Interview mit M.E.N.: „Ist der Fernseher ein Gerät mit Zukunft?“

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Bild: © Victoria - Fotolia.com
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Die zunehmende Verknüpfung von klassischem Fernsehen und Internet ist einer der wichtigsten Trends in der derzeitigen TV-Enwicklung. Mit dem Bereich Smart TV betreten sowohl Gerätehersteller als auch Inhalteanbieter dabei einen Sektor, der völlig neue Herausforderungen bereithält. DIGITAL FERNSEHEN sprach mit Klaus Juli, dem Geschäftsführer des Smart-TV-Spezialisten Media Entertainment Networks, über den Fernseher als ein Unterhaltungsgerät mit Zukunft.

Herr Juli, können Sie sich und ihr Unternehmen unseren Lesern bitte kurz vorstellen?
 
Klaus Juli: Die M.E.N. Media Entertainment Networks GmbH gibt es bereits seit Anfang 1996. Unser Team ist spezialisiert auf interaktive Unterhaltungs- und Multimediasysteme für verschiedene Medienformate und Distributionswege, leistungsfähige Onlinetools, intuitive Benutzerführung und flexible Content-Managementsysteme.
 
Für unsere Kunden im Geschäftsbereich Smart TV erschließen wir bei M.E.N. ganz aktuell den Verbreitungsweg der App-Portale aller relevanten TV-Endgerätehersteller. Jahrelange Erfahrung und ein vollständig ausgestatteter Endgeräte-Pool stellen dabei die zuverlässige Funktionsfähigkeit unserer Smart TV-Anwendungen auf unterschiedlichen Endgerätegenerationen und Modellen dauerhaft sicher. Insbesondere Anbieter von Special-Interest-Content und Nischeninhalten profitieren von den neuen Vermarktungsmodellen und interaktiven Möglichkeiten der Smart-TV-Erfolgsgeschichte, davon sind wir überzeugt. Mit Forschungsprojekten zum Thema User Ergonomie liefert M.E.N. darüber hinaus stetig neue und intuitive Zugänge zu Inhalten für unterschiedliche Zielgruppen.

Immer mehr Inhalteanbieter, so hat es den Anschein, drängen auf den TV-Bildschirm. Was sind Ihrer Meinung nach die Gründe, warum ausgerechnet der Fernseher, der noch vor wenigen Jahren als von PC oder Handy überholt galt, jetzt plötzlich wieder als Gerät mit Zukunft angesehen wird?
 
Juli: Nun, dabei spielen aus unserer Sicht mehrere Faktoren eine Rolle: Zum einen können Fernseher heute natürlich weitaus mehr, als noch vor ein paar Jahren. Das Wesentliche dabei ist der Zugriff auf das Internet als Quelle von Inhalten. Gepaart mit der Entspannungssituation auf der Wohnzimmercouch gibt es immer weniger Gründe, einen PC für diese Art Medienkonsum einzusetzen. Hinzu kommt die schiere Größe des TV-Bildschirms und das daran angeschlossene meist beste Hifi-System des jeweiligen Haushalts. Bei alledem dürfen wir auch nicht vergessen, dass das Bedürfnis nach Entspannung und passiver Unterhaltung nach wie vor eine ganz starke Bedeutung hat, aber gleichzeitig die Anforderungen an die Flexibilität von z.B. Inhalteauswahl und Nutzungszeiten steigen. Das kann in dieser verknüpften Funktion Smart TV einfach am besten erfüllen.
 
Welche Anbieter sind Ihrer Meinung nach führend, wenn es darumgeht, mit neuen interaktiven Angeboten auf dem TV präsent zu sein? Sinddies die klassischen Rundfunkanbieter und -Dienstleister oder vor allemneue Akteure, die auf diese Weise ihrer Reichweite auf einen neuenBildschirm ausweiten möchten? 
 
Juli: Es gibt sicher Vorreiter, negative undpositive Beispiele auf beiden Seiten. Bereits populäre TV-Marken könnennatürlich ganz anders arbeiten, als Nischenanbieter, sind aber imGegenzug auch mit anderen Erwartungen konfrontiert. Am Ende entscheidender Inhalt und seine Bedienung. Fakt ist, beide Gruppen müssen sichdieser Herausforderung stellen, um die eigene Reichweiten zustabilisieren oder das Reichweitenpotential des neuen SmartTV-Verbreitungsweges zur Vergrößerung für sich zu nutzen.

Im Bereich Smart TV existiert derzeit eine Vielzahl von Endgeräten verschiedenster Hersteller und Geräteklassen – vom Fernseher über den Digitalreceiver bis hin zum Blu-ray Player. Worin besteht die Herausforderung, eine gute Smart-TV-App zu entwickeln, die dann im Idealfall auch auf verschiedenen Plattformen funktioniert?
 
Juli: Das ist die Herausforderung! Als Dienstleister in diesem Bereich muss man seine Hausaufgaben machen und möglichst viele Systeme abdecken. Es gibt natürlich ein paar Abkürzungen, Ähnlichkeiten und auch gemeinsam eingesetzte Systeme bis hin zum HbbTV-Standard. Die Komplexität entsteht aber an einer weiteren Stelle, nämlich den beinahe wöchentlich neu erscheinenden Produkten bzw. der stetig fortentwickelten Gerätesoftware. Eine App will gepflegt werden, sonst glühen die Leitungen des Call-Centers – beim Inhalteanbieter und Endgerätehersteller. Gerade hier können wir bei M.E.N. auf sehr viel Erfahrung und einen gut sortierten Gerätepark blicken. 
 
Welchen Anforderungen muss eine TV-App generell gerecht werden, auch vor dem Hintergrund, dass das Nutzungsverhalten am Fernseher ein anderes ist, als Beispielsweise am Smartphone?
 
Juli: Da gibt es eine recht einfache Formel: Sehr guter Inhalt, schneller Zugriff und eine wirklich intuitive Bedienbarkeit – möglichst wenig Text, hoher Bildanteil. Fünf Tasten müssen die Maßgabe sein, denn das kennen die Zuschauer und können damit umgehen. Selbstverständlich braucht es einen Anreiz, einen Mehrwert. Denn im Moment begeben sich Zuschauer bewusst in die App-Welt, vollziehen bei einem Großteil der Fälle einen Medienbruch. Dieser Mehrwert kann aber ganz unterschiedlich und individuell sein. In allen Fällen muss er zur Nutzungssituation passen, bspw. funktionieren Videos besser als etwa reiner Nachrichtentext.
 
Werden Smart-TV-Apps bei der Entwicklung vornehmlich auf bestimmte Plattformen zugeschnitten oder eher so konzipiert, dass sie später auch ohne größeren Aufwand auf weitere Plattformen übertragbar sind? 
 
Juli: Da gibt es unterschiedliche Auffassungen, die wir bei M.E.N. nebenbei bemerkt alle umsetzen können. Es spricht sicher einiges dafür, bei großen Geräteplattformen etwas mehr auf die Umgebung einzugehen. Jedoch ist es, bis auf wenige Ausnahmen, das Ziel aller Inhalteanbieter auf vielen Plattformen in der Regel auch wiedererkennbar präsent zu sein – und das mit möglichst geringen Ressourcen jeglicher Art.
 
Betrachtet man die Vielzahl an derzeit vorhandenen Smart-TV-Plattformen, so entsteht oftmals der Eindruck, dass sich die Hersteller versuchen gegeneinander abzuschotten. Glauben Sie, dass sich Smart-TV-Anwendungen beim Zuschauer schneller durchsetzen könnten, wenn es mehr herstellerübergreifende Plattformen gäbe?
 
Juli: Ich glaube, es würde dem Thema Smart TV insgesamt gut tun, wenn man mehr miteinander entwickelt. Im Moment ist es aus Zuschauersicht ein Dschungel, was die Entwicklung nicht verhindert aber verzögert. Auf der anderen Seite ist die Strategie der Hersteller mehr als verständlich. Viele wollen entlang eines vielzitierten Erfolgsbeispiels eigene Ecosysteme mit verschiedenen Endgerätegattungen erzeugen, was gerade im Hinblick auf das Thema Inhalteschutz eine gute Grundlage bietet. Das Vorhandensein von einigen starken, geschlossenen Plattformen bietet natürlich nicht zuletzt die Grundlage für Geschäftsfelder unter anderem auch unseres Unternehmens.
 
Dank der Vernetzung des Fernsehers mit dem Internet verändert sich das TV-Verhalten zunehmend. Glauben Sie, dass Online-Angebote in naher Zukunft die klassischen Rundfunkübertragungen mehr und mehr vom Fernsehschirm verdrängen werden oder werden diese hauptsächlich als Zusatzangebote zum klassischen Fernsehen funktionieren?
 
Juli: Das kann man so pauschal gar nicht beantworten. Es ist richtig, dass dort ein Wettbewerb um die Zeit des Zuschauers entstanden ist. Und diesen finde ich interessant und spannend. Beide Welten haben ihre Vor- und Nachteile. Der Rundfunkverbreitungsweg ist ideal, um eine breite Masse in Höchstqualität live zu erreichen. Das Internet bietet mehr Flexibilität und Vielfalt, ist für Special Interest Themen, wie etwa Randsportarten, Lokales Fernsehen oder Bildungsthemen, ein attraktiver Verbreitungsweg. Doch das Gute ist, ich kann mich als Zuschauer immer wieder neu entscheiden, werde es zukünftig sehr wahrscheinlich gar nicht mehr merken, welchen Übertragungsweg ich eigentlich nutze.
 
Vielen Dank für das Gespräch. [ps]

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