem Intermezzo bei ARD und ZDF, die nur Zusammenfassungen sendeten, kehrte die Rennserie am 7. Juli 1991 mit dem Grand Prix von Frankreich zurück zu RTL. Sechs Wochen später gab Michael Schumacher in Spa sein Debüt, eine gewaltige Erfolgsstory nahm ihren Lauf.
 
Im Sog des „Schumi“-Booms wuchsen auch die Einschaltquoten. Auf dem Höhepunkt sahen 2001 im Schnitt 10,44 Millionen RTL-Zuschauer Schumachers Fahrten auf dem Weg zum vierten von sieben WM-Triumphen.
 
Auch für RTL-Mann Ebel eine unvergessliche Zeit. Der Champion und der Sender, das sei zu „etwas Gemeinsamem, Einzigartigem gewachsen. Ich wurde Zeitzeuge und durfte miterleben, wie Michael mit sieben Titeln Sportgeschichte schrieb. Das hat sich tief eingebrannt“, sagt Ebel.
 
Auch der Mönchengladbacher selbst wird mit seinen schrillen Outfits und seiner Interview-Hatz durch die Startaufstellung zur eigenen Marke. Seit Mai 1992 begleiten Ebel und Kommentator Heiko Waßer den PS-Zirkus um den Globus, Moderator Florian König stieß 1996 dazu.
 
Zwar sanken die Quoten nach den Rekordjahren mit Dauersieger Schumacher bis unter die Fünf-Millionen-Grenze. Zuletzt aber stieg das Interesse wieder an, auch dank Schumi-Erbe Sebastian Vettel.
 
„Heute merkt man, dass die Leute wieder im Thema sind. Wieder fährt ein Deutscher im Ferrari ganz vorn mit, das interessiert die Menschen natürlich. Da macht die Arbeit logischerweise noch etwas mehr Spaß“, sagt Ebel.
 
Umso schwieriger würde der RTL-Crew wohl ein Abschied fallen. So weit aber will Ebel noch nicht denken und lieber den Saisonabschluss in Abu Dhabi genießen. „Jetzt interviewen wir bis zum Sonnenbrand“, sagt er. „Das wird nochmal eine fröhliche Party.“

[Christian Hollmann]

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